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Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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das denn?»
    «Na, weil gestern die Frau Carissima bei ihm war und sich beschwert hat, dass sie die Gewürze noch nicht bekommen hat, die du ihr versprochen hattest.»
    «Gewürze für Carissima?» Luzia zog die Stirn in Falten. «Ich weiß gar nichts von einer Bestellung. Bist du sicher?»
    «So sicher, wie ich hier stehe», bekräftigte Anton. «Sie hat wohl heute ein großes Abendessen mit vielen Gästen und braucht die Gewürze ganz dringend.»
    Luzia tippte sich irritiert an die Lippen. «Ich erinnere mich wirklich nicht … Hat Martin ihr die Gewürze gegeben?»
    «Nein. Er verlangt, dass du ins Kontor kommst und dich selbst darum kümmerst. Knurrte irgendwas von Pflichterfüllung.»
    «Oh, aha.» Luzias Gedanken überschlugen sich. «Dann wäre es wohl das Beste, ich gehe gleich mit dir zum Kornmarkt.» Sie sah sich ein wenig unschlüssig um. «Lass mich nur rasch mein Rechnungsbuch holen.»
    Auf dem Weg zum Kornmarkt blätterte Luzia in dem Buch vor und zurück, konnte jedoch keinen Eintrag über eine Bestellung von Carissima finden. Angestrengt überlegte sie, ob sie in der Aufregung der vergangenen Tage und Wochen womöglich vergessen hatte, den Auftrag in ihrem Rechnungsbuch zu vermerken.
    Als sie das Haus durch die Hintertür betreten wollte, bemerkte sie, wie sich Anton heimlich zurückzuziehen versuchte. Fragend blickte sie sich nach ihm um.
    «Ich geh mal lieber nicht mit rein», sagte er mit einem schiefen Grinsen. «Muss mir ja nicht den Ärger anhören, den du bekommst. Ähm, außerdem brauch ich heute eigentlich nicht zu arbeiten. Schätze, ich werde mal losgehen und schauen, ob die Handwerkerlehrlinge und Gesellen unten am Moselufer sind.»
    Damit wandte er sich um und verließ den Hof derart hastig, dass Luzia argwöhnisch die Stirn runzelte. Vorsichtig stieß sie die Tür auf und trat ein. Im Haus war es still, weder Stimmen noch das Werkeln der Mägde oder Knechte waren zu hören. Vermutlich waren die meisten von ihnen ausgegangen, um ein paar sonntägliche freie Stunden zu genießen. Unschlüssig sah sich Luzia um und steuerte dann auf das Kontor zu, dessen Tür nur angelehnt war.
    «Martin?» Sie drückte die Tür weiter auf und trat ein. Der Raum war leer. Seufzend legte sie ihr Rechnungsbuch auf dem Pult ab. Als sie sich danach etwas ratlos wieder umdrehte, sah sie ihn mit verschränkten Armen in der Tür lehnen. Sogleich beschleunigte sich ihr Herzschlag, und ihr Atem stockte kurz. Für einen langen Moment sah sie ihn nur schweigend an.
    Er wirkte erholt – kein Vergleich zu dem erschöpften Anblick, den er während des Prozesses geboten hatte. Auch hatte er in den vergangenen Tagen die Zeit gefunden, sich nicht nur den Bart wieder scheren, sondern auch die dunkelroten Locken um ein gutes Stück kürzen zu lassen. In seinem dunkelbraunen Wams und dem reich bestickten Kaufmannsmantel wirkte er ein wenig einschüchternd und auf keinen Fall wie jemand, der vor kurzem noch in Turmhaft gesessen hatte.
    Da er kein Wort sagte, sondern sie nur unverwandt musterte, holte sie schließlich tief Atem, um den Anfang zu machen. «Anton sagte mir, dass Carissima sich wegen einer Gewürzlieferung beschwert hat. Ich habe nachgesehen, aber keine Bestellung von ihr gefunden. Ich kann mich auch gar nicht erinnern, dass sie …»
    «Die Angelegenheit ist längst erledigt.»
    «Aber …» Luzia hob verblüfft den Kopf. «Anton sagte mir, ich solle mich darum kümmern.»
    «Ich weiß, was er dir sagen sollte.»
    «Er meinte, du seiest wütend auf mich.»
    «Das stimmt.»
    «Es tut mir leid, wenn ich …» Luzia runzelte die Stirn. «Was soll das heißen – was er mir sagen
sollte

    Martin stieß sich vom Türrahmen ab und trat auf sie zu. «Carissimas Besuch kam mir höchst willkommen», sagte er. Seiner Stimme war deutlich unterdrückter Zorn anzumerken. «Ich weiß nicht, ob sie wirklich Gewürze brauchte oder ob ich ihr Auftauchen der wohlmeinenden Einmischung unserer Freunde zu verdanken habe. Aber das kann mir letztlich gleich sein.»
    «Was soll das heißen?»
    «Dass es die einzige Möglichkeit war, dich dazu zu bewegen hierherzukommen.»
    Luzia spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Verunsichert wich sie ein wenig vor ihm zurück. In diesem Augenblick erklangen vor dem Kontor Schritte; Augusta tauchte in der Tür auf. «Martin? Wir machen uns jetzt auf den Weg. Du kommst doch später nach, nicht wahr?» Als sie Luzia im Kontor stehen sah, blitzte es in ihren Augen auf. «Ah, vielleicht

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