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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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der Hund stieß sie mit der Nase an. Er winselte. “Oder bist du auch unglücklich, weil ich dich von deinen Geschwistern weggeholt habe?” Anna kraulte das Köpfchen, bis das Winseln nachließ. Eine Weile genoss Falke die Zärtlichkeiten, doch dann lockten ihn die Geräusche im Gras. Er kletterte von Annas Schoß und sprang auf den Boden. Sie band ihn mit der langen Borte und dem Halsband fest, die sie in einem Anfall von Verschwendungssucht als Hundeleine auserkoren hatte.
    Anna seufzte. Wie schön die Blüten waren. In der gleißenden Sonne, deren Strahlen gerade die ersten Blüten und Annas Fußspitzen erreichten, entfaltete sich ihr betörender Duft besonders stark. Die Blätter der Rose, die M´Ba ihr von Friedrich gebracht hatte, lagen immer noch unter ihrer Bettstatt, genau an der Stelle, wo sie sie nach der Einladung hingeschoben hatte. Hätte sie die Einladung angenommen, hätte sie sich nicht immer fragen müssen, wie er wohl war … mit Elisabeth. Sie hätte ihn zumindest für eine Nacht für sich allein gehabt.
    Anna riss eine Rosenblüte ab. Gleichgültig, welche Bräuche die Männer in Alimahs Land pflegten, sie musste sich von Friedrich fernhalten, das war sie Elisabeth schuldig.
    Anna Entschluss war gefasst, sie würde ihm eine Abschiedsbotschaft schicken. Sie brach den Rosenstiel, aber so, dass beide Teile noch zusammenhingen. M´Ba musste die geknickte Rose bei Friedrich abgeben, denn wenn sie so dicht an ihn herantrat, dass sie seinen Duft wahrnahm, würde ihre Ehrbarkeit schwinden wie der Tau auf den Blüten.
    Die Blume in der Hand , erhob Anna sich. M´Ba machte sich um diese Zeit sicher bei den Käfigen zu schaffen. Aber was, wenn Falke dort Angst bekam? Vielleicht würde Alimah … Nein, die duldete den kleinen Racker während der Hochzeitsvorbereitungen bestimmt nicht in ihrer Küche. Anna ließ den Hund an der Bank festgebunden und schritt die Hecke ab. Das ganze Grundstück war dicht zugewachsen, selbst das Tor war so gebaut, dass der Hund dort sicher nicht durchkam, sollte er sich losmachen. Sie beugte sich hinunter und strich dem Welpen über den Kopf.
    “Keine Angst, ich muss nur etwas erledigen, ich bin gleich wieder da.”
    Sie ging, die Rose in der Hand, und wandte sich noch einmal um. Falke saß aufmerksam da, ohne einen Laut.
    Ein guter Hund.
     
    Es hatte eine Weile gedauert, bis M`Ba verstanden hatte, was er mit der Rose tun sollte.
    Falke wartete am Fu ß der Bank und sprang vor Begeisterung an ihrem Rock hoch. Sie nahm ihm die Leine ab und ließ ihn laufen. Der Wind rauschte in den Baumkronen, der kleine Jagdhund sprang unbefangen weit voraus über die Wiese, und Anna ließ ihren Gedanken freien Lauf.
    Sie schüttelte sich und seufzte. Vorbei, es war vorbei.
    "Anna!" Hatte da jemand ihren Namen gerufen?
    "Anna!" Doch, ganz sicher, jemand rief nach ihr. Sie wandte sich um und spähte umher. Suchte Alimah sie?
    Anna rief nach dem Hund, doch Falke kam nicht. Sie lief kreuz und quer durch den Garten - er war nirgends zu sehen. Die Hecken ringsum waren dicht, er hatte also nicht nach draußen entkommen können. Wer auch immer sie gerufen hatte, musste warten, zuerst würde sie ihren Hund suchen. Ihre Hände zitterten. Sie hatte versprochen, gut auf ihn aufzupassen.
     
    "Falke! Faalke!" Anna hörte selbst, wie kläglich ihre Stimme klang, und wurde immer mutloser. Wo konnte er nur sein? Er war wild, sicher, aber er würde doch nicht so weit weglaufen, dass sie ihn nicht fand. Sie musste ihn zwischen den Sträuchern suchen, vielleicht hing er irgendwo fest. Aber würde er dann nicht kläglich jaulen? Anna wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und drückte sich an den dichten Zweigen entlang, den Blick auf das Gebüsch gerichtet, das in langer Linie den ganzen Garten umgab. Das Gewirr war wirklich dicht. Ein kleiner Hund konnte da schnell an einem Ast hängen bleiben.
    So musste es sein, er hing irgendwo fest, st umm und verängstigt. Schritt um Schritt tastete sie sich vorwärts, den Blick suchend auf den Boden und die Sträucher gerichtet. Und dann sah sie es: Ein Strauch war herausgerissen worden. In der Hecke klaffte ein Loch, groß genug, dass sogar ein Kind hindurchgepasst hätte - und erst recht ein kleiner Hund. Wenn Falke da hinausgelaufen war, konnte er überall sein …
    Doch was war das? An einem anderen Strauch, unmittelbar neben der Lücke, hing eine Rolle.
    Anna griff danach und staunte. Ein Pergament, zusammengerollt und mit feine m Band umwunden. Wer ließ so

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