Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4
»Kriege ich meine alten Sachen zurück oder was?«
Katherine zog die Nase kraus. »Ja, richtig. Sehen wir zu, dass du nicht in Unterwäsche dasitzt«, murmelte sie.
Jonas beschloss, ihr lieber nicht zu sagen, dass zu seinem Kostüm aus dem siebzehnten Jahrhundert keine Unterwäsche gehörte.
Sie mussten sich durch haufenweise Kleingedrucktes arbeiten, aber schließlich fanden sie die richtigen Befehle, die es einzugeben galt. Im Handumdrehen steckte Jonas wieder in dem T-Shirt und in denJeans, mit denen er zunächst ins Jahr 1600 und dann ins Jahr 1611 gereist war. Das T-Shirt hatte immer noch Schweißflecken von der Zeit, die er auf den Inseln Roanoke und Croatoan verbracht hatte; die Jeans waren von den Knien abwärts steif und sandverkrustet.
»Sehe ich jetzt normal aus?«, fragte Jonas seine Schwester.
»Wie meinst du das? Du hast noch nie normal ausgesehen«, erwiderte sie.
Aber ihre Augen leuchteten.
Sie sahen sich um und warteten darauf, dass HK wieder auftauchte. Der Kostümwechsel war eine gute Ablenkung gewesen, aber er hatte nicht genug Zeit in Anspruch genommen.
»Können Sie uns nicht sagen, ob HK zurückkommt, Zwei?«, fragte Jonas den Definator.
Das Gerät blieb stumm.
»Ich glaube nicht, dass er hier jemals wirklich mit uns geredet hat, Jonas«, sagte Katherine. »Wahrscheinlich war alles, was er über den Definator gesagt hat, voraufgezeichnet.«
»Aber … er hat unsere Fragen beantwortet! Woher wusste er, was wir ihn fragen würden?«, wandte Jonas ein.
»Sprachgesteuerte Angaben«, sagte Katherine. »Wie beim Telefon. »›Zur Ansage der Öffnungszeiten drücken oder sagen Sie: Eins. Für unser Niederlassungsverzeichnisdrücken oder sagen Sie: Zwei‹«, ahmte sie eine Bandstimme nach.
»Für die Bestätigung, dass Sie nicht gestorben sind, erwähnen Sie das Wort ›Himmel‹«, sagte Jonas verbittert. »Und wenn Sie etwas fragen, was ich nicht beantworten will, sage ich einfach: ›Wir müssen die Sache vorantreiben.‹ Ah! Du hast recht! Erinnerst du dich, dass er das schon einmal gemacht hat? Auf dem Weg ins Jahr 1611?«
Frustriert schüttelte er den Definator. Katherine schien anzunehmen, dass er wütend genug war, um ihn wegzuwerfen, denn sie packte seinen Arm.
»Jonas! Er ist vielleicht unser einziger Ausweg!«, schimpfte sie, während sie an seinem Ellbogen zerrte.
»Nein, nein, HK kommt sicher gleich zurück. Dann können wir mit
seinem
Definator verschwinden«, sagte Jonas sarkastisch.
Katherine hörte auf, an ihm herumzuzerren und ließ los.
»O nein. O nein«, sagte sie und hyperventilierte fast dabei.
»Was ist denn?«, fragte Jonas.
»
Deshalb
ist HK noch nicht zurückgekommen«, sagte sie.
»Hä?«
Katherine beugte sich vor und legte die Hände auf die Knie. Sie schien ihre Atmung unter Kontrolle bringenzu wollen. Dann wandte sie den Kopf, um Jonas anzusehen.
»Weil wir seinen Definator haben«, sagte sie. »Erinnerst du dich? Er hat ihn uns gegeben, als wir das Jahr 1600 verlassen haben.«
Z weiundvierzig
Ein einziges Mal nur, wünschte sich Jonas, wollte er etwas schneller herausfinden können als Katherine.
Wobei er im Moment auch damit zufrieden gewesen wäre, ihr zu beweisen, dass sie falschlag.
»Nein! Das kann nicht sein!«, widersprach er. »Das ist … HK hat sich doch über den Definator mit uns verständigt, als wir von 1600 nach 1611 gereist sind. Und das kann nur bedeuten, dass er noch ein zweites Gerät bei sich hatte!«
»Es kann ebenso gut noch eine voraufgezeichnete Nachricht gewesen sein«, wandte Katherine ein. »Womöglich stammt sie sogar von Zwei, der HKs Stimme nachgemacht hat.«
Das konnte Jonas nicht abstreiten. Wenn er sich wie John Hudson anhören konnte, dann konnte Zwei fraglos auch dafür sorgen, dass ein Definator wie HK klang.
»Dann … Andrea hatte auch einen Definator dabei«, sagte Jonas. »Ihn können sie zur Flucht benutzen. Weißt du noch? Sie hat ihn von Zwei bekommen, als er ihr anbot, sie ins Jahr 1600 zurückzuschicken!«
»Du traust einem Definator, der von Zwei stammt?«, fragte Katherine zurück.
Das war ein gutes Argument. Aber Jonas war klar, auf was sie damit hinauswollte, und es behagte ihm nicht.
Dann fiel ihm etwas ein, das ihm noch weniger behagte.
Ich hab es mir anders überlegt, dachte er. Ich will doch nichts schneller herausfinden als Katherine. Ich will überhaupt nichts herausfinden. Ich will mich einfach hier, in diesem Zeitloch, verkriechen und den Kopf in den Sand stecken
Weitere Kostenlose Bücher