Die Gilde der Diebe
Wir informieren alle Botschaften in der Nachbarschaft und überprüfen ihre Sicherheitsvorkehrungen … Botschafter?«
»Hm?«
Amundsen war kurz von einem leisen Rumpeln abgelenkt, das von der anderen Seite des Gebäudes kam. Er ermahnte sich selbst, sich zu konzentrieren.
»Offen gestanden kann ich mir nicht vorstellen, dass wir hier Probleme haben werden. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass die norwegische Botschaft nicht gerade ein lohnendes Ziel für Einbrecher ist.«
»Trotzdem nehmen wir diese Berichte sehr ernst, Botschafter. Gibt es hier Überwachungskameras?«
»Selbstverständlich. Sie sind alle mit dem Kontrollraum im zweiten Stock verbunden. Wir haben auch Sicherheitspersonal, das auf dem Gelände Streife geht.«
Die hellen Pupillen des Albinos verengten sich.
»Und wie viele haben heute Nacht Dienst?«
»Nur drei und natürlich Thomas. Ich muss zu einem Empfang und eine Rede halten …« Er deutete auf die Papiere, die vor ihm lagen.
»Ich verstehe«, sagte der Polizist sanft. »Ich werde Sie nicht länger als nötig aufhalten.«
Plötzlich kam Amundsen ein Gedanke.
»Verzeihen Sie, aber Thomas sprach von zwei Polizisten. Wo ist Ihr Kollege?«
»Er überprüft Ihre Sicherheitssysteme. Er wird sicherlich jeden Moment hier sein.«
Auf der anderen Seite der Tür ertönte ein lautes Krachen. Amundsen schüttelte verärgert den Kopf. Wirklich, dieser Thomas war unglaublich tollpatschig. Vermutlich lag jetzt das Teeservice, das ihm die Queen geschenkt hatte, in tausend Scherben auf dem Boden.
»Tatsächlich«, fuhr der Albino fort, »klingt es so, als käme er soeben.«
Die Tür öffnete sich und ein weiterer Polizist trat ein. Dieser Mann war wesentlich größer und ungepflegter. Er war unrasiert und mehrere Haarbüschel schauten unter seinem Hut hervor. Sein Hemd hing aus seiner Hose und seine Jacke hatte einen Riss. Der Albino lächelte ihn an.
»Drei Wachen und der Sekretär«, sagte er.
»Alle versorgt«, brummte der Mann.
Der Albino wandte sich wieder zu dem Botschafter um und starrte ihn gedankenverloren an. Die Stimmung im Arbeitszimmer war umgeschlagen. Amundsen ahnte, dass gerade irgendetwas fürchterlich schieflief. Da er jedoch kein Mann war, der sich leicht einschüchtern ließ, nahm er hinter seinem Schreibtisch eine gerade Haltung ein.
»Ich verlange von Ihnen, dass Sie mir sagen, was hier vor sich geht«, forderte er.
»Wie ich bereits sagte«, erwiderte der Albino. »Es wird heute Nacht hier in der Gegend einen Einbruch geben. Wir müssen es wissen, schließlich sind wir diejenigen, die ihn ausführen werden.«
»Aber … warum?« Amundsen schnappte nach Luft. »Was suchen Sie hier?«
»Oh, hier suchen wir nichts.« Er zeigte über die Schulter des Botschafters hinweg. » Dort suchen wir etwas.«
Zitternd drehte sich der norwegische Botschafter um und blickte durch das Fenster auf die imposante Silhouettevon Xaviers Haus. Das Letzte, was er hörte, war der Albino:
»Carnegie, würde es dir was ausmachen …?«, und dann näherten sich Schritte und etwas Schweres krachte auf seinen Hinterkopf. Dunkelheit umfing Amundsen.
22.47 Uhr
Correlli sah, wie in der norwegischen Botschaft ein Licht ein- und ausgeschaltet wurde, und grunzte zufrieden.
»Das Gebäude ist gesichert.«
Jonathan hörte einen Moment auf zu graben und schaute nach oben.
»Ich wusste, dass Carnegie uns nicht hängen lässt«, rief er stolz.
»Ich habe mir nicht seinetwegen Sorgen gemacht«, erwiderte Correlli düster. »Wie geht es mit dem Loch voran?«
Jonathan inspizierte den kleinen Krater, den sie ausgehoben hatte.
»Viel tiefer sollte es nicht sein. Genauer gesagt …« Er rammte seinen Spaten in die Erde und ein dumpfes Klirren ertönte.
»Ich glaube, wir haben es geschafft.«
Der Feuerschlucker blickte auf die Uhr.
»Genau zur richtigen Zeit. Verv wird in ein paar Minuten hier sein. Lass mich weitermachen.«
Correlli hievte Jonathan aus dem Loch und sprang selbst hinein. Er spuckte in die Hände und hob die Spitzhacke hoch in die Luft.
»Hoffen wir, dass dies die richtige Stelle ist …«, sagte er und rammte die Hacke mit einem dumpfen Schlag in die Erde. Die Straßenlaternen um sie herum flackerten und gingen aus. Die Straße versank in Dunkelheit. Im fahlen Licht ihrer Warnleuchten sah Jonathan Correlli mit den Schultern zucken.
»Du solltest doch nur bei Xavier die Lichter ausknipsen!«, zischte Jonathan.
»Besser zu viel als zu wenig«, flüsterte Correlli und krabbelte aus dem
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