Die Gilde von Shandar: Die Spionin
es aus, nicht wahr?«, antwortete Femke und betrat hinter ihm seelenruhig die Kammer. »Hättest du wohl die Güte, ein wenig beiseitezugehen, damit ich auch hineinkann? Vielen Dank.«
Mit dumpfem Schlag schloss Femke sanft die Tür hinter ihnen. Dann tastete sie den Türrahmen ab. Offenbar suchte sie etwas Bestimmtes.
»Was machst du da?«, fragte Danar, der die ersten Anzeichen von Panik zeigte. »Wir müssen hier raus. Bist du verrückt?«
»Nein, Danar, ich bringe nur die Aufgabe zu Ende, die wir angefangen haben. Ah, da ist es ja!«
Plötzlich erklang von der hinteren Wand ein leises Knirschen und ein Teil davon drehte sich um 90 Grad. Dahinter lag ein zweiter Raum, in dem sich Schätze aller Art befanden. Es gab Stapel von Gold- und Silberbarren, Beutel mit Goldstücken und kostbare Edelsteine, aber auch Kunstwerke, seltene Keramik, wunderschöne Kleider auf speziellen Puppen und vieles mehr. Es war atemberaubend.
»Schlau, was?«, meinte Femke grinsend. »Die äußere Tür muss geschlossen sein, erst dann lässt sich die Tür zum eigentlichen Tresor durch den geheimen Knopf öffnen. Welcher Dieb würde schon ein leeres Zimmer betreten und die Tür hinter sich schließen, wenn es sonst keinen Ausgang gibt? Keiner, den ich kenne.«
»Woher wusstest du, was zu tun ist?«
»Sagen wir, ich hatte ein wenig Hilfe aus dem Palast«, erwiderte Femke amüsiert. »Komm schon, mach den Mund zu. Noch vor einer Minute hast du mich gedrängt, mich zu beeilen. Bring mir den Rucksack und lass uns einpacken. Nimm nichts, was wir nicht brauchen. Ein paar tausend Goldstücke sollten reichen. Wenn wir sie von der richtigen Stelle wegnehmen, fällt ihr Fehlen wahrscheinlich nicht einmal auf.«
Das war nicht nur eine kühne Behauptung, Femke stellte auch schnell fest, dass sie falsch war. Zweitausend Goldkronen sind eine Menge Münzen. Sie konnten die Tatsache, dass sie fehlten, auf keinen Fall verbergen. Nachdem ihnen das bewusst geworden war, schaufelten sie einfach die Münzen in den Rucksack, bis Femke meinte, dass sie genug hätten.
»In Ordnung, das sollte reichen. Lass uns hier verschwinden, solange es so gut läuft«, befahl Femke.
Diesmal widersprach Danar nicht. Er warf sich den mittlerweile schweren Rucksack über die Schulter und rannte in den leeren Raum zurück. Femke drückte erneut auf den geheimen Knopf, um die versteckte Tür zu schließen, und öffnete die Metalltür zum Korridor.
Dort befand sich zu ihrer Erleichterung immer noch nichts außer den beiden Stoffhaufen mit den Glasphiolen. Femke schloss die Metalltür und hielt kurz unentschlossen inne. Ihr persönlicher Stolz verlangte es, die Tür wieder abzuschließen, und einen Augenblick lang kämpften Stolz und Zweckmäßigkeit in ihr, dann gewann die Zweckmäßigkeit. Sie hatten nicht unbegrenzt Zeit, daher ignorierte sie ihren Sinn für Ordnung und konzentrierte sich darauf, sie beide unbeschadet aus dem Palast zu bringen.
»Danar, bleib stehen, ich packe die Phiolen wieder ein«, verlangte sie. »Ich will sie nicht zurücklassen.«
Schnell steckte Danar seine brennende Fackel in eine freie Wandhalterung und hielt so still wie möglich. Er wagte kaum zu atmen, als Femke die Phiolen aus den Nestern nahm, die er kurz zuvor errichtet hatte.
Femke steckte zuerst die blauen und dann die grünen Phiolen in den Rucksack, wobei sie darauf achtete, zwischen das Glas und die Goldmünzen eine dicke Stoffschicht zu legen und die Phiolen gut voneinander zu trennen. Aber anstatt alle Phiolen zu verpacken, behielt sie von jeder Sorte eine in der Hand.
»Versicherung«, erklärte sie mit leichtem Achselzucken, als Danar bemerkte, was sie tat. »Ich habe den Rucksack oben auch nicht zugemacht, also fall nicht hin. Das könnte unangenehm werden. Komm, es wird Zeit zu gehen.«
Schnell erreichten sie das Ende des Ganges. Femke presste das Ohr an die Tür, um zu lauschen, ob sie draußen etwas hören konnte. Da alles still blieb, öffnete sie die Tür einen Spalt und spähte hinaus. Soweit sie sehen konnte, war der Gang leer. Mit zusammengebissenen Zähnen öffnete sie die Tür weiter und sah in die andere Richtung. Die Luft war rein.
»Sieht aus, als ob Reyniks Ablenkung gut funktioniert«, murmelte sie leise, als Danar heraustrat.
Kaum war er draußen, als aus einem etwas weiter entfernten Seitengang zur Vorderseite des Palastes eine Gruppe der königlichen Garde kam. Ein Blick zeigte Femke, dass es die beiden Wachen waren, die Danar und sie abgelöst
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