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Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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Loch. »Los, gehen wir.«

    22.50 Uhr
    Einer der Zwillinge öffnete die Tür der norwegischen Botschaft. Ob es Fray oder Nettle war, konnte Jonathan nicht genau sagen. Da sie einen pechschwarzen Ganzkörperanzug und eine Kapuzenmütze trug, war es schwer, sie im Dunkeln überhaupt auszumachen. Als sie die beiden Neuankömmlinge sah, machte sie einen höflichen Knicks.
    »Willkommen. Wir haben euch erwartet.«
    »Danke, Nettle«, bemerkte Correlli trocken, schob sich an ihr vorbei ins Gebäude und marschierte Richtung Treppe. »Aber jetzt wird nicht mehr gespielt. Keine Witze mehr.«
    Nettle machte eine rüde Geste hinter seinem Rücken und legte Jonathan einen Arm um die Schultern.
    »Ich hatte schon fast vergessen, was für ein Griesgram er sein kann. Verdirbt einem den ganzen Spaß am Stehlen.«
    Sie war ungewöhnlich freundlich, nahezu albern. Plötzlich wurde Jonathan bewusst, dass sie auch nervös war. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich dadurch etwas besser.
    Sie eilten zum obersten Stockwerk der Botschaft und auf das Dach. Von hier aus hatte man einen Panoramablick über die Herrenhäuser von Kensington, die sich in der Dunkelheit aneinanderreihten. Mountebank, Fray und Carnegie standen in einem kleinen Kreis zusammen. Sie trugen alle die gleichen schwarzen Anzüge und der Wermensch hatte sogar seinen Zylinder abgelegt. Carnegie blickte zu Jonathan, als der vorsichtig über das Dach zu ihnen ging.
    »Wie ich sehe, hast du das Licht ausgeknipst.«
    »Hat funktioniert, oder?«, erwiderte Jonathan unschuldig. »Ich glaube nicht, dass überhaupt noch irgendeine Überwachungskamera in London funktioniert, geschweige denn die von Xavier.«
    Der Wermensch lachte trocken und deutete mit seinen Händen Applaus an.
    »Denkt daran«, verkündete Correlli, der seinen Overall gegen den schwarzen Anzug tauschte, »wenn Verv seine Show abgezogen hat, wird es hier innerhalb kürzester Zeit von Polizisten wimmeln. Wir wissen zwar, dass Xavier sie nicht reinlassen wird, aber wenndie hier rumschnüffeln, kriegen wir Probleme. Wir haben maximal zwanzig Minuten. Danach hauen wir ab, egal ob wir den Stein haben oder nicht.« Er blickte der Reihe nach allen in die Augen.
    »Möge der Ripper mit euch sein«, murmelte Correlli schließlich und trat an den Rand des Dachs.

    22.59 Uhr
    Xaviers Haus trotzte imposant der Dunkelheit. Auf dem Gelände tanzten die Lichtkegel der Taschenlampen der Wachen, die ihren Rundgang machten.
    Als Jonathan vom Dach aus in die Tiefe blickte, flatterten seine Nerven. Er schluckte und fuhr sich mit der Zunge über seine trockenen Lippen. Um ihn herum standen Schulter an Schulter die Mitglieder der Gilde und warteten. Erstaunt beobachtete Jonathan, wie Fray und Nettle sich wortlos umarmten.
    »Sind Sie sich sicher, dass Verv pünktlich sein wird?«, flüsterte er Correlli zu, während er seine Kapuzenmütze gerade zog. »Ich meine nur, er wirkt manchmal etwas … Sie wissen schon … chaotisch. Er wird sich doch nicht in der Zeit irren, oder?«
    Der Feuerschlucker starrte auf das Gebäude vor ihnen und sagte nichts.

    23.00 Uhr
    Am Ende der Straße hörte man Reifenquietschen und ein dunkelblauer Wagen kam angerast. Jonathan war sich sicher, dass er über das Brüllen des Motors hinweg das irre Lachen des Fahrers hören konnte.
    »Da kommt er …«, flüsterte Correlli. »Fertig?«
    Der Wagen rauschte an der norwegischen Botschaft vorbei, schoss rauf auf den Bürgersteig und krachte mit voller Wucht in das Haupttor von Xaviers Anwesen.

18
    Die nächsten Sekunden liefen wie in Zeitlupe ab. Es gab einen krachenden Widerhall, als der Wagen in das Tor pflügte, das erzitterte und sich verbog, aber letztlich standhielt. Überall auf dem Gelände ertönten Warnrufe und zahllose Füße trampelten über die Kieswege. Unten auf der Straße tauchte Vervs Irokesenschopf im Autofenster auf, als er aus dem Wrack kletterte. Er warf etwas auf den Rücksitz und rannte jauchzend davon. Fray blickte zu ihrer Schwester.
    »Auf die Plätze, fertig …«
    »… los!«
    Eine Explosion erschütterte die Slavia Avenue. Sie war so hell, dass Jonathan sich die Hand vor die Augen halten musste. Als er wieder hinsah, war das Auto in einen Feuerball gehüllt und Xaviers Wachen waren am Haupttor in Deckung gegangen.
    »Jetzt sind wir dran«, flüsterte Correlli. »Wir haben zwanzig Minuten, verstanden? Verschwendet keine Sekunde.«
    Nettle kniete sich hin. Sie hielt sich etwas an die Schulter, das wie eine kleine Kanone aussah. Dann

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