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Die Giftköchin

Die Giftköchin

Titel: Die Giftköchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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es bestehe keine Hoffnung mehr, nicht einmal künstliche Bea t mung brauche man zu versuchen. Der Mann sei maus e tot. Erst bei einer Obduktion werde sich natürlich he r ausstellen, was die Todesursache gewesen sei.
    »Die Schnippelei kann man sich in diesem speziellen Fall sparen«, sagte Sevander entschlossen, hob die Leiche hoch und ließ sie über die Reling in die Tiefe gleiten. Jari Fagerströms sündige irdische Hülle sauste in der dämmrigen Nacht an der Schiffswand hinunter Richtung Meer. Im Kielwasser des Fahrzeugs bildete sich weiße Gischt, als die Leiche auf dem Wasser au f schlug, ein gedämpftes Klatschen war an Deck zu hören. Irgendwo hoch oben am Himmel flog eine Heringsmöwe und klagte.
    Forstmeister Sevander und Anneli Vähä-Ruottila blickten auf die Wellen hinter dem Schiff, die beiden lehnten wortlos an der Reling. Dann verließen sie das Deck, Sevander stützte seine Begleiterin, deren Schritt ein wenig taumelig war.
    Linnea Ravaska war der einzige Mensch, der das d ü stere Ereignis beobachtet hatte. Als alles vorbei war, kam sie hinter dem Rettungsboot hervor, blickte ebe n falls hinaus auf das schäumende Meer und kehrte dann in ihre Kabine zurück. Geräuschlos zog sie sich aus und kroch zwischen die Laken. Sie war so erschüttert über das, was oben an Deck geschehen war, daß sie übe r haupt nicht klar denken konnte. In gewisser Weise war sie dennoch erleichtert.
    Die unberechenbaren Meeresströmungen führten sp ä ter im Herbst Jari Fagerströms vergifteten Körper ins Å landsmeer, wo er in Gewässer südlich vor Eckerö trieb und in einer Untiefe auf den Grund sank. Ein grimmiger Riesenaal, der zu jener Zeit gerade vom Laichausflug aus der Sargassosee nach Finnland zurückkehrte, stieß auf die im passenden Fäulniszustand befindliche Leiche, tat sich erfreut daran gütlich, nahm enorm an Gewicht zu und holte sich bei der Gelegenheit auch die gefährl i che HIV-Infektion. Der Aal verendete jedoch nicht an dieser furchtbaren Krankheit und Geißel der Mensc h heit. Dick und sorglos schwamm der rundmäulige Schlemmer in die Reuse des dreiundneunzigjährigen Fischers Albin Vasberg.
    »Donnerwetter, was ‘ n dicker Aal«, freute sich Albin, als er den mit Aids befallenen Meereswurm aus seiner Reuse zog. Obwohl das Tier Widerstand leistete, entging es nicht seinem Schicksal: Vasberg nagelte es mit dem Schwanz an die Wand seines Bootsschuppens, versetzte ihm einen Schlag mit der Keule, häutete es, zerschnitt es und gab die Stücke in eine Kasserolle. Dann kochte und räucherte er den Aal und verzehrte ihn portionswe i se mit Brot und zerlassener Butter.
    Die Viren, die sich die türkische Prostituierte eing e handelt hatte, waren auf ihrer wechselvollen Reise von der Stockholmer Nacht bis hin zu diesem Moment l e bensfähig geblieben, doch als sie mit Albins Magensäure in Berührung kamen, starben sie samt und sonders, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen.

21
    Als Linnea von ihrem Stockholmer Ausflug zurückg e kehrt war, bemerkte Jaakko Kivistö sofort, daß mit seiner alten Freundin etwas nicht stimmte. Linnea war angespannt, verschlossen, mochte kaum etwas von ihrer Reise erzählen. Sie schien vor irgend etwas furchtbare Angst zu haben, wollte aber nicht darüber sprechen.
    Wäre Linnea eine Frau in den mittleren Jahren gew e sen, hätte Jaakko die Niedergeschlagenheit und die Unruhe verstehen können; das Wegbleiben der Monat s regel mit allen dazugehörigen Veränderungen bringt das Leben einer Frau in diesem Alter ziemlich durcheina n der. Aber Linnea hatte jene Beschwerden der Wechse l jahre bereits vor Jahren hinter sich gelassen. Trotzdem waren die Symptome bei ihr besorgniserregend.
    Als sich die Stimmung der alten Dame nicht besserte, beschloß Jaakko, sie geradeheraus zu fragen. Er forde r te sie auf, über ihre Sorgen zu sprechen. Was war auf dem Schiff passiert, was bekümmerte sie? Jaakko schwor, für ihre Probleme Verständnis aufzubringen, und falls erforderlich, könne sie sich auf sein Schweigen verlassen.
    Linnea blieb nichts anderes übrig, als sich ihm anz u vertrauen. Die Geschichte war tatsächlich haarsträ u bend. Linnea begann mit Pertti Lahtelas Eindringen in Kivistös Wohnung, dann erzählte sie von seinem Tod und seinem Begräbnis und berichtete auch vom zweiten Todesfall, den es auf der Rückreise von Stockholm geg e ben hatte. Es war eine Geschichte, die dem Zuhörer Schwindel verursachte. Die gute, alte Linnea hatte zweimal hintereinander Todesangst

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