Die Gilde von Shandar: Die Spionin
Ausbildungssold, was?«, fragte der andere Gardist mit einer Mischung aus Sympathie und Spott.
Danar nickte finster.
»Pech gehabt, Sodan. Aber nimm’s nicht so schwer – es sind nur noch ein paar Monate, bis du mehr Sold bekommst als ein paar Silberstücke im Monat.« Die Gardisten lachten und schritten den Gang entlang. »Wir versuchen, nicht so lange zu bleiben. Viel Spaß!«
Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, verharrte Femke ein paar Sekunden regungslos, dann wirbelte sie herum und betrachtete mit Expertenblick das untere der beiden Schlösser in der kräftigen Metalltür hinter ihnen.
»Das lief ja glatt«, bemerkte Danar, während Femke einen Dietrich aus ihrer Tasche zog und vorsichtig in das Schloss einführte.
»Hmm«, bestätigte Femke, in ihre Arbeit vertieft.
»Kann ich etwas tun?«
»Ja, kannst du«, sagte Femke abwesend und stocherte mit dem Gerät im Schließmechanismus herum. »Du kannst die Phiolen aus dem Rucksack nehmen, um Platz für das Gold zu schaffen. Sei aber vorsichtig dabei. Lass sie in die Tücher eingewickelt und halte sie ja getrennt. Und vor allem leg sie irgendwohin, wo du nicht aus Versehen drauftreten könntest. Wenn du fertig bist, behalte die Tür im Auge, ob jemand kommt. Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, was passiert, wenn jemand sieht, wie ich die Schlösser aufbreche. Und jetzt sei still, ich muss mich konzentrieren.«
Danar tat wie geheißen und behandelte die Glasphiolen mit äußerster Vorsicht, als er sie aus dem Rucksack nahm. Aus dem Stoff formte er zwei Nester, auf jeder Seite des Ganges eines. Dann stellte er sich ein Stück näher am Ausgang in den Gang und lauschte, ob jemand kam. Er wusste, dass kaum eine Chance bestand, etwas zu hören, wenn diejenigen, die sich der Tür näherten, nicht miteinander sprachen. Die weichen Teppiche im Hauptkorridor draußen dämpften sogar die Schritte von stahlbeschlagenen Stiefeln.
Aus Sekunden wurden Minuten, und Danar begann, sich nervös über die Schulter nach Femke umzusehen. Sie konzentrierte sich immer noch auf das untere Schloss.
»Was ist los?«, erkundigte er sich heiser flüsternd. »Ich dachte, du seist gut in so etwas?«
»Los? Nichts ist los. Ich sitze hier vor dem besten Schloss, das mir seit Jahren untergekommen ist, das ist alles«, erwiderte Femke. »Der König hätte kein sichereres System für diese Tür finden können, außer vielleicht Magie.«
»Magie! Das ist eine Idee! Bist du sicher, dass die Schatzkammer nicht durch irgendeine Art von Magie bewacht wird?«, fragte Danar besorgt.
Femke hielt einen Moment inne, um Danar über die Schulter hinweg zornig erregt anzusehen.
»Sei nicht dumm, Danar – das hier ist Thrandor, denk daran! Sie haben hier seit zweihundert Jahren keine Magie mehr zugelassen. Der König ist der Letzte, der hier Magie zum Schutz einsetzen würde. Es würde alle Gesetze untergraben, nach denen das Königreich in den letzten Jahrhunderten regiert worden ist. Und jetzt vertrau mir, lass mich machen und …«
Femke wandte sich wieder dem Schloss zu und drehte energisch am Dietrich. Mit einem befriedigenden Klicken öffnete es sich und sie blickte sich selbstgefällig zu Danar um.
»… deine Geduld wird belohnt werden«, beendete sie ihren Satz. »Das war Nummer eins, jetzt noch das zweite.«
»Ich will dich ja nicht drängeln, Femke, aber hier unten sind wir ziemlich ungeschützt. Wir könnten jeden Moment auf frischer Tat ertappt werden.«
»Weiß ich«, erwiderte Femke abwesend. »Glücklicherweise hat der, der das Schloss eingesetzt hat, oben und unten praktisch die gleichen Schlösser verwendet. Und egal wie gut sie sind, wenn man weiß, wie man sie öffnen muss …« Es ertönte ein weiteres lautes Klicken. »… dann fallen sie wie die Fliegen«, schnurrte sie zufrieden und hocherfreut.
»Gute Arbeit!«, gratulierte Danar. »Komm schon, lass uns holen, weshalb wir hergekommen sind, und verschwinden.«
»Ja, das sollten wir«, meinte Femke grinsend, öffnete die Tür und bedeutete ihm, als Erster einzutreten.
Danar rannte durch den Gang, nahm eine frische Fackel von einem kleinen Stapel auf einem Regal neben der Tür und zündete sie an einer der brennenden an. Die Fackel vor sich haltend, trat er in die offene Schatzkammer. Nach ein paar Schritten hielt er völlig überwältigt inne. Was auch immer er erwartet hatte, das hier bestimmt nicht.
»Hier ist nichts!«, rief er erstaunt aus. »Die ganze Schatzkammer ist eine Attrappe!«
»So sieht
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