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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amma Darko
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fort!» schrie sie. «Wie denn, Mutter? Wohin soll ich denn gehen? Ich habe nichts. Ich habe einen Job auf dem Gemüsemarkt, erst seit ein paar Tagen. Ich wollte mit dem Klauen aufhören. Aber das bißchen, was ich da verdient hab, habe ich gerade an Macho verloren. Also, dann sag mir was Besseres.»
    «Ich kann dir nichts Besseres sagen, Kind. Und ich hab auch kein Geld, das ich dir geben könnte», schluchzte Maa Tsuru. «Ich habe zugelassen, das etwas passiert ist, was nicht hätte passieren dürfen. Mir sind die Hände gebunden. Mein Finger ist zwischen seinen Zähnen. Wenn ich ihn auf den Kopf haue, zerbeiße ich meinen eigenen Finger in seinem Mund. Was geschieht dann mit ihnen?» Sie zeigte wieder auf ihre Söhne. «Sieh sie dir an», fuhr sie fort, sie hatte aufgehört zu weinen. «Was haben sie getan? Ihr einziger Fehler ist, daß sie durch mich auf die Welt gekommen sind.»
    «Ist deren Vater immer noch dein Mann? Du hast gesagt, er ist abgehauen, stimmt’s?»
    «So darfst du nicht mir reden, Fofo. Nur weil ich eine Menge Fehler gemacht habe in meinem Leben und weil ich arm bin, deswegen bin ich immer noch deine Mutter. Also rede nicht so mit mir.»
    Fofo blickte ihre Mutter lange an, dann wandte sie sich ab. «Ich komme nicht gern zu dir, Mutter», sagte sie langsam. «Odarleys Mutter schmeißt ihre Tochter raus wie ein Huhn. Sie sagt, Odarley sei eine Diebin. Du schmeißt mich nicht raus, wenn ich zu dir komme. Und doch mag ich dich nicht besuchen, weil ich mich bei dir nicht wohlfühle, Mutter.»
    Maa Tsuru blickte hinaus durch das winzige Fenster. Es war nicht das erste Mal, daß Fofo ihr das sagte. Ganz innen drin betete sie aber, es möge das letzte Mal gewesen sein.
    «Mutter», sprach Fofo mit ruhiger, fester Stimme. «Warum war Poison sauer darüber, daß Maami Broni bei dir war?»
    «Er wollte nicht, daß ich erfahre, daß Baby T tot ist.»
    «Nur deshalb?»
    Maa Tsuru preßte die Lippen zusammen und antwortete nicht.
    «Aber Maami Broni ist trotzdem gekommen.»
    «Ja. Sie hatte Angst. Angst, daß man herausfinden würde, wo Baby T gewohnt hat.»
    «Was ist eigentlich passiert? Warum ist Baby T gestorben?»
    «Poison hat nur gesagt, daß Baby T selbst schuld war.»
    Fofo schluckte und lachte bitter. «Und wie fühlst du dich dabei, Mutter?»
    «Wie ich mich fühle? Wie soll ich mich denn fühlen? Was glaubst du denn, wie ich mich fühlen sollte? Weißt du, was Poison mir ins Gesicht gesagt hat? Daß Baby T aufgehört hat meine Tochter zu sein seit dem Tag, an dem ich sie an die Straße verkauft habe. Ich habe sie an die Straße verkauft? Ich habe meine eigene Tochter an die Straße verkauft? Oh Gott!»
    Fofo schwieg.
    «Ich habe sie neun Monate in meinem Bauch getragen», erklärte Maa Tsuru unter Tränen. «Unter Schmerzen habe ich sie auf die Welt gebracht. Und wo ist sie gestorben? Draußen auf dem Markt, hinter einem Kiosk. Und alles, was mir bleibt, ist mein Zorn auf diese Welt. Oh Gott!» Sie bemerkte, wie Fofo die blau-weiße Rattantasche in der Ecke beim Bett fixierte. «Willst du sie haben?» fragte Maa Tsuru, in der Hoffnung, Fofo würde darin ihre Habseligkeiten verstauen und aus Accra verschwinden.
    Fofo wendete ihren Blick von der Tasche. Sie fühlte sich, als wäre sie innerhalb der letzten Sekunden um zehn Jahre gealtert.
    «Du kannst sie haben, wenn du sie brauchst.»
    «Ich brauche die Tasche nicht», erwiderte Fofo. «Was ist da drin?»
    «Ein paar von seinen Kleidern. Ja. Er ist ohne Ankündigung gegangen. Er ist einfach abgehauen.»
    «Das ist mir herzlich egal, Mutter», gab Fofo kurz zurück. Sie erhob sich, um die Tasche nach etwas Anziehbarem zu durchsuchen, dankbar für die schmale Statur ihres Stiefvaters. Sie öffnete den Reißverschluß. Die Tasche war fast leer. Die Überbleibsel eines Mannes, der nicht richtig fort, aber auch nicht da war. Nicht da für die Frau, nicht da für die Söhne, aber vollständig verschwunden war er auch nicht aus ihrem Leben. Sie durchsuchte die Tasche und holte eine alte Shorts heraus, ein verblichenes kariertes, an der Schulter eingerissenes Hemd und eine verknitterte alte Baseballkappe, die noch ziemlich streng roch. Mittlerweile war auch ihr vierjähriger Stiefbruder aufgewacht und legte sich quer über Maa Tsurus Schoß auf das Bett. Fofo beachtete ihn nicht.
    «Ich gehe jetzt», verkündete Fofo plötzlich und verließ den Raum.
    «Ist alles in Ordnung?» fragte Odarley draußen nervös.
    «Nichts ist in Ordnung.»
    «Worüber habt

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