Die Gilde der Diebe
Der Rest war nur eine Frage der …«
»… der passenden Maskerade.«
»Der Wolfmann ist losgezogen, um mit einem seiner Kontakte zu sprechen. Er weiß, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, um deine Freundin zu finden.«
»Als von dir in den Nachrichten gesprochen wurde, ist er ziemlich wütend geworden …«
»… ziemlich wütend …«
»… und hat über Correlli geflucht und ihm die Schuld für alles, was schiefgelaufen ist, gegeben.«
»Carnegie hat recht«, erwiderte Jonathan düster. »Correlli hat uns verraten. Er hat mich k.o. geschlagen und den Stein an sich genommen.«
»Ich wusste es!«, triumphierte Nettle. »Ich wusste, dass er ein Schwindler ist. Hast du das gehört, Schwester?Dein geliebter Correlli ist mit dem Purpur-Stein abgehauen!«
Fray kniff sie fest in den Arm.
»Sei still! Das wissen wir noch nicht!«
Bevor ein weiterer Streit ausbrechen konnte, bremste der Transporter so hart, dass die Insassen auf dem Rücksitz gegen das Gitter flogen, das den Fahrer von den Passagieren trennt. Auf dem Fahrersitz schaltete Verv routiniert das Blaulicht aus und stellte den Motor ab.
»Sind da. Zeit, auszusteigen.«
»Ja, danke, Verv«, erwiderte Nettle säuerlich und raffte sich auf. Jonathan humpelte zur Tür und stieg aus. Er schützte mit der Hand seine Augen vor der Sonne und stellte fest, dass Verv auf einem verlassenen Parkplatz in einem großen Industriegebiet im Schatten einer Reihe riesiger Lagerhäuser angehalten hatte. Trockenes Unkraut überwucherte den rissigen Teerbelag. Keine Menschenseele war zu sehen. Verv sprang vom Fahrersitz herunter, setzte sich eine große Sonnenbrille auf und streckte sich wie eine Katze in der Sonne.
»Schöner Tag für eine Spazierfahrt«, kicherte er.
Fray und Nettle gesellten sich zu ihnen. Sie hatten die Uniformen gegen ihre Straßenkleidung eingetauscht. Fray blickte auf ihre Uhr.
»Wir müssen den Wolfmann in einer Stunde vor dem Bahnhof Baker Street treffen.«
»Ihr geht voraus«, bestimmte Jonathan. »Ich muss erst noch zu Hause vorbeischauen.«
Die Zwillinge schüttelten ihre Köpfe.
» Keine gute Idee …«
»… da wird dich die Polizei als Erstes suchen.«
»Ja, aber ich muss es riskieren. Ich möchte meinem Dad erzählen, was passiert ist. Und ich möchte wissen, wie es Raquella geht. Es ist ganz in der Nähe der Baker Street, es wird schon schiefgehen.«
»Bist du dir sicher, dass wir dich nicht begleiten sollen?«
Jonathan schüttelte den Kopf.
»Danke, aber normalerweise bemerken mich die Leute nicht, wenn ich allein bin. Wenn ich mit euch auftauche, fürchte ich, werde ich zu viel Aufmerksamkeit erregen.« Er grinste. »Wir treffen uns dann in der Baker Street. Und versucht, euch unterwegs mal nicht zu streiten.«
Als er seine alte Straße erreichte, bezweifelte Jonathan bereits, dass er eine kluge Entscheidung getroffen hatte. Er war nervös. Die Häuser und Gärten, die ihm in seiner Kindheit so beruhigend vertraut gewesen waren, stellten nun nur noch potentielle Polizeiverstecke dar. Das Heulen einer Polizeisirene brachte ihn dazu, hinter einen Busch zu flüchten, bis er merkte, dass sie mehrere Kilometer entfernt war.
Selbst ihr Haus sah nicht einladend aus. Jonathan betrachtete die Fenster und fragte sich, ob die halbe Londoner Polizei dort auf ihn wartete. Es gab nur eine Möglichkeit,das herauszufinden. Er hielt die Luft an, schlich die Auffahrt hoch und am Haus entlang. Im Garten war es ruhig. Niemand brüllte durch ein Megafon, keine Schüsse ertönten. Jonathan schlüpfte durch die Hintertür und traf auf seinen Vater, der auf ihn wartete.
Der Fernseher lief. Alain hatte auf den Nachrichtenkanal geschaltet und rannte in der Küche auf und ab. Obwohl er lächelte, als er Jonathan sah, waren die Sorgenfalten, die sein Gesicht so viele Jahre lang durchzogen hatten, wieder deutlich sichtbar.
»Du bist also rausgekommen«, sagte er.
»Du solltest stolz auf mich sein. Dein Sohn ist offiziell auf der Flucht.«
Alain lachte auf, aber dann machte er ein finsteres Gesicht.
»Es ist anders als das letzte Mal, verstehst du. Diesmal werden sie es nicht unter den Teppich kehren. Sie werden viele Fragen stellen. Wir haben eine Menge Ärger am Hals. Ich hätte es nicht zulassen dürfen, dass es so weit kommt.«
»Aber du hast es zugelassen!«, erwiderte Jonathan. »Und wir beide wissen, warum. Wir haben nur noch wenige Stunden, um Miss Elwood zu retten. Was danach passiert, ist mir egal. Ich kann für den Rest meines Lebens
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