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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Angst.
    Für den größten Teil seines Lebens traf das zu. Aber letztes Jahr, im Sommerlager der Pfadfinder, hatte es ganz oben an der Kletterwand einen Moment gegeben   … Jonas hatte komplett den Halt verloren. Natürlich hatte er einen Klettergurt getragen, daher währte sein Sturz kaum eine Sekunde, ehe ihn das Seil abfing. Er war nicht wirklich in Gefahr gewesen. Aber offensichtlich hatte ein freier Fall von einer Sekunde gereicht, um sein Hirn umzupolen und die Stimme auszuschalten, die ihm immer voller Gewissheit zugeflüstert hatte:
Höhen? Kein Problem! Nur her damit!
An ihrer Stelle meldete sich nun etwas, das ihm ängstlich einflüsterte:
Nein, nein, geh nicht da hoch! Du wirst runterfallen! Du wirst dir wehtun. Vielleicht sogar sterben!
    Vielleicht hatten auch die Reisen durch die Zeit, der Anblick von Menschen, die wirklich starben, und das Wissen darum, dass Menschenleben von ihm abhingen   – vielleicht hatte all das auch etwas mit seiner Angst zu tun.
    Ich trage nicht einmal einen Klettergurt, dachte Jonas, dessen Muskeln zum x-ten Mal den Dienst verweigerten.
    Er sah nach unten, weil er hoffte, dass irgendjemand, vielleicht Henry Hudson, der immerhin John Hudsons Vater war, zu ihm hinaufrufen würde: »Na, na, hast du nicht etwas vergessen? Sicherheit geht vor, weißt du das nicht mehr?« Nicht, dass Jonas mit einem ausgeklügelten Sicherungssystem rechnete, und Karabiner waren 1611 wahrscheinlich noch gar nicht erfunden. Aber vielleicht gab es irgendwo ein nicht benötigtes Seil, das er sich für den Fall der Fälle umbinden konnte?
    Unten liefen ein paar Seeleute barfuß über das immer noch vereiste Deck. Ein Mann, der der Koch zu sein schien, zerteilte mit einem Hackbeil das grünliche Fleisch und verpasste dabei nur knapp seine Finger. Ein anderer ging ihm zur Hand und hatte einen Topf mit kochendem Wasser auf offener Flamme stehen, der bei jeder Welle davonzurollen drohte.
    Na gut, Arbeitssicherheit war 1611 wohl noch kein großes Thema, dachte Jonas.
    »Sieh lieber nicht nach unten«, flüsterte eine Stimme unter ihm.
    Jonas kniff die Augen zusammen   – es war Katherine. In den dünnen Nebelfetzen konnte er ihre Konturen unter sich kaum ausmachen.
    »Was machst du denn hier oben?«, fragte er. »Du musst dein Leben doch nicht aufs Spiel setzen und so tun, als wärst du John Hudson.«
    »Glaubst du vielleicht, ich bleibe allein dort unten?«, fragte Katherine zurück. »Die Leute sind gruselig.«
    Gruseliger, als ins Krähennest hinaufzuklettern?,
wollte Jonas sie fragen.
    Aber Katherine litt natürlich nicht unter Höhenangst.
    »Außerdem können wir von hier oben vielleicht mit dem Definator HK erreichen«, sagte sie. »Keine Ahnung, vielleicht ist es wie bei einem Handy. Die funktionieren auch besser, wenn man weit oben steht.«
    »Nein, sie funktionieren besser, wenn man in der Nähe eines Handymasts steht«, korrigierte sie Jonas.
    »Der Mast hier ist ja wohl hoch genug dafür, oder?«, gab Katherine zurück.
    Das war in so vielerlei Hinsicht unlogisch, dass Jonas im Geiste eine Liste anzulegen begann.
    Der Definator ist kein Handy. Wir haben keine Ahnung, wie er funktioniert.
    HK ist elf Jahre entfernt und sitzt im Jahr 1600 fest. Auf der Spitze eines Masts zu sitzen bringt uns der Vergangenheit kein Stückchen näher.
    Es spielt keine Rolle, wie hoch der Mast ist. Wenn er an der Spitze keinen Handymast hat, dann ist er kein Handymast.
    Und auch kein Definatormast.
    Oder   …
    Bei jedem Punkt, der ihm einfiel, kletterte Jonas ein weiteres Stück hinauf.
    »Aber vielleicht ist der Mast gar nicht so hoch«, meinte Katherine. »Erinnerst du dich, wie sehr das Zeitreisen das Gefühl für Entfernungen durcheinanderbringen kann?«
    »Natürlich ist er hoch«, sagte Jonas. »Er ist ein Mast auf einem riesigen Schiff!«
    Wieder sah er nach unten. Sie waren inzwischen so weit oben, dass die
Discovery
gar nicht mehr groß aussah. Sie wirkte winzig   – wie ein Spielzeug, das in der endlosen offenen Bucht auf den Wellen tanzte.
    Jonas war schwindelig   – schwindelig und zu Tode verängstigt.
    »Ich hab dir gesagt, du sollst NICHT NACH UNTEN SEHEN«, ermahnte ihn Katherine.
    »Hör auf, mich herumzukommandieren«, protestierte Jonas und kämpfte gegen die Schwindelgefühle. Nur um zu beweisen, dass er ihre Anweisungen nicht brauchte, griff er, noch während er wütend zu ihr hinuntersah, weiter hinauf.
    Er sah ein winziges Lächeln über ihr Gesicht huschen, das sie sofort

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