Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
diese nette Dame mit Worten angelogen“, behauptete er überzeugt.
„Diese Dame ist nicht nett!“, widersprach das Mädchen. „Sie denkt doch wirklich, sie müsste mich und meine Schwestern erziehen. Nur, weil wir in einer kleineren Burg wie Ravenwood groß geworden sind“, empörte sich die junge Lady.
„Das ist doch eine nette Geste von der Dame, Lady Flo!“
Der Name gefiel ihm. Er klang genauso frech, wie sie auf ihn wirkte. Und sie empörte sich noch weiter über die leicht übergewichtige Lady, die versuchte sie zu finden.
„Unsere Mutter hat uns gut erzogen und nur, weil sie einen Ravenwood geheiratet hat, sind wir noch lange nicht aus dem tiefsten Urwald!“
Thad nickte. Er wusste wie es war, wenn einem ständig jemand sagte, was man falsch gemacht hatte.
„Mein ältester Bruder behandelt mich und meine Brüder auch oft so, als ob wir alleine nicht denken könnten. Aber wir achten einfach nicht mehr auf seine Vorschriften und dann ist alles für uns in schönster Ordnung!“
Das war an sich eine gute Idee und Florentine hätte das auch gerne gemacht, aber da gab es ein kleines Problem, das der fremde Ritter nicht bedacht hatte. Denn mit seiner Körpergröße, den ausgeprägten Muskeln und einem Schwert an der Seite, musste man sich sicher vor niemanden rechtfertigen.
„Aber Ihr seid kein Mädchen“, wies sie ihn auf eine unbestreitbare Tatsache hin. „Was ein Mann sich erlauben kann, kann ein Mädchen noch lange nicht tun. Egal wie sehr sie versucht, Vorschriften zu umgehen!“
„Sagt das nicht“, war Thad da ganz anderer Meinung. „Mein Bruder möchte mir am liebsten verbieten, als Geburtshelfer meiner Schwester bei der Niederkunft beizustehen, aber ich ignoriere ihn einfach.“
Das war schockierend! Florentine musste nach Luft schnappen. So etwas hatte sie noch nie gehört. Ein Mann, der ein Baby auf die Welt holte? Wo gab es denn so etwas? Dagegen waren die Dinge, die sie machte, ja richtiggehend harmlos. Um nicht zu sagen normal.
Florentine machte einen vorsichtigen Schritt in Richtung des Ausganges. Sie hatte den starken Verdacht, dass sie sich gerade mit einem Menschen unterhielt, der nicht ganz richtig im Kopf war. Und einem Verrückten sollte man lieber aus dem Weg gehen und natürlich auch nicht aufregen. Darum lächelte sie freundlich und sah zu, dass sie unauffällig näher zur Stalltür gelangte.
„Also vielen Dank, mein Herr, dass Ihr mir geholfen habt.“ Florentine runzelte die Stirn. Ganz stimmte das ja nicht. „Nun ja, auf Eure Art eben, aber trotzdem Danke! Noch einen schönen Tag!“ Und ein schönes Leben, dachte sich Florentine und zog in Gedanken eine Grimasse. Dann schlüpfte sie aus der Scheune, bevor der Fremde auf die Idee kommen konnte, sie aufzuhalten.
Thad lachte leise, als er mit einem Mal wieder alleine im Stall stand. Was für ein Wildfang, dieses Mädchen! Aber durchaus unterhaltsam und damit erschöpfte sich die Aufmerksamkeit, die er der jungen Dame gewidmet hatte auch schon wieder. Die bevorstehende Geburt seiner Nichte oder seines Neffen stand wieder an erster Stelle.
Er sollte endlich zu Gillian gehen und sich seine Schwester genau ansehen. Denn alleine am Umfang ihrer Erscheinung würde er wohl erkennen, ob ihnen eine Einzelgeburt bevorstand oder nicht. Und es war auf keinen Fall schlecht zu wissen, auf was er sich einstellen musste.
Natürlich war Thad auch auf Ravenwoods Zustand gespannt. Ehemänner konnten sich wie die Idioten benehmen, wenn ihre Liebste kurz vor der Niederkunft stand. Thad hatte das schon oft miterlebt und sogar schon den einen oder anderen niederschlagen müssen, um dessen Gattin zu einer entspannten Geburt zu verhelfen. Was durchaus auch bei Ravenwood nötig sein konnte, so wie er ihn einschätzte.
Thad konnte sich noch gut an das kreidebleiche Gesicht seines Schwagers erinnern, als der von der Schwangerschaft erfahren hatte. Und er konnte sich ebenso gut an die vorwurfsvollen Blicke erinnern, die Ravenwood ihm und seinen beiden Drillingsbrüdern zugeworfen hatte. Als ob sie etwas dafür konnten, im Dreierpack geboren worden zu sein. Oder gar die Schuld dafür trügen, wenn Gillian mit Drillingen schwanger sein sollte. Ravenwood war in diesem ersten Augenblick schon leicht in Panik geraten. Und er hatte jetzt monatelang Zeit gehabt, diese Panik noch auszuschmücken. Also war es durchaus interessant zu sehen, wie es ihm heute ging.
Im Wohntrakt angekommen, staunte Thad nicht schlecht, als er seine Schwester zu
Weitere Kostenlose Bücher