Die Giftköchin
bestellte ein Taxi. Sie bat den Chau f feur, langsam durch die Uudenmaanstraße in Richtung Erottaja zu fahren.
»Verstehen Sie bitte, ich weiß die Adresse nicht mehr, aber ich glaube das Haus zu kennen, zu dem ich möc h te«, erklärte die alte Dame dem Fahrer.
Das Taxi schlich durch die Uudenmaanstraße. Linnea spähte durchs Fenster auf die graue Reihe der Stei n häuser. Zwischen der Fredrik- und der Annastraße brachte sie den Fahrer durch einen Aufschrei zum Ha l ten. Das richtige Haus war gefunden. Linnea bezahlte die Fahrt und stieg mit ihren Delikatessen aus dem Auto.
Sie ging durch den Torweg in den Innenhof des G e bäudes. Ganz recht, hier war sie schon einmal gewesen, sie erkannte das Fenster zu Kaukos Kellerzimmer. Sie überlegte kurz, ob sie es wagen sollte, sich an den Hausmeister zu wenden und ihm um die Zustellung des Korbes zu bitten, doch dann verließ sie der Mut, und sie ging wieder auf die Straße zurück.
Sie hatte den Einfall, die nächstgelegene Blume n handlung aufzusuchen. Sie kaufte ein paar rote Rosen und schrieb Kauko Nyyssönens Adresse auf eine kleine Karte; darunter kritzelte sie einen Gruß für ihn und seine Freunde, sie schlug Versöhnung vor und wünschte guten Appetit. Dann bat sie den Ladeninhaber, die Blumen und den Geschenkkorb zuzustellen. Sie erklä r te, der Bote solle sich vom Hausmeister den Schlüssel geben lassen, falls bei der angegebenen Adresse ni e mand zu Hause sei.
Zufrieden mit der so gefundenen Lösung bezahlte die alte Dame und verließ das Geschäft. Hoffnungsvoll dachte sie, daß Kauko Nyyssönen und seine rohen Kumpane sie vielleicht endlich in Ruhe lassen würden, wenn sie den köstlichen Inhalt des Geschenkkorbes verzehrt hatten.
10
Die beiden Kriminellen Kauko Nyyssönen und Jari Fagerström waren eines Abends, wie so oft, auf dem Weg zu Nyyssönens feuchter Kellerbude, verkatert und au s gerüstet mit einer Plastiktüte voller Leichtbier. Sie wü r den in dem tristen und muffigen Raum hocken, über die schlechte Welt reden und vielleicht ein bißchen Karten spielen.
Nyyssönens Kellerraum, den er als sein »Hauptqua r tier« bezeichnete, war eine feuchte Höhle. Sie hatte nur ein einziges kleines Fenster in Deckenhöhe, die Gla s scheibe war von schwarzem Stadtruß verdunkelt. Im Raum gab es eine alte Bettcouch, durch deren Polster sich die Ratten ihre Pfade gefressen hatten. Davor stand ein wackliger Gartentisch, dessen Platte kaum jemals abgewischt geschweige denn geschrubbt worden war. Er war vermutlich aus irgendeinem Freiluftrestaurant gestohlen worden. Vor der gegenüberliegenden Wand stand eine schwere, gußeiserne Parkbank, sie stammte von der Esplanade, ein Hocker vervollständigte das Ensemble. Auf dem Fußboden lagen zwei schmutzige Schaumgummimatratzen, Nyyssönens Auffassung von Gästebetten. Das verrostete Waschbecken aus Blech und die über dem Tisch baumelnde, staubige Lampe sowie der verstopfte Abfluß im Fußboden bildeten den einzigen Komfort in dem Loch.
Für gewöhnlich stank es nach den Exkrementen der Ratten, nach muffiger, feuchter Bettwäsche und nach fauligem Staub, der in einer dicken Schicht auf dem rissigen Betonfußboden klebte. Jetzt jedoch hatte Nyy s sönen ein berauschendes Geruchserlebnis, als er sein Hauptquartier betrat: Rosenduft erfüllte den Raum, ergänzt durch das anregende Aroma von Früchten, Süßigkeiten, frischem Baguette und anderen Delikate s sen. Als er das Deckenlicht anknipste, sah er auf dem Tisch einen üppigen Rosenstrauß und einen großen, in Silberpapier eingeschlagenen Geschenkkorb.
Der märchenhafte Fund erweckte zunächst das Mi ß trauen der beiden Burschen. Sie packten den Inhalt des Korbes aus, vorsichtig, als handle es sich um eine e x plosive Mine. Zum Vorschein kamen jede Menge Spe i sen, eine verführerischer als die andere, lauter Dinge, von denen die beiden normalerweise nicht einmal zu träumen wagten. Nyyssönen vermutete einen Irrtum, er hatte keine derartigen Luxuswaren bestellt. Die Se n dung war jedoch an ihn adressiert: Am Blumenbukett hing ein kleiner Briefumschlag, der seinen Namen und die Adresse seines »Hauptquartiers« trug. Im Umschlag steckte der Zettel mit Linneas Gruß.
Die Absenderin des überwältigenden Präsentkorbes war also Linnea Ravaska! Die gute, alte Linnea! Kaukos Herz klopfte, als er an die alte Frau dachte. Linnea hatte ihn mit einem derartigen Geschenk bedacht, rührend! Und erst unlängst war er in Harmisto gewesen und hatte nach ihr
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