Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4
nicht. Wir könnten Ihnen den ganzen Tag Fragen stellen.«
»Nein«, erwiderte Zwei. »Diesmal nicht. Nicht in diesem Zeitloch.«
Eine böse Vorahnung ließ Jonas einen Schauer über den Rücken rieseln.
»Wovon reden Sie?«, fragte er.
»Unsere Zeit wird knapp«, sagte Zwei. »In ein paar Minuten wird HK hier auftauchen.«
»Er ist in Sicherheit?«, rief Jonas. »Dann sind Brendan und Antonio es auch – und Andrea? Sie halten also Ihr Versprechen? Sie lassen sie aus 1600 heraus!«
»Noch ist es nicht so weit, das Versprechen einzulösen«, sagte Zwei so düster, dass Jonas das Jubeln auf der Stelle verging. »Es wird nicht der HK sein, der aus dem Jahr 1600 gerettet wurde, sondern der HK davor. Als er auf dem Weg war, sich in Gefahr zu begeben, um euch zu retten.«
Neununddreißig
Jonas’ Hirn hatte einen Kurzschluss. Nicht genug, dass er mit einem Bären hatte fertig werden müssen, einer Meuterei, Eisschollen, einem Knüppel auf den Kopf und einer Charakterrolle, bei der es um Leben und Tod ging. Musste er jetzt auch noch mit Zweis verdrehtem Zeitgefühl klarkommen?
»HK befindet sich noch vor seiner Reise ins Jahr 1600 und wir danach?«, fragte Katherine gedehnt. »Das heißt …«
»Das heißt genau genommen, dass diese Art von Begegnung strengstens verboten ist, weil die Zeitpolizei permanent fürchtet, dass dadurch gefährliche Paradoxe hervorgerufen werden können«, sagte Zwei. »Aber dort glaubt man, dass
alles
Paradoxe verursachen kann, obwohl das hier in Wirklichkeit den Heilungsprozess der Zeit abschließen wird. Ihr müsst nichts weiter tun, als ihm den Definator zu geben und ihm zu sagen, dass er sich auf die Insel Croatoan begeben soll, am 3. August 1600. Sonst nichts.«
»Nein«, sagte Jonas.
Katherine sah ihren Bruder an.
»Ich sehe das genauso«, sagte sie. »Nein.«
»Was, nein?«, fragte Zwei mit einem Hauch von Frustration in der Stimme. »Nein, ihr werdet ihm den Definator nicht geben, oder nein, ihr sagt ihm nicht, dass er sich nach Croatoan begeben soll?«
»Oh, das machen wir schon«, erklärte Jonas. »Aber wir werden ihm noch mehr erzählen als das.«
»Alles«, sagte Katherine.
Jonas grinste sie an und nickte.
»Was?«, rief Zwei. »Versteht ihr denn nicht, wie gefährlich Paradoxe sind?«
»Wir verstehen, dass Sie uns benutzt haben«, erklärte Jonas, der mit jedem Wort mehr Sicherheit gewann. »Wir verstehen, dass wir für Sie nur Spielfiguren sind. Genau wie Hudson seine Männer als Spielfiguren betrachtet hat, bis sie sich gegen ihn aufgelehnt und ihn eines Besseren belehrt haben.«
»Und HK werden wir das nicht antun«, sprach Katherine für Jonas zu Ende. »Wir werden ihn nicht in Gefahr bringen, ohne ihn vorher zu warnen.«
»Aber … aber … das ist anmaßend!«, zeterte Zwei. »Ihr seid Kinder! Ihr habt keine Ahnung, was ihr da tut! Ihr könntet die Zeit vollends zum Zusammenbruch bringen! Das … das unterläuft unsere Abmachung!«
»Sie haben nur gesagt, dass wir Ihnen 1611 unter die Arme greifen müssen!«, sagte Jonas. »Und nicht, dass wir für immer Ihre Sklaven sind! Und Sie haben auchnicht gesagt, dass wir alles ausführen müssen, was Sie sagen! Sie –«
Jonas verstummte, denn die Luft vor ihnen begann zu schimmern. Einen Augenblick später tauchte HK auf.
Jonas hatte ihn in der Vergangenheit bereits diverse Male in aufreibenden Situationen erlebt – oder musste es »in der Zukunft« heißen? –, trotzdem hatte HK immer eine gewisse Zuversicht und Sicherheit verströmt. Einer der Gründe dafür war, dass er so gut aussah. Noch bevor sie wussten, wer er wirklich war, hatte Katherine ihn wegen seiner dunklen Haare, der grünen Augen und seiner schönen Gesichtszüge »süßer Hausmeisterknabe« genannt.
Jetzt sah HK weniger gut aus. Und weder zuversichtlich noch sicher. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, sorgenvoll nach unten verzogene Mundwinkel und seine Haare waren so durcheinander, als habe er sie seit Tagen weder gewaschen noch gekämmt.
Hatte er bei seiner Ankunft im Jahr 1600 so schlecht ausgesehen? Oder waren Jonas und Katherine selbst zu mitgenommen gewesen, um es zu bemerken?
»HK?«, sagte Katherine zögerlich, als erkenne sie ihn in diesem ungekämmten Zustand kaum wieder.
HK musterte sie mit misstrauischem Blick.
»Katherine?«, fragte er. »Bist du das wirklich oder ist das nur wieder einer von Zweis Tricks?«
»Natürlich sind wir es!«, sagte Jonas.
HK machte noch schmalere Augen, als er
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