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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amma Darko
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das heißen, so was soll ‘ne Farbe sein?»
    «Genau das», rief Kabria aus. «Wie kann mein Creamy noch Creamy heißen, wenn er in Metallic-meerblau umgespritzt wird?»
    Adade war so wütend, daß ihm bei dem Versuch, etwas zu entgegnen, nur ein asthmatisches Keuchen entfuhr. Am nächsten Tag gab er die Farbe zurück. Er lehnte es ab, sie gegen einen kleinen Aufschlag in cremefarbene umzutauschen und erklärte Kabria, von ihm aus könne sie von jetzt an 10.000 Mal am Tag mit ihrem tätowierten Tut-tut-Creamy in seinem Büro aufkreuzen.
    Kabria blieb stur und fuhr noch drei Wochen mit dem tätowierten Creamy herum, ehe sich Adade endlich doch geschlagen gab.
    So sah also Kabrias Alltag aus, bis sie eines Montagmorgens beschließen sollte, auf dem Agbogbloshie-Markt Auberginen und Tomaten zu kaufen.

KAPITEL 3
     
     
     
    Maa Tsuru, Fofos Mutter, lehnte in ihrem verkohlten Türrahmen. Ihr Blick war leer. Daß Odarley gerade das Compound-Haus betrat, nahm sie nicht wahr.
    Noch vor wenigen Jahren hatte sie selbst zu dieser Schar schreiender Kinder im Compound gehört, die sich den Platz zum Spielen und Leben mit Schafen und Ziegen teilten. Und Fofo hätte jenes Mädchen in den braun gesprenkelten Unterhosen sein können, mit den stumpfen roten Haaren und dem vorstehenden Bauch, der von zwei dürren, Stecken gleichen Beinen getragen wurde. Oder das andere dort in der Mehlsackunterhose, den Körper von Ausschlägen übersät, dessen Nase nie zu laufen aufzuhören schien.
    Maa Tsurus Großfamilie bewohnte ein Haus mit vielen Gesichtern. Und Odarley, die gewissermaßen auftauchte wie Johannes der Täufer, spürte all die mißtrauischen Blicke, die auf sie gerichtet waren. Sie schritt am ersten der insgesamt zwölf Räume vorbei. Dessen Tür und die des nächsten Zimmers waren geschlossen. Vor dem dritten war ein etwa achtjähriges Mädchen damit beschäftigt, ein Kohlefeuer anzufachen. Odarley grüßte die Mutter des Mädchens, die gerade Wäsche in einer Aluminiumschüssel wusch. Die Frau erwiderte den Gruß nicht. Ordaley grüßte noch einmal, diesmal etwas lauter. Wieder keine Reaktion. Sie konnte den zweiten Gruß einfach nicht überhört haben.
    «Mama», rief die Kleine ihrer Mutter zu und zeigte auf Odarley. «Sie hat dich gegrüßt, Mama.»
    «Glaubst du, ich bin taub, oder was?» schimpfte die Frau.
    Das Mädchen wich erschrocken zurück.
    «Wage es, mir das noch einmal zu unterstellen, sonst kriegst du eine auf die Backe, daß sie brennt, als hättest du dein Feuer darauf angezündet.»
    «Mutter, ich hab doch nur…»
    «Halt den Mund! Halt deine große Klappe! Du kannst sie aber auch gerne wieder aufmachen! Dann wirst du schon sehen. Dann kriegst du so eine von mir gelangt, daß du den Tselenke ganz von selbst tanzt. Dummes Ding!»
    «Und das alles wegen einem einzigen Gruß?» Odarley staunte. Aber die Frau wußte, wer sie war. Das war offensichtlich. Und sie wußte, daß sie gekommen war, um Maa Tsuru zu besuchen. Das Verhalten der Frau konnte nur eines bedeuten: daß sie Zoff hatte mit Maa Tsuru. Wer noch? Und warum?
    Sie ging weiter, beachtete die beiden jungen Frauen nicht, die sich gerade die Haare flochten. Sie wollte durch ihren Gruß keinen weiteren Krieg heraufbeschwören. Sie betrat das fünfte Zimmer. Nach all den zornigen Müttern, schreienden Kindern und blökenden Ziegen und Schafen traf sie mit Maa Tsuru ein in Apathie versunkenes, bedauernswertes Geschöpf, das ein Baby im Arm trug.
    Abgesehen von den gurgelnden Geräuschen dieses Babys war die Welt hier tot. Ein Leben, das sich vollkommen in Lethargie aufgelöst zu haben schien. Odarley lächelte traurig, doch selbst dieses traurige Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, als sie bemerkte, wie die winzige Hand verzweifelt nach etwas kaum Vorhandenem in Maa Tsurus Brust fummelte. Das suchende Mündchen in einem winzigen, schmalen Gesicht. Der gierige Zug am müden, verschrumpelten Nippel. Die energische Anstrengung, die diesem kraftlosen Körper entsprang, der Zorn eines hungrigen kleinen Kindes. Und Odarley wußte, daß das Glucksen von Fofos Halbbruder ein qualvolles war. Was hier vor sich ging, war das Füttern einer weiteren Seele für den alles verschlingenden Rachen der Straße. Ein weiteres Leben, einfach so in die Welt gesetzt. Ein hungriger Mund, der nicht aus freiem Willen entstanden war.
    «Maa Tsuru», sprach Odarley leise.
    Fofos Mutter drehte sich um und ließ den Blick auf dem Gesicht der Freundin ihrer Tochter ruhen.
    «Ich

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