Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
entschuldigen?“, fragte eine verschlafene Stimme. Eine männliche verschlafene Stimme!
Gillian stieß einen erstickten Schrei aus.
„Oh!“ Caleb setzte sich unter dem Fell, das er in der Nacht über sich gezogen hatte, auf und fuhr sich mit der Hand durch sein sowieso schon zerzaustes Haar. „Ihr seid wach!“ Das klang nicht gerade begeistert.
„Was tut Ihr hier?“, fragte Gillian leicht hysterisch.
„Nach was sieht es denn aus?“, gab Caleb beleidigt zurück. „Ich schlafe auf dem Boden, weil Ihr mein Bett besetzt habt!“
„Oh! Ohhh!“, stöhnte Gillian. Ihr war im ersten Augenblick gar nicht bewusst, dass sich mit Calebs Anwesenheit in der Kammer ihre eben durchlebten Befürchtungen in Luft auflösten.
„Ihr habt hier mit mir geschlafen?“, fragte sie entsetzt.
Caleb, der noch immer auf dem Boden saß, zog eine Augenbraue fragend in die Höhe.
„Nun, ich würde es zwar nicht so ausdrücken, aber im Prinzip habt Ihr Recht.“
„Oh, nein!“, stöhnte Gillian. „Wenn Luther je davon erfährt, dann macht er Hackfleisch aus Euch, und Thomas und Theodor und Thaddäus auch! Und das während Reginald und Gerald mit einem Knüppel bereit stehen, um mit Euren Resten Ball zu spielen.“ Gillian vergrub ihr Gesicht in den Händen.
Caleb fand es ausgesprochen unterhaltsam, wie Gillian auf ein Massaker mit ihm als Opfer reagierte. Dachte sie wirklich, dass ihre Angehörigen so blutrünstig waren und er sich nicht wehren konnte?
„Wenn das so ist, dann spielt es jetzt ja keine große Rolle mehr, was ich mit Euch mache oder nicht“, stellte Caleb ganz schlicht fest. „Da mein Schicksal nach dieser Nacht sowieso schon besiegelt ist, kann ich auch vorher noch ein bisschen Spaß haben!“
Das ließ bei Gillian sämtliche Schreckensszenarien vor ihrem inneren Auge erscheinen. Vor allem als Caleb sich vom Boden erhob und sich ganz nahe zu ihr beugte. Was Gillian normalerweise zurückweichen hätte lassen. Die Angst davor, dann auf das Bett zu fallen und ihm hilflos ausgeliefert zu sein, ließ sie jedoch auf ihrem Platz erstarren. Aber Caleb hatte keineswegs vor, ihr in irgendeiner Weise näherzutreten. Er legte ihr nur die flache Hand auf die Stirn, um zu prüfen, ob sie immer noch Fieber hatte. Als er mit dem Ergebnis seiner Untersuchung zufrieden war, zog er seine Hand wieder zurück und wandte sich in Richtung Türe.
„Ich warte draußen auf Euch!“
„Warum?“, fragte Gillian misstrauisch.
„Weil Ihr alleine wohl schlecht nach unten kommt mit Eurem verstauchten Fuß. Und ich werde Euch ganz bestimmt nicht das Frühstück ans Bett bringen!“
Er hatte eindeutig keine Manieren! Warum sprach er sonst so grob mit ihr? Nicht, dass sie einen solchen Umgangston nicht auch von ihren Brüdern gewohnt wäre. Aber deshalb konnte sie doch immer noch erwarten, dass ein Fremder sich ihr gegenüber höflicher benahm, oder nicht?
Nein! Gillian schüttelte über sich selbst den Kopf. Warum sollte Caleb höflich zu ihr sein? Sie machte ihm nichts als Schwierigkeiten. Vor allem weil keiner wirklich sagen konnte, was Luther tun würde, wenn er von der Sache Wind bekäme. Gillian atmete tief ein und wieder aus. Langsam aber sicher entwickelte sie sich zu einer wandelnden Katastrophe. Sie sollte schleunigst dafür sorgen, diesen Ort zu verlassen, um Caleb nicht noch mehr Probleme zu bereiten.
Aber als sie sich hergerichtet hatte und die Kammertüre öffnete, um nach draußen zu humpeln, dauerte es keine Sekunde, bis Caleb sie auf seine Arme genommen hatte. Wie sollte sie ihm sagen, dass sie jetzt alleine zurecht kommen würde, wenn sie es nicht einmal in das untere Stockwerk schaffte?
Beim Frühstück in der Wohnhalle nahm sie schließlich all ihren Mut zusammen, um Caleb um einen Gefallen zu bitten. Aus ihrer Sicht der letzte Gefallen, um den sie ihn bitten musste.
„Könnt Ihr mich heute zum Waldrand bringen und dort absetzen?“
„Nein, das kann ich mit Sicherheit nicht“, lehnte er schlecht gelaunt diese Bitte ab. „Ich werde ganz bestimmt nicht mit Euch in der Gegend herumspazieren, während wer weiß wie viele Suchtrupps durch die Gegend laufen!“
Daran hatte Gillian nicht gedacht. Er wollte sicher nicht mit ihr zusammen erwischt werden. Dafür war die Bekanntschaft mit ihr - dank ihrer Brüder - ein bisschen zu lebensbedrohend.
„Außerdem habe ich heute keine Zeit, um für Euch den Führer zu spielen“, erklärte er weiter. „Und so wie Euer Knöchel aussieht, solltet Ihr Euch die
Weitere Kostenlose Bücher