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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Kunstfertigkeit darstellte. Er verkaufte wenig, denn die Händler verjagten ihn immer wieder. Ich jedoch hatte ihm im Laufe des Jahres eine Arche Noah voller Holztiere abgekauft.
    Kürzlich hatte er gesagt: »Ihr kauft meine Tiere nur, um mir Gutes zu tun.« Den gekränkten Ausdruck in seinen Augen werde ich nie vergessen. Natürlich widersprach ich ihm, aber er sah nicht aus, als würde er mir glauben. Dazu bestand auch kein Anlass, denn leider war viel Wahres an seiner Behauptung. Er brauchte Geld, und ich besaß welches. Er verkaufte Schnitzereien, und ich kaufte sie ihm ab - aber nicht nur, weil er von ihrem Verkauf lebte, sondern auch wegen der Begeisterung, mit der er sie herstellte. Die Wildtiere, Hunde und Vögel aus Holz brachten ein wenig von dieser Begeisterung in mein leeres Haus.
    Ihm das so zu erklären, wie ich es gerade getan habe, ging mir zu weit. An jenem Morgen also beschloss ich, einen
Kniff anzuwenden, indem ich jemanden bat, ihm einige der Schnitzereien abzukaufen. Meine Zofe konnte ich nicht schicken, da sie mich bisher immer begleitet hatte und er die List durchschaut hätte.
    Eine junge Schänkerin aus der Gegend, die gerade vorbeikam, schien mir die Richtige. Ich erklärte ihr, was zu tun sei. »Die Sachen darfst du alle behalten, und suche du dir auch eines seiner Tiere aus.« Ich drückte ihr eine Münze in die Hand und beobachtete aus einem Versteck, was passierte. Sie kaufte ihm vier Schalen und vier Löffel ab und wählte nach sorgfältiger Betrachtung eine Eule aus - eine wahrhaft weise Entscheidung. Als die junge Schänkerin gegangen war, sah ich die Freude auf seinem Gesicht, die nicht allein vom Geld hervorgerufen wurde.
    Ich konnte lange meinen Blick nicht von ihm abwenden.
    Â 
    Als ich mich endlich auf den Heimweg machen wollte und mich zu meiner Zofe umdrehte, stand eine fremde Frau vor mir - fremd, weil ich sie nicht kannte, und fremd, weil sie fremdartig aussah. Ihre braunen Haare, die sie offen trug, hatten einen starken rötlichen Schimmer, die Farbe ihrer Augen war ungewöhnlich hell, die Haut war von pergamentener Bräune. Ich schätzte sie fünf bis sieben Jahre älter als mich ein. Auffälliger als ihr Aussehen war ihre Kleidung. Selbst heute fällt es mir noch schwer zu sagen, was das alles war, was sie trug. Man stelle sich zahlreiche Tücher vor, die sich in einer gewissen Anordnung - die sich meiner Fähigkeit der Beschreibung entzieht - um ihren Körper wanden.
    Â»Wo ist meine Zofe?«, fragte ich.
    Sie zog die Augenbrauen hoch und sah mich in einer Weise an, dass es mich nicht überrascht hätte, wenn ihre Antwort
gewesen wäre, ich habe sie weggezaubert. Man hört ja immer wieder von solchen Vorfällen, von Spuk, den selbst die heilige Kirche nicht erklären kann, und immer sind Frauen daran beteiligt.
    Â»Ihr seid die Gräfin, stimmt das?« Ihr Fränkisch hatte einen starken Akzent, der weder aus dem italienischen Süden noch aus dem sächsischen oder friesischen Norden oder aus dem aquitanischen Westen des Reiches stammte. Am Hof leben Männer und Frauen aus allen Teilen des Reiches, und mein Gehör sagte mir, dass mir die Mundart der Fremden noch nie begegnet war.
    Ich antwortete: »Ja. Und du bist...?«
    Â»Fionee. Kommt mit. Ich will Euch etwas zeigen.««
    Â»Fio...? Mitkommen? Und meine Zofe, wo ist sie?«
    Â»Sie konnte nicht mehr an sich halten und ist zur Latrine gerannt.««
    Â»Oh.«
    Â»Darf ich also bitten?«
    Â»Worum geht es?«
    Â»Es wird nicht lange dauern.««
    Â»Aber meine Zofe - sie wird nicht wissen, wo ich bin.««
    Â»Sie findet allein zur Pfalz. Bitte, Gräfin. Es wird Euch interessieren.««
    Vom ersten Augenblick an hatte Fionee etwas an sich, das mich anzog, und etwas anderes, das mich warnte. Ich habe lange Zeit - die ersten Tage lang - nicht gewusst, was es mit diesem Widerspruch auf sich hatte, und nun weiß ich, dass es das Wesen jedes Geheimnisses ist, gleichzeitig zu faszinieren und zur Vorsicht zu mahnen. In Fionees Gegenwart habe ich nie das Gefühl einer Bedrohung gehabt, ganz im Gegenteil; sobald ich sie jedoch verließ, flehte eine Stimme in mir mich an, Fionee nicht wiederzusehen.

    Ich war ihr um zwei Ecken gefolgt, als ich plötzlich jemanden in einiger Entfernung erkannte, der gerade aus einer der Hütten kam. Es handelte sich um Eugenius, den ständigen Legat des Papstes

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