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Die gestohlene Zeit

Die gestohlene Zeit

Titel: Die gestohlene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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also anderes übrig, als seinen alten Freund und Schulkameraden Udo daran zu erinnern, was er ihm noch schuldete, damit er seinen Mund hielt und weiterhin die Drecksarbeit für Udo erledigte? Schließlich konnte Frank wegen des Vorfalls in den Dolomiten zur Polizei gehen. Das gemeinsame Wissen, was damals vor fast dreißig Jahren wirklich geschehen war, fesselte die beiden Männer seitdem mit dem unsichtbaren Seil des Schweigens aneinander.
    Seltsamerweise regte sich Udo diesmal wegen Franks Forderungen überhaupt nicht auf. Und auch sein verächtlicher Blick, der signalisieren sollte, was für ein Versager und Schmarotzer er doch war, blieb aus. Stattdessen starrte Udo auf die Spitzen seiner blankgeputzten Schuhe und murmelte: »Das mit der Katze ist echt komisch!«
    »Wieso? Die wird hier in der Gegend herumgeschlichen sein, weil sie was zu fressen gesucht hat. Ist wahrscheinlich ein Streuner«, erwiderte Frank und wunderte sich noch mehr. Sein ehemaliger Banknachbar sah aus, als wäre ihm gerade ein Gespenst erschienen. Langsam schüttelte Udo den Kopf.
    »Wieso taucht dieselbe Katze, die heute Morgen bei mir im Haus war, abends in dem Club auf, den ich gerade besuche? Das kann doch kein Zufall sein!«
    »Vielleicht braucht sie deinen juristischen Rat, weil sie zu viele Mäuse hat«, gab Frank zurück und brach in sein albernes »Hiah-Hiah«-Gelächter aus, das Udo schon während der Schulzeit auf die Nerven gegangen war. Er fragte sich, ob Frank wohl schon immer so dämlich gewesen war oder ob erst der Alkohol auch noch den mageren Rest seiner grauen Zellen vernichtet hatte. Kapierte er nicht, worauf Udo hinauswollte? Zuerst schleppte Karla das Tier ins Haus. Dann fand er sein Arbeitszimmer offen, das Bild, das den Safe verdeckte, hing nicht mehr an der Wand, dafür waren Kratzer auf der Tapete – und auf dem Schreibtisch lagen Katzenhaare. Und dann begegnete ihm dasselbe Mistvieh auch noch nachts vor einer Diskothek! Die Katze schien ihn zu verfolgen! Udo beschloss, ab jetzt besonders vorsichtig zu sein, denn auch Frank wurde immer gieriger, und ihm war nicht mehr zu trauen. »Plan B«, dachte Udo und konnte sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen. Zum Glück hatte wenigstens einer von ihnen Grips und wusste sich zu helfen.
    Da wurde er von Franks erstauntem Ausruf abgelenkt: »Was ist das denn?« Eine seltsame Gestalt kam durch die Dunkelheit der Nacht auf das
Ambrosia
zu. Sie schien schon ziemlich angeheitert zu sein, so wie sie schwankte. Gekleidet war sie in einen weiten Umhang, dessen hochgestellter Kragen bis unters Kinn reichte. Ein breitkrempiger Hut war so tief ins Gesicht gezogen, dass man unmöglich erkennten konnte, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelte.
    Ein paar Meter vor ihm und Frank kam die Gestalt zum Stehen, und Udo hörte sie flüstern. »Sie war hier, seht nur«, ertönte eine Stimme, die seltsam hohl und körperlos klang. Ein Arm kam aus dem Umhang hervor und hielt etwas auf der ausgestreckten Handfläche. Prüfte der merkwürdige Typ etwa, ob es regnete, oder handelte es sich um irgendeinen Esoteriker, der darauf spezialisiert war, schlechte Schwingungen ausfindig zu machen? Dann konnte es nicht lange dauern, bis er auf Frank aufmerksam werden würde, dachte Udo und fand sich selbst für halb ein Uhr nachts noch ziemlich schlagfertig.
    »Was macht der denn da?«, fragte Frank neben ihm und starrte den Vermummten an.
    »Dort ist es«, rief der schräge Vogel und zeigte mit der ausgestreckten Hand auf das
Ambrosia.
Und dann geschah etwas, das Udo fast an seinem Verstand zweifeln ließ: Die Füße des Typen wollten nach vorne, während sein Oberkörper scheinbar in die andere Richtung strebte. Der Umhang geriet in Bewegung – und dann brach die Gestalt einfach in der Mitte auseinander und fiel zu Boden! Udo klappte der Mund auf. »Himmel«, flüsterte Frank neben ihm.
    Wilde Flüche ertönten, ehe sich aus dem Durcheinander von Hut und Umhang zu Udos Erstaunen zwei Körper lösten, die über den Gehweg rollten, ehe es ihnen gelang, auf die Knie zu kommen. Man sah nur zwei Schatten. Wahrscheinlich zwei minderjährige Jungen, die versucht hatten, verkleidet in den Club zu kommen. Offenbar wollten sie erwachsen wirken, indem sich der eine auf die Schultern des anderen gesetzt und sich anschließend den weiten Umhang umgeworfen sowie diesen albernen Hut aufgesetzt hatte.
    Gerade verpasste der eine dem anderen eine schallende Ohrfeige. »Dummkopf«, hörte Udo ihn

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