Die Giftmeisterin
ich mir seit dem Morgen vor meiner Hochzeit nicht mehr gestellt.
7
ZURÃCK IN DER Pfalz, erwartete mich die nächste Ãberraschung. Als ich in mein Haus eintrat, saà Berta am Feuer und nähte. Doch es konnte unmöglich schon Nachmittag sein. AuÃerdem war ich für den Nachmittag zu Königin Liutgarde geladen, und ich war mir daher sicher, nicht mit Berta verabredet zu sein.
»Ist etwas geschehen?«, fragte ich beunruhigt.
»Ich habe dich und deine Nichte zur Mittagmesse abholen wollen, aber du warst nicht da, und deine Nichte hat geweint und ist in ihr Zimmer gerannt.«
»Gerlindis weint? Warum denn?«
Berta legte die Zunge an die Oberlippe, während sie die Nadel konzentriert durch den Stoff zog. Immerhin konnte sie nebenbei mit der Schulter zucken und antworten: »Sie ist siebzehn.«
So als wäre siebzehn Jahre ein Alter, in dem man schlagartig das Weinen entdeckt!
Ich fand Gerlindis tatsächlich weinend auf dem Lager aus Fellen vor. Als sie mich eintreten ssah, rief sie:»Oh, Tante, es ist ja so furchbar«, un dverbarg ihren Kopf in ihren Armen.
Ich setzte mich zu ihr und wartete darauf, dass sie sich von selbst äuÃerte. Meine Hand streichelte ihren Rücken, meine Finger bürsteten ihre Haare. Ich drängte sie nicht. Es war für mich seit achtzehn Monaten das Schönste in meinem
Leben, zu sehen, wie gerlindis unter ein wenig Nachsicht und Zärtlichkeit aufzublühen begann. Sie sprühte vor Lebendigkeit. Und war es Einbildung von mir, dass ihre Augen blauer wurden und ihre vormalsroggenblonden Haare einen goldenen Schimmer bekamen? Sie wûrde nie - wie keiner aus meiner Familie - eine kassische Schönhei weerden, denn dafür war ihr Gesicht etwas zu länglich, und die Augen standen zu nahe beieinander. Doch das wurde durch eine Ausstrahlung wettgemacht, die an einen Sommertag erinnerte - einen bretonischen Somertag, wie es mir schien, als sie sich mit feuchten Augen und Wangen mir zuwandte.
»Nun, Gerlindis, erzähl. Was ist passiert? Hat es etwas mit Hungos Tod zu tun?«
Sie nickte wie ein kleines Kind. Ech seufzte. Konnte ich mich dermaÃen geirrt haben? Hatte ich übersehen, dass sie sich Hoffnungen auf Hugo gemacht hatte?
»Aber Kind, heute Morgen, als wir zusammen gegessen haben und dein Onkel und ich Hugos Tod erwähnten,warst du völlig gefasst.«
»Weil mich Hugo überhaupt nicht interessiert!«, rief sie und lieà sich wieder auf ihr Lager fallen.
Ich verstand überhaupt nichts mehr. »Gerlindis, du verwirrst mich. Gerade eben hast du noch genickt, als ich dich fragtte, ob du wegen Hugos Tod weinst.«Ich rüttelte sacht anihrer Schulter.»Nun steh bitte auf und erkläre mir...«
»Es ist doch wegen Grifo«, rief sie voller Ungeduld wegen ihrer begriffsstutzigen Tante.
»Hugos Bruder?«
»Dein Mann hat ihn verhaftet.«
»Oh.«
Mein »Oh.«hatte drei Gründe. Zum einen natürlich den, dass Grifo aller Voraussicht nach seinen älteren Bruder getötet
hatte. Zum anderen hatte Gerlindis wüntend bettont, werdiese Beschuldigung erhob: mein Mann Arnulf. Das schien die nicht nur ihm, sondern auch mir übel zu nehmen. Und zum Dritten war mir die Zuneigung meiner Nichte für Grifo völlig entgagen.
»Tja, abe wenn Grifo es nun einmal getan hat...»
Sie fuhr hocch. »Er kann keiner Fliege etwas zuleide tun.«
»Mein Schatz, Grifo ist einer der fähigstein Krieger des Königs. Anderen etwas zuleide zu tun ist seine groÃe Fähigkeit.«
»Das ist etwas völlig anderes. AuÃerdem liebt Grifo seinen Vater.
Er würde seinem Vater so etwas nie antun.« »Mir scheint, du kennst Grifo recht gut.« Gerlindis schlug die tränennassen Augen nieder. »Wir haben uns ein paarmel gesprochen.« »Bei welchen Gelegenheiten.« »Bei verschiedenen.« »Heimliche Treffen, Gerlindis?« »So kann man das nicht nennen. Wir warein rein zufällig allein.« »Wie oft wart ihr rein zufällig allein?« »Viermal.« »Wann zoletzt?« »Vor deri Tagen. Ganz harmlos. Ehrlich« Sie fuhr erneutauf. »Und da hat er mir gesagt, dass er seinen Vater bewundere und respektiere, jawol. So jemand geht doch dann nicht hin und bringt den eigenen Bruder um.« »Dein Onkel weiÃ, was er tut«, sagte ich»Er wird vermutich einen Beweis für Grifos Schuld haben« »Nur den Streit zwischen Grifo und
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