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Die Giftköchin

Die Giftköchin

Titel: Die Giftköchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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sich Recht und Gesetz nicht immer auf die Lebenssphäre eines jeden Menschen.
    In der Nacht erwachte Linnea Ravaska von einem Al p traum. Sie glaubte, sie läge immer noch zu Hause in ihrem Bett, und begann, vor Angst zu weinen, doch dann erkannte sie helle Gardinen an großen Fenstern, durch die mehr Licht drang als durch die kleinen Sche i ben in ihrem Häuschen. Die alte Dame knipste die Nachttischlampe an und stellte erleichtert fest, daß sie sich in der Stadt befand, fern von Harmisto, sicher aufgehoben bei einem guten Menschen. Sie zog sich den Morgenmantel an und schlich in die Bibliothek. Dort holte sie den siebten Band des großen Lexikons aus dem Regal und las unter dem Buchstaben G den Text hinter einem bestimmten Stichwort:
    Gift: Stoff, der, wenn er in die Säftebahn eines Me n schen oder Tieres gelangt, schon in kleiner Menge die Tätigkeit einzelner Organe schädigt und dadurch kran k hafte Zustände oder den Tod verursacht. Siehe Tod.
    Linnea Ravaska las ein Weilchen in dem Buch, über ihr Gesicht zog ein zufriedenes Lächeln, dann klappte sie das Buch zu und kehrte in ihr Bett zurück. Die alte Dame sah nach langer Zeit endlich wieder glücklich aus. Sie hatte trotz allem noch die Möglichkeit, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen.

7
    Kauko Nyyssönen, Pertti Lahtela und Jari Fagerström waren von ihrer abwechslungsreichen Landpartie wieder nach Helsinki zurückgekehrt. Eigentlich besaß keiner von ihnen einen ständigen Wohnsitz, wenn man von dem Kellerloch absah, das Kauko Nyyssönen in der Uudenmaanstraße gemietet hatte. Der Raum war offiziell nicht zum Wohnen geeignet, es gab dort keine Toilette, nur Strom und einen Kaltwasserhahn. Pinkeln konnte man ins Waschbecken, wenn man sich auf einen Hocker stellte, aber um die größeren Geschäfte zu erledigen, mußte man die Toilette der Nachtbar aufsuchen. Nyy s sönen übernachtete von Zeit zu Zeit in diesem Keller, aber häufig konnte er bei seinen Kumpanen unterko m men, so wie auch jetzt: Pera Lahtela hatte zufällig eine gutherzige Freundin, eine gewisse Raija Lasanen, K ü chenhilfe, die eine gemietete Einzimmerwohnung in der Eerikstraße bewohnte. Raija, Raikuli genannt, war eine kräftige Frau, mit Pera gleichaltrig, aber in ihrer geist i gen Entwicklung zurückgeblieben. Sie stammte aus Säynätsalo. Verrückt konnte man sie nicht nennen, aber sie war bedauernswert naiv. Pera hatte von ihr die E r laubnis, auch seine Freunde in die Wohnung mitzubri n gen, und das waren in erster Linie Kake und Jari.
    Die Männer hatten ein paar Tage dort herumgeha n gen; die blauen Flecken vom Landausflug hatten ihren dunkelsten Farbton erreicht. Die erlittenen Verluste waren inzwischen ersetzt. Jari Fagerström hatte aus einigen Bekleidungsgeschäften drei neue Hosen und Hemden gestohlen, da die alten Stücke zerrissen waren. Kauko Nyyssönen wiederum hatte seine Unterstützung vom Sondersozialamt im Seitenflügel des Amtsgebäudes in Kallio abgeholt, wo sie ihm in zwei Raten monatlich ausgezahlt wurde. Pera Lahtela seinerseits hatte seine sämtlichen verfügbaren Einkünfte beigesteuert, rund tausend Finnmark im Monat plus die zusätzlich bezah l ten fast dreihundert Finnmark Zuschuß für »eine au s wärts speisende Person«. Der Jüngste des Trios, Jari Fagerström, bezog derzeit Arbeitslosengeld. Er hatte im Winter ein paar Monate in einer Tankstelle in Lauttasa a ri gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis war abgebrochen worden aufgrund einer bedauerlichen Meinungsve r schiedenheit über Eigentumsverhältnisse, jene Waren betreffend, die an der Tankstelle verkauft wurden. Man hatte Jari hinausgeworfen, die Sache aber nicht der Polizei gemeldet. So konnte er vorläufig gut 45 Finnmark pro Tag an Arbeitslosengeld kassieren.
    Die Inhaberin der Wohnung, Raikuli, verdiente als Küchenhilfe in der Nachtbar von Ruskeasuo gerade mal dreitausend Finnmark im Monat, wovon der größte Teil für die Miete draufging. Somit konnte sie ihrem Freund Pertti Lahtela in seiner ständigen Geldnot nicht helfen, auch wenn es ihr nicht an gutem Willen fehlte.
    Die drei Burschen spielten in der Wohnung Karten. Auf dem Tisch standen Leichtbier und billiger Rotwein. Die Stimmung war immer noch trübe. Der Abschlußtag des Landausflugs mit der Polizeioperation war allen noch in frischer Erinnerung. Linneas schnöde Art, ihnen die Polizei auf den Hals zu hetzen, ließ den Burschen immer noch die Galle überlaufen. Einstimmig stellten sie zum soundsovielten Male fest, die Frauen

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