Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
Prinzessin…« Hal wusste, dass ein kluger Verhandler Berylinas Defizite erwähnen würde – ihre schielenden Augen, ihre Hasenzähne. Rani würde es gewiss tun, wenn sie hier wäre. Er konnte sich jedoch nicht dazu überwinden, diese unveränderlichen Wahrheiten zu kritisieren, und sagte daher: »Eure geliebte Prinzessin ist anscheinend zu schüchtern, um die Menschen hier in Liantine zu führen. Wenn ich das sagen darf, Berylina ist ein zartes Wesen, Mylord. Sie muss vor Anstrengung und Aufregung beschützt werden. Sie sollte nicht mit dem Wissen belastet werden, dass ihr Vater ihren Wert nur mit zweihundert Goldbarren bemisst.«
»Ah«, seufzte Teheboth. »Vielleicht habt Ihr Recht. Aber vielleicht würde die Schüchternheit meiner Tochter vollkommen geheilt, wenn sie erführe, wie hoch ihr Verehrer sie in Wahrheit einschätzt. Ich würde gerne ein Gebot für einen Brautpreis in Erwägung ziehen, Mylord. Besonders weil Ihr meine Tochter so weit fortbringt.«
Teheboths väterliche Pietät erzürnte Hal. Er stand nicht im Begriff, Berylina zu kaufen, wollte nicht sein kostbares Gold für die Prinzessin ausgeben! Morenia war immerhin nicht irgendein entlegener Sumpf. Es war ein starkes Königreich, ein altes Königreich. Das Haus Jair saß schon seit Generationen auf seinem Thron, viel länger als ein liantinischer Emporkömmling…
Hal zwang sich, all seine zornigen Gedanken zu ersticken. Er musste ruhig bleiben. Er durfte sich nicht provozieren lassen. »Eine so geliebte Prinzessin würde doch gewiss rechtfertigen, dass ihr Vater einen höheren Preis bezahlte. Sagen wir, eintausend Goldbarren.«
Hal wollte mehr fordern. Er wollte erklären, dass er Berylina nicht unter zweitausend Goldbarren zur Monarchin nehmen würde. Mit zweitausend Goldbarren könnte er die ersten Raten sowohl an die Kirche als auch an die Gefolgschaft bezahlen und Ranis noch im Entstehen begriffenen Octolaris-Plan meiden.
Aber zweitausend Barren würden niemals den Besitzer wechseln. Teheboth hatte in Liantine seine eigenen Kämpfe auszufechten – die Gehörnte Hirschkuh zu ehren, ließ wenig Spielraum. Forderte Hal zweitausend Goldbarren, riskierte er es, augenblicklich verabschiedet zu werden. Also wiederholte er: »Eintausend Goldbarren.«
Teheboth verschluckte sich an seinem Wein und prustete. »Eintausend! Ihr haltet mich für reicher, als selbst ich jemals zu sein erhoffe!«
»Ich weiß, dass Ihr ein reicher Mann seid«, konterte Hal, »und ein liebender Vater.« Er stellte seinen Becher auf den niedrigen Tisch und zog den Blick des liantinischen Königs auf sich. Er hielt seine Stimme ruhig, hoffte, über jeden Zweifel hinaus zu vermitteln, dass er nicht weiter verhandeln würde. Er würde nicht weiter diskutieren. Er würde seine eintausend Barren bekommen, oder Berylina bliebe am Hof ihres Vaters, vielleicht für immer. Hal sagte: »Ich sehe den Reichtum Eures Palastes, Teheboth. Ich trinke Euren edlen Wein und ich esse Eure Nahrung. Ich sehe die neu gebauten Palasträume, mit all den fein geschnitzten Holzpaneelen, welche die staubige Spinnenseide ersetzen. Ich weiß, was Ihr bezahlen könnt, wenn Ihr wollt. Ihr solltet Eure Tochter nicht unterbewerten. Verkauft sie nicht so billig, dass Ihr sie in Verlegenheit bringt, und Euch selbst auch.«
Teheboths Gesicht wurde tiefrot, und Hal fragte sich, ob er es vor Morens Feuer, bevor seinem Königreich der ultimative Zusammenbruch drohte, gewagt hätte, so schonungslos zu sein. »Hütet Eure Zunge, Mylord«, gelang es Teheboth zu sagen.
»Hütet Eure Tochter! Achtet darauf, dass Ihr sie als das einzige Mädchen ehrt, das Eure Lady jemals zur Welt gebracht hat. Achtet darauf, dass Ihr sie als die einzige Schwester unter ihren Brüdern ehrt, als die Brücke, die unsere Königreiche für immer verbinden kann.«
»Fünfhundert Barren«, konterte Teheboth.
»Achthundert.«
»Abgemacht. Aber die Hochzeit muss am Mittsommertag stattfinden.«
»Warum am Mittsommertag?«, fragte Hal überrascht.
»Es ist der Tag, der unter dem größten Segen der Gehörnten Hirschkuh steht. Berylina ist für mein Volk ein mächtiges Symbol, Mylord. Wie Ihr so schlau argumentiertet, ist sie meine einzige Tochter. Es gehen in Liantine Gerüchte um, dass sie am alten Glauben festhält, an der Art Eurer Tausend Götter. Wenn sie am Mittsommertag heiratet, wird mein Volk ihren wahren Glauben und die Heiligkeit des Hauses Donnerspeer anerkennen, und ich werde nicht mehr von Narren wie diesem Hestaron
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