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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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würde. Man hatte mir bei meinem Eintreffen irgendetwas Berauschendes gegeben, und ich nahm es niemandem übel.
    Â 
    Wieder entzog sich die Zeit. Draußen war dunkle Nacht. Suchte man mich bereits? Machte Arnulf sich Sorgen? Fürchtete er, ich könnte das tun, was er mit Emma tat? Hielt man mich für tot? Alles war möglich. Doch das kümmerte mich nicht. Ich saß vor dem Feuer, in das ich starrte, drehte den leeren Kelch in meinen Händen, summte eine Melodie
aus Kindertagen und verbrachte so die Zeit wie eine Schwachsinnige.
    Â 
    Die Wirkung des flüssigen Glücks ließ nach. Ich bemerkte es durch die Erleichterung, mit der ich Fionees Besserung zur Kenntnis nahm. Sie hörte auf zu zittern, die Schreie verstummten. Als sie sich aufrichtete, war ich in der Lage zu fragen: »Was war denn das?«
    Â»Ich habe...«
    Sie warf der Alten einen fragenden Blick zu, der - so meine ich - nicht beantwortet wurde. Vielleicht, weil eine Antwort sich erübrigte. Das Gesicht der Alten blieb eine lederne Maske ohne Gefühl.
    Â»Ich bin müde«, sagte Fionee. »Wie geht es dir?«
    Â»Gut.«
    Â»Ja«, sagte Fionee, »das wird nicht so bleiben. Komm zu mir, wenn du es nicht aushältst. Morgen. Jederzeit.«
    Â 
    Die Geräusche der Nacht ängstigten mich nicht. Ein Rascheln - eine Maus, was sonst? Ein silbrig leuchtendes Augenpaar - bloß eine Katze. Ein Wispern in der Luft - Nachtvögel. Lauter niedliche Tierchen. Ich fühlte mich ihnen verbunden und sprach zu ihnen.

19
    GUT, DASS ICH mir keine Sorgen gemacht hatte, was man von meiner nächtlichen Abwesenheit halten würde, denn sie war meinem Gemahl nicht aufgefallen. Als ich in einiger Entfernung an Emmas Haus vorbeiging, sah ich Arnulf mit Emma an der Türschwelle stehen.
    Â»Versprichst du’s?«, hörte ich sie fragen.
    Was Arnulf erwiderte, konnte ich nicht verstehen, weil das Geräusch meiner Schritte im Schlamm, als ich mich hinter einem Baum verbarg, seine Worte übertönte. Außerdem sprach er leiser als sie, viel leiser, während ihre Stimme die Dunkelheit zerschnitt.
    Emma sagte: »Gewiss ist es nicht einfach nach so vielen Jahren... Aber wenn es erst getan ist, wenn du den ersten Schritt gemacht hast, wird es leichter werden. Eigentlich hast du ihn schon gemacht. Du hast mich genommen. Du nimmst mich fast jede Nacht. Wir haben ein Kind. Wir bekommen noch mehr... Söhne, Arnulf, Söhne.«
    Er sagte etwas, das ich erneut nicht verstand.
    Sie erwiderte: »Tu es, Arnulf. Sprich mit ihr. Und dann lass dich scheiden.«
    Â 
    Er war längst gegangen, Emmas Tür war längst geschlossen. Ich stand noch immer an den Baum gelehnt, und der Nebel meines Atems stieg gleichmäßig in die Nacht auf. Meine Gedanken kreisten um das soeben Gehörte, ich war nicht
erschüttert. Ich lächelte. Emma hatte ihren ersten Fehler gemacht, und vermutlich den entscheidenden. Wenn sie Arnulf vor die Wahl stellte, würde er sich für mich entscheiden. Im Übrigen war eine Auflösung der Ehe nicht möglich. Ende.
    Ein Seufzer der Erleichterung leitete meinen Aufbruch ein. Den restlichen Weg legte ich fast tänzelnd zurück, und als ich das Haus betrat, wärmte Arnulf sich Rücken und Hände am Feuer. Wie oft hatte ich ihn auf diese Weise dort stehen sehen! Ein breites Lächeln verdrängte seine nachdenkliche Miene, als er mich sah, und er löste sich von der Wärme des Feuers und wandte sich meiner Wärme zu, die aus Liebe bestand.
    Â»Wo hast du gesteckt?«, fragte er ohne jeden Vorwurf.
    Â»Ich war spazieren.«
    Â»Hast du eine Leiche entdeckt?«, fragte er im Scherz.
    Â»Eine genügt mir.«
    Wir blieben durch Blicke verbunden, und ich dachte: Ja, er gehört zu mir, wir gehören zusammen, er weiß das. Er kann gar nicht anders, als mein Gemahl zu bleiben, so wie ich nicht anders kann, als ihn bis ins Grab zu lieben.
    Â»Legen wir uns zu Bett«, sagte er.
    Zusammen?, wollte ich fragen, unterließ es aber, da er an jenem Abend vermutlich schon mit ihr zusammengelegen hatte, und am gleichen Tag - nein, das wollte ich nicht.
    Â»Lass uns lieber noch ein wenig am Feuer sitzen«, schlug ich vor. »Halt mich.«
    Â»Das will ich tun«, sagte er. »Aber wir müssen morgen früher aufstehen als sonst, das hast du nicht vergessen, oder?« Ich sah ihn ratlos an, woraufhin er mich erinnerte: »Die königliche

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