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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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»Ich vermag die Winde und die Wellen zu lesen. Ich sehe Dinge, die kein anderer sieht.«
    Die Männer wechselten nervöse Blicke. Weiter hinten steckten einige von denen, die aufs Deck gestürzt waren, die Köpfe zusammen und tuschelten.
    Der Mann mit der Pistole funkelte die Geheimniskrämer wütend an und richtete die Waffe noch entschlossener auf Hudson.
    »Ist Euch klar, dass Ihr nicht länger Herr des Schiffes seid?«, fragte er.
    Zum ersten Mal sah ihn Hudson direkt an.
    »Mir ist klar, dass
Ihr
wegen Meuterei hängen werdet«, erwiderte er. »Ihr und alle, die sich Euch anschließen.«
    Das löste weiteres Geflüster aus.
    »Wir werden erklären, dass Ihr eines natürlichen Todes gestorben seid«, sagte der Mann mit der Waffe. »Wir leisten einen Schwur; niemand wird das Wort›Meuterei‹ auch nur in den Mund nehmen. Keiner wird je davon erfahren.«
    Hudsons Kopf fuhr in die Höhe.
    »Ihr werdet erklären, dass Ihr mich in der Schaluppe zurückgelassen habt«, sagte er. »Auf eigenen Wunsch.«
    »Schaluppe?«, flüsterte Jonas. »Was ist das?«
    »Das Beiboot«, erklärte HK flüsternd.
    »Er
bittet
sie, ihn in einem Ruderboot auszusetzen?«, wunderte sich Jonas. »Im Packeis?«
    »Besser, als erschossen zu werden«, sagte Katherine mit zitternder Stimme.
    »Wollt Ihr einem alten Seemann seinen letzten Wunsch abschlagen?«, drängte Hudson.
    Der Mann mit der Pistole zog sich zurück, um sich leise mit den anderen zu beraten.
    Jonas schnappte einige Bruchstücke der Diskussion auf, denn die Seeleute waren nicht sehr gut darin, mit gesenkter Stimme zu sprechen.
    »Was ist, wenn wir die Schaluppe zum Fischen brauchen?«, maulte einer der Matrosen.
    »Erhöht oder mindert das unsere Aussichten auf den Strick?«, plärrte ein anderer.
    Schließlich kehrte der Mann mit der Pistole zu Hudson zurück.
    »Also gut«, sagte er. »Ihr bekommt die Schaluppe. Und jeden, der närrisch genug ist, Euch zu folgen.« Er stieß Hudson die Waffe gegen die Brust. »Und wir behalten die Vorräte, die Ihr versteckt habt.«
    »Wie war das? Im Ruderboot wird es auch nichts zu essen geben?«, fragte Jonas.
    »Psst, Jonas!«, zischte HK.
    »Geht und holt die anderen«, raunte der Mann mit der Pistole den Seeleuten neben sich zu. Zwei Männer lösten sich aus der Gruppe und hasteten den Niedergang hinab. Jonas bewunderte die Schnelligkeit, mit der sie sich auf dem schwankenden Schiff bewegten.
    Kurz darauf kehrten die Männer zurück, wobei sie eine kleine Schar noch schwächer wirkender Seeleute mitschleiften oder vor sich herstießen.
    »Sind das etwa
Leichen
?«, fragte Katherine. »Wollen sie Hudson mit einem Haufen Toter in einem Ruderboot aussetzen?«
    »Nein, sie sind nicht tot   … noch nicht«, flüsterte HK grimmig. »Aber auch nicht mehr weit davon entfernt. Hudson wird mit einem Ruderboot voller
sterbender
Seeleute im Eismeer festsitzen.«
    Katherine sank zu Boden und rutschte ein Stück von Jonas fort. Sie machte keine Anstalten mehr, weiter um die Ecke zu schauen, und starrte blicklos auf das dunkle Holz des Fasses vor ihr.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Klar sind die Seeleute sauer auf Henry Hudson, weil sie nach Hause wollen und er nicht. Aber die anderen Männer da liegen doch schon im Sterben. Man schickt keine sterbenden Männer in einem Ruderboot ins Eis. Man steckt sie ins Bett und füttert sie mit, was weiß ich, Hühnersuppe.«
    »Wenn niemand mehr ein Huhn zu Gesicht bekommen hat, seit sie vor über einem Jahr von England fort sind?«, wandte HK ein. »Wenn jeder Bissen, der in den Mund eines Sterbenden wandert, einem anderen fehlt? Wenn ohnehin alle auf dem Schiff Angst haben, zu verhungern?«
    Jonas schauderte. Er war sich nicht sicher, ob es an der Kälte lag oder an HKs harten Worten. Dieses Schiff war ein schrecklicher Ort. Selbst wenn sie nicht im Eis treiben würden, wäre es grausam, kalt und widerlich.
    Er schubste John Hudsons bewusstlosen Marker an.
    »He, du da«, flüsterte er. »Willst du nicht langsam aufwachen und den Helden spielen und für deinen Dad und all die sterbenden Matrosen kämpfen?«
    Natürlich fuhr seine Hand mitten durch den Marker hindurch.
    Katherine sah ihren Bruder an.
    »Jonas«, sagte sie. »Glaubst du nicht   –«
    Sie verstummte, weil unter den Seeleuten auf der anderen Seite des Fasses Geschrei einsetzte.
    »Pass auf!«
    »Nein, nicht   –«
    »Er hat ein Schwert!«

Sechs
    Jonas sprang auf.
    »Bleib in Deckung!«, befahl ihm HK.
    »Oh, tut mir leid«,

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