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Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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stöhnte.
    »Ich wünschte, Sie hätten nicht den Alarm ausgelöst«, rief er. »Davon kriege ich üble Kopfschmerzen!«
    »Sir … sie flüchten! Wir müssen doch …«
    Carmichael sah zu, wie Jonathan um die Ecke verschwand, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte forsch in die entgegengesetzte Richtung.
    »Folgen Sie mir, Charlie«, rief er.
    Wider besseres Wissen gehorchte Wilson. Schweigend liefen sie durch das Polizeirevier, vorbei an den anderen Beamten, die sich sputeten, um sich an der Jagd auf Jonathan zu beteiligen. Sichtlich unbewegt lief Carmichael die Treppe hinunter, an den Zellen vorbei und weiter zur untersten Ebene des Gebäudes. So weit unten wurde das durchdringende Heulen des Alarms immer schwächer und wandelte sich sehr zu Carmichaels Erleichterung in ein leises Brummen im Hintergrund. Wilson blickte sich verwirrt um, als der Kommissar ihn an einer Reihe von Türen vorbeiführte. Erhatte nicht einmal gewusst, dass es so weit unten noch Räume gab.
    »Ich verstehe das nicht, Sir!«, protestierte er nochmals. »Sie werden uns entkommen!«
    »Das will ich verdammt noch mal auch hoffen«, murmelte Carmichael. »Hat ja auch nur noch gefehlt, dass ich ihnen den roten Teppich ausrolle.«
    »Sir?«
    »Ich meine, haben Sie eine Vorstellung davon, wie schwer es ist, den Körper einer Riesenspinne verschwinden zu lassen?«
    Wilson starrte den Kommissar an.
    »Wie bitte … Sie wollen doch nicht etwa behaupten …, dass der Junge die Wahrheit sagt!«
    Der Kommissar blieb vor einer Tür stehen, auf der mit schwarzer Farbe ein großes »D« aufgemalt war, und bedachte Wilson mit einem langen, abschätzenden Blick.
    »Wie lange sind Sie jetzt schon bei der Polizei, Charlie?«
    »Etwas über ein Jahr.«
    »Wissen Sie, das könnte sogar ein Vorteil sein. Ich leite ein kleines Team, das Verbrechen untersucht, die … ungewöhnlich sind. So wie die Sache mit dem jungen Herrn Starling. Wir sind eine ziemlich unorthodoxe Truppe, und wir müssen mit dem, was wir tun, ziemlich hinter dem Berg halten, aber so etwas wie uns gibt es bei der Polizei nur einmal. Was würden Sie davon halten, für uns zu arbeiten?«
    Wilsons Gedanken rasten. Nichts von dem, was heute passiert war, ergab einen Sinn: zuerst die verrückteGeschichte des Jungen, dann versuchte sein Vorgesetzter, das Ganze unter den Teppich zu kehren, und jetzt dieses mysteriöse Angebot. Der junge Polizist hatte das dumpfe Gefühl, dass unter Carmichael zu arbeiten bedeutete, mehrere solcher Tage zu erleben.
    »Um ehrlich zu sein, Sir, ich bin mir nicht sicher, ob ich für diese Art Tätigkeit geeignet bin.«
    Der zerknitterte Kommissar hörte ihm kaum zu, schob einen Schlüssel in das Schloss von Raum D und drückte die knarzende Türklinke herunter.
    »Na schön, mein junger Freund. Kommen Sie doch herein, bevor Sie sich entscheiden. Hier sind ein paar Leute, die ich Ihnen gerne vorstellen würde …«

22
    Jonathan rannte, so schnell er konnte, den Korridor entlang und versuchte, den stechenden Schmerz, der sein linkes Bein hochkroch, zu ignorieren. Die Verletzung war ein unliebsames Erinnerungsstück an seinen Sturz in Xaviers Haus. Fray und Nettle zogen ihn an den Armen vorwärts, während sie über ihre Schultern auf die Beamten zurücksahen, die sie verfolgten. Die Alarmglocken hallten von den Wänden wider.
    »Sie holen auf!«, rief Nettle.
    »Sie sind nicht mehr weit weg!«, stimmte ihre Zwillingsschwester ein. »Komm schon, Jonathan!«
    Sie schlidderten um eine Ecke herum und stolperten eine Treppe hinauf. Die Rufe der Polizisten hallten durch das Treppenhaus. Dies war anders als in der Vergangenheit, wenn Jonathan vor den Beamten im Einkaufszentrum oder auf der Straße davongelaufen war. Er war nicht gelangweilt. Er war nicht auf der Suche nach ein bisschen Spaß. Er war im Begriff, aus einem Polizeirevier auszubrechen, und wenn sie ihn fangen würden, dann wäre alles aus.
    Als sie das obere Ende der Treppe erreichten, brach Jonathan durch eine Doppeltür und fand sich amHauptempfang des Reviers wieder. Ein paar Rentner, die darauf warteten, dass man ihnen Beachtung schenkte, schauten ihn neugierig an. Hinter dem Tresen brüllte ein Polizist in sein Funkgerät. Er hielt inne und sah sie verdutzt an.
    »Worauf wartest du noch?«, schrie Fray Nettle an. »Benutz den Zauberball!«
    Nettle bedachte sie mit einem frostigen Blick und warf anschließend etwas auf den Boden, das wie eine kleine Murmel aussah. Schlagartig füllte sich der

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