Die Gift-Party - Rauschgift-Razzia im Internat - Taschengeld für ein Gespenst
durchhalten — denn am Ende des Jahres bzw. nach
2000 Kilometern, so hieß es, winkten lockend schlanke Figur, Fitness und pralle
Gesundheit.
Die
TKKG-Bande hatte Platz gemacht.
Die vier
Freunde waren abgestiegen, standen hintereinander am Wegesrand und enthielten
sich anfeuernder Zurufe, weil das fürchterlich nervt.
O
verflucht! dachte Tim. Unser vierbeiniger Satansbraten wird doch nicht etwa...
Verdammnis! Warum merke ich das jetzt erst? Hier sind wir doch ganz nah!
„Danke! „
keuchte der letzte Jogger und meinte damit, dass die TKKG-Freunde den Weg frei
gemacht hatten. Dann war der Sechser-Pulk vorbei, und niemand blickte ihm nach.
„Wir sind
dicht bei den Bahngleisen“, sagte Tim. „Hier rechts — 300 Meter, schätze ich.
S-Bahn-Bereich. Wenn Oskar dorthin...“
„Um Himmels
willen!“ Gabys Kornblumen-Augen wurden groß vor Angst. „Für Bahnschienen
interessiert er sich. Dort riecht’s nach Gepinkel — weil doch die Toiletten im
Zug sich einfach nach unten entleeren, nach draußen — weshalb man sie ja auf
Bahnhöfen nicht benutzen darf, die Toiletten.“
Tim
schubste Karl sein Rennrad zu.
„Halt mal!
Ich...“
Er sprach
nicht weiter, denn in diesem Moment bellte Oskar.
Es kam von
rechts und war sicherlich nur 300 Meter entfernt. Oskar bellte wuff-wuff mit
kurzen Pausen, nicht zornig, sondern in der Tonart Los!-Spiel-mit-mir!
Gaby schob
zwei Finger in ihren Rosenmund und pfiff. Der Schrillton peitschte durch das
Naturschutzgebiet südwestlich der Großstadt — hier Ahnen-Wald geheißen. Für einen
Moment stellten die Vögel in den Bäumen ihren Singsang ein, und sogar der
Aprilwind war zusammengezuckt.
Oskars
Wuff-Wuff rührte sich nicht von der Stelle. Wen oder was hatte er aufgespürt?
Gaby pfiff
zum zweiten Mal, anhaltend und eindeutig drohend. Das Ergebnis war dasselbe.
Oskar blieb, wo er war.
„Ich hole
ihn“, ergänzte Tim seinen angefangenen Satz jetzt sinngemäß anders. Eben hatte
er noch sagen wollen: Ich sehe nach.
„Brauchst
du Hilfe?“ rief Karl.
Aber da war
Tim schon 20 Meter unter den Bäumen und joggte dreimal so schnell wie die
Jogger, obwohl die Strecke voller Hindernisse war: Fichten, Buchen,
gelegentlich Birken — hier standen die Bäume ziemlich dicht — , Büsche, Wurzeln
wie Fußangeln, Wasserlöcher, Mooshügel und die welken Farne vom Vorjahr.
Die
Schienen, dachte Tim. In ganz kurzen Abständen rattern hier die Züge:
Inter-City, Vorort-Züge für den Nahbereich, S-Bahn für die Region. Alle zehn
Minuten oder so. Da kann eine alte Großmutter kaum die Schienen überqueren. Und
Oskar, dieser europäische Coyote, schnüffelt die Gleise ab. Was... war das?
In der
Ferne — aber nicht weiter als bis zur Bahnstation Otterberg — pfiff eine Lok.
Vermutlich
pfiff sie vor einem unbeschrankten Bahnübergang, um alle Sorten von Autofahrern
zu warnen — die Raser, die Blinden und die Gehirnamputierten.
Jetzt aber
Tempo!
Vor Tim
wurde der Wald heller.
Aha! Dort
verliefen die Schienen, dort war die Schneise.
Er zwängte
sich zwischen zwei Sträuchern hindurch und wurde von zig Dornen durch den
Pullover gepiekt.
Zu spät stellte
er fest, dass es sich um Kreuzdorn handelte, der sich ja bekanntlich mit seinen
dornigen Zweigspitzen dagegen wehrt, dass er von Wildtieren verbissen wird.
Die
Bahngleise, zweispurig, schienen zu dampfen in der Mittagssonne. Braun die
Schwellen, und ölig. Ölig auch der graue Schotter.
Wedelnd kam
Oskar seinem großen Freund Tim entgegen.
„Warum
hörst du denn nicht, wenn Gaby dich pfeift?“
Aber Tim
konnte ihm nicht böse sein, sondern hockte sich, nahm Oskars schönen Hundekopf
in beide Hände und rieb Nase an Nase. Eine warme Zunge klatschte ihm aufs
Augenlid. Tim lachte, kraulte den Vierbeiner und erhob sich.
Da drang
ein Winseln ans Ohr.
Tim drehte
sich in die Richtung, und sein Lachen war verschwunden, während der Schreck
fast das Blut stocken ließ. Denn was Tim dort sah...
Hatte Oskar
deshalb gebellt?
Wieder
pfiff die Lok.
Vibrierten (bebten) die Gleise?
Der Zug war
nahe, würde gleich in der Biegung dort hinten auftauchen.
Schon
meinte Tim, das Rattern zu hören.
Es ging um
Sekunden.
Aber um
zwei Dinge gleichzeitig konnte er sich nicht kümmern. Und auch Oskar war in
Gefahr. Dem Tolpatsch war zuzutrauen, dass er auf die Gleise sprang und den
heransausenden Zug wedelnd begrüßte.
Tim
handelte blitzartig, packte Oskar, löste gleichzeitig den Hosengürtel und riss
ihn aus den Schlaufen. Der Gürtel als
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