Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
ihre Stimme steif und formell klingen. »Euer Majestät, Ihr werdet stets Wahlmöglichkeiten haben.«
»Welche denn?«, fauchte Hal. »Von der Gefolgschaft zu borgen? Du weißt, dass ich mich dort um eine Machtposition bemühe, aber ich besitze noch nicht ihr volles Vertrauen. Bist du vielleicht eine so schlechte Händlerin, dass du glaubst, sie sollten mir entgegenkommen?«
»Warum seid Ihr so böse auf mich? Mylord, Ihr habt mich hierher gerufen! Ich kam, um Euch zu helfen!«
»Du hast mich in Verlegenheit gebracht! Du hast mich wie einen unfähigen Narren aussehen lassen. Morenia hat keinen Platz für eine sogenannte Gildemeisterin, die es nicht einmal versteht, mit ihrem König zusammenzuarbeiten.«
Gildemeisterin. Rani begann die wahre Bedrohung hinter dem Gerede zu begreifen, das Hal gehört hatte. Er brachte dies alles mit der Glasmalergilde in Verbindung – das Feuer, die Krankheit, seine Ängste um sein Königreich. Er würde all seine Frustrationen, all seine Hoffnungslosigkeit an ihrem Traum auslassen, an einem Traum, der so fern war, dass sie erst noch den ersten Schritt tun musste, nämlich den Rang einer Gesellin zu erreichen. Zorn überkam sie.
»Es war nicht meine Absicht, Euch in Verlegenheit zu bringen, Euer Majestät.«
»Absicht oder nicht, du hast es getan. Das habe ich nun davon, dass ich dachte, eine die Kasten wechselnde Händlerin würde mir bei Verhandlungen helfen.«
Heiße Tränen drohten Ranis Wangen zu benetzen. »Ihr habt kein Recht, mich zu beschimpfen, Euer Majestät. Ihr habt kein Recht, die Entscheidungen in Frage zu stellen, die ich in der Vergangenheit getroffen habe – Entscheidungen, die der Krone zugutekamen. Ich habe Euch geholfen, und ich werde es wieder tun, wenn die Glasmalergilde wieder aufgebaut ist.«
»Wenn die Glasmalergilde wieder aufgebaut ist! Was glaubst du, wie ich dafür bezahlen soll, Rani? Was glaubst du, wie ich ein Gildehaus und Meister und das edelste zarithianische Glas bezahlen soll? Oder hattest du vor, auch das der Kirche abzuschmeicheln? Oder vielleicht hattest du vor, mich mit der Gefolgschaft zu hintergehen und sie zu bitten, für deine Gilde zu bezahlen! Geht es bei alledem darum?«
Die Anschuldigung entsetzte Rani. »Ihr seid verrückt! Ist das wirklich das, was Ihr von mir denkt, Halaravilli? Glaubt Ihr ernsthaft, ich würde die Glasmalergilde der ersten Gruppe feilbieten, die reich genug ist, mir ein Haus zu bauen?«
Hals Augen funkelten sie hitzig an. »Ich weiß wirklich nicht, was ich noch denken soll, Ranita Glasmalerin.«
Sie hatte den Raum schon durchquert, bevor sie seine Worte bewusst hörte. Ihre Hände lagen auf dem eisernen Türriegel. Sie bemerkte den Hohn bei seinem letzten Wort, die Verachtung, die er für ihren Namen empfand, für sie empfand. Sie wollte sich umwenden, wollte noch eine Frage stellen, aber sie wurde von der verbitterten Stimme des Königs aufgehalten: »Vielleicht hatte mein Vater doch Recht. Vielleicht musste er die Glasmalergilde zerstören. Vielleicht musste er sie Stein um Stein vernichten, um Morenia zu beschützen.«
Ranis Zorn war physischer Natur und bebte in ihrer Magengrube. Sie zog mit aller Macht an dem Türriegel, ließ die Eichenplanken gegen die Wand krachen. Dann lief sie durch den Vorraum, an Farsobalinti und Mair vorbei, die erstaunt aus ihrer Umarmung hochfuhren, sowie an den beiden zurückkehrenden Priestern, die sie erschrocken anblickten. Sie hob die Röcke an wie ein Kind und floh durch die Palastgänge, nahm jeweils zwei Stufen auf einmal zu ihrem Turm hinauf, bis sie in Sicherheit war, sicher hinter einer weiteren Eichentür.
Wie konnte er es wagen?
Wie konnte Hal sie zu diesem Abendessen zerren, sie in Verhandlungen zwingen, nur um sie zu verraten? Wie konnte er es wagen anzudeuten, dass sie sich an die Gefolgschaft: verkaufen würde, ihre Gilde an die Gefolgschaft verkaufen würde? Wie konnte er es wagen zu glauben, dass sie sich von ihm abwenden würde, sich von der Kirche abwenden würde, ihn im Stich lassen würde?
Wie konnte er es wagen?
Erst als sie sich die Rubinkette herabgerissen hatte, erst als sie das Trauerband von ihrem Ärmel gezogen hatte, zwang sie sich, sich an den Tisch zu setzen, auf dem feuerrote Glaswaren ausgebreitet waren. Sie setzte sich auf ihren Stuhl und legte die Hände auf das Buch, das sie studiert hatte. Sie versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren, versuchte, ihr Können zu ermessen, versuchte, sich davon zu überzeugen, dass sie genug
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