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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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tat: Sie versuchte in Bewegung zu bleiben, versuchte sich zu beschäftigen, damit ihr keine Zeit blieb, darüber nachzudenken, in welchem Schlamassel sie steckten.
    Jonas konnte nichts anderes tun, als nachzudenken.
    Ich versuche dir zu vertrauen
, hatte Staffe gesagt.
    Gedenktafeln werden meinen Namen tragen
, hatte Hudson gesagt.
    Wir wussten nicht, was wir da taten
, hatte HK gesagt. Und später:
Wir haben sogar noch mehr Fehler gemacht, als ich dachte.
    »Und trotzdem hast du geglaubt, Katherine und ich könnten alles hinbiegen, nicht?«, murmelte Jonas. »Glaubst du das immer noch?«
    Es hatte keinen Zweck, mit HK zu reden, denn Jonaswusste genau, dass dieser nicht antworten würde. Er täte besser daran, tatsächlich zu beten, wie Staffe es von ihm angenommen hatte.
    In diesem Moment schrien einige Seeleute drüben an der Reling auf. Einer von ihnen eilte zu Hudsons Kajüte.
    »Sir! Sir! Wir haben einen Wilden entdeckt, in einem dieser merkwürdigen kleinen Kähne   – einem Kajak. Was sollen wir tun?«

Dreiundzwanzig
    Der Ureinwohner kam an Bord.
    Jonas fand das unglaublich mutig. Er war ganz allein, die anderen mehr als zwanzig Engländer. Und er hatte mit Sicherheit noch nie etwas so Riesiges gesehen wie dieses Schiff.
    Doch der Mann kletterte seelenruhig an Deck und sah ausdruckslos zu, wie Hudson auf ihn zukam.
    »Ich bin Henry Hudson, der große Kapitän«, sagte Hudson und klopfte sich auf die Brust.
    »Ikau«, sagte der Mann und wies auf seine eigene Brust, die von einem weiten Hemd aus dünnen Tierhäuten bedeckt wurde, Robbenfell vielleicht? Außerdem trug er passende Hosen und Mokassins.
    »Vielleicht hat er Essen, über das wir verhandeln können!«, flüsterte einer der Seeleute in Jonas’ Nähe ein wenig zu laut. »Frisch gefangene Vögel oder Wild oder   …«
    Hudson brachte den flüsternden Matrosen mit einem einzigen Blick zum Schweigen.
    »Weißt du, wohin dieser Fluss führt?«, fragte er. »Fließt er bis zum großen Meer im Westen?«
    Ikau gab keine Antwort.
    »Der
Fluss
«, sagte Hudson, zeigte auf das Wasser und machte dann mit der Hand eine Schwimmbewegung, um die Strömung anzudeuten.
    »Ja, erzähle mir vom Fluss«, sagte Ikau.
    Jonas fuhr zurück und stieß sich abermals den Kopf am Gestell des Prangers. Er hatte Ikau verstanden! Aber wie? Woher sollte Ikau Englisch können?
    Dann sah Jonas, dass Hudson und die anderen Seeleute Ikau verständnislos anstarrten. Sie hatten kein Wort von dem verstanden, was er gesagt hatte.
    »Oo-oo-uh-nu-oo«, murmelte einer der Seeleute und ahmte die Laute nach, die Ikau von sich gegeben hatte.
    Oooh, ging Jonas da auf. Er spricht gar kein Englisch, sondern die Sprache, die er immer spricht. Ich habe ihn bloß verstanden, weil Katherine und ich von HK diese Übersetzungsspritzen bekommen haben. Deshalb konnte ich 1600 auch Algonkin verstehen. Und 1485 das mittelalterliche Englisch.
    Ob er ihnen anbieten sollte zu übersetzen? Aber wie, um alles in der Welt, wollte er erklären, dass er Ikaus Sprache verstand?
    »Wir sind aus England«, sagte Hudson überlaut.
    Mann, dachte Jonas. Sogar 1611 glauben die Leute, wenn sie bloß laut und langsam genug reden, würden Fremde sie schon verstehen.
    Nur dass hier die Englischsprecher die Fremden waren.
    »Wir sind ein starkes und mächtiges Volk, und wenn du uns nicht sagst, was wir wissen wollen, können wir dich töten, einfach so«, sagte Hudson und schnippte mit den Fingern.
    Ikau blinzelte bei dem überraschenden Geräusch. Doch als John King ein Gewehr auf ihn richtete, musterte er es mit dem gleichen gelassenen Interesse, mit dem er alles an Bord betrachtete.
    Also hat er noch nie vorher ein Gewehr gesehen, überlegte Jonas. Soll ich vielleicht doch übersetzen, damit er wenigstens weiß, dass er sich in Acht nehmen muss?
    In einer einzigen fließenden Bewegung zog Ikau plötzlich eine Harpune, die er irgendwo in seinen Kleidern versteckt hatte. Er richtete sie geradewegs auf Henry Hudson und blickte die anderen ringsum herausfordernd an.
    Alles klar, dachte Jonas. Er kapiert es auch ohne Übersetzung.
    »Ihr werdet mir von dem Fluss erzählen!«, brüllte Ikau eindringlich.
    Das war seltsam. Ikau lebte doch hier, oder nicht? Müsste er nicht über den Fluss Bescheid wissen und von den Engländern Dinge über England, ihr Schiff, die Waffe oder Ähnliches erfahren wollen?
    Ikau zog die Harpune ein wenig zurück, als könnte sich der Engländer zu sehr vor ihr fürchten, um ihm zu antworten. Und

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