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Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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»Mylord, wenn Ihr nur einen Moment nachdenkt…«
    »Ich denke jeden Moment nach. Ich denke, dass der Kirche nichts besser gefiele, als wenn die Krone ihren Verbindlichkeiten nicht nachkäme. Ich denke, dass die Priester es gerne sehen würden, wenn ich meine erste Rückzahlung nicht leisten könnte, wenn ich meine erste wucherische Rückzahlung morgen nicht aufbringen könnte. Ihr würdet kummervoll den Kopf schütteln, und Ihr würdet über die Schmach seufzen, aber Ihr würdet dennoch meine Macht übernehmen.«
    »Sire…«
    »Aber«, fuhr Hal fort, ohne sich von Dartulamino unterbrechen zu lassen, »das ist nichts verglichen damit, wie diebisch Ihr Euch freuen würdet, wenn ich die Gefolgschaft nicht bezahlen könnte. Ich verstehe immer noch nicht genau, welche Prüfung die Gefolgschaft: mir auferlegt, Vater, was sie mit den Goldbarren zu tun beabsichtigt, die ich bezahlen werde. Ich kenne jedoch die Macht der Gefolgschaft – die Macht ihres Versprechens. Die Macht ihrer Drohung. Die Macht des Königlichen Pilgers. Ich werde die Forderungen der Gefolgschaft erfüllen und stärker werden, wenn ich gebe. Ihr wollt mich vielleicht nicht als Rivalen, aber Ihr werdet mich nicht vertreiben, Dartulamino. Ich kenne meine Verbindlichkeiten, und ich beginne, mein Potential zu begreifen.«
    »Euer Potential ist verloren, wenn Ihr Euch Liantine ausliefert, wenn Ihr Euch an die Gehörnte Hirschkuh verkauft.«
    »Ich verkaufe mich an niemanden. Ich kämpfe mit allen angemessenen Mitteln darum, das, was mir gehört, zu bewahren. Und wenn das erfordert, eine liantinische Prinzessin auf einer Holzplattform am Rande eines geweihten Hains zu heiraten, dann werde ich das tun. Wenn ich mich vor einer Gehörnten Hirschkuh hinknien muss, dann werde ich das tun. Wenn ich eine Kindbraut auf ein Bett aus geweihten Fichtenzweigen legen muss, dann werde ich das tun. Ich werde Morenia nicht aufgeben, Dartulamino. Ich werde Euch mein Königreich nicht kampflos überlassen!«
    Bevor der Heilige Vater antworten konnte, öffnete sich die Zeltklappe, und Teheboth Donnerspeer trat geduckt ein. Der König von Liantine wirkte wie ein angreifender Krieger – er hatte seine prachtvolle Seide gegen Lederreitkleidung in Grün und Silber eingetauscht. Sein Bart war mit Stücken durchbohrten Geweihs durchflochten, sein Haar war streng zurückgekämmt und wurde im Nacken von einem phantastischen Bronzemedaillon gehalten, das wie die stilisierte Gehörnte Hirschkuh geformt war, die er vor Monaten auf Hals Stirn gemalt hatte. Er hielt einen wuchtigen Speer in einer Hand, ein uraltes Zeichen seines Hauses, an dessen Spitze tödliches Eisen glänzte.
    »Verzeiht, Mylord«, sagte Teheboth, der kaum einen Blick für den Heiligen Vater erübrigte. »Man sagte mir, Ihr betet.«
    »Das habe ich«, erwiderte Hal, weigerte sich aber, weiter darauf einzugehen. Sollte der Liantiner sich doch fragen, wie Gefolgsleute der Tausend Götter beteten.
    »Dann vertraue ich darauf, dass Ihr die spirituelle Anleitung gefunden habt, die Ihr benötigt«, sagte Teheboth nach nur einem Moment des Innehaltens. »Unser Volk wartet darauf, Zeuge der Vereinigung unserer Häuser zu werden.«
    Hal nickte und legte sich den karmesinroten Umhäng um die Schultern, wobei das prächtige Kleidungsstück selbst in dem trüben Licht glänzte, das durch das Zelt sickerte. Er hielt einen Moment inne, griff in das Holzkästchen, das der Knappe ihm nun reichte, und nahm eine schwere Kette ineinander verflochtener Js hervor. J für Jair. J für Verteidiger des Glaubens.
    Er wandte sich zu Dartulamino um. »Vater? Wollt Ihr mir helfen?«
    Hal beobachtete, wie der Heilige Vater seine Möglichkeiten abwog. Der Mann könnte die Amtskette nehmen. Er könnte Hal die goldenen Js um den Hals legen. Er könnte der Hochzeit seinen Segen geben, der Vereinigung Morenias und Liantines.
    Oder er könnte sich weigern. Ohne Erklärung bezüglich der Gefolgschaft, ohne die Menschen seine Gründe wissen zu lassen. Er könnte sein heiliges Gefolge nehmen und König Halaravilli im Stich lassen.
    Dartulamino war kein Narr. Er begriff die Welt der Politik. Er seufzte, trat vor und nahm die goldene Kette an. Keinerlei Regung zeigte sich auf seinem fahlen Gesicht, als er sagte: »Im Namen all der Tausend Götter, Sire.« Er hob die Halskette über Hals Kopf. »Im Namen des Ersten Pilgers Jair.«
    »Im Namen Jairs«, murmelte Hal und nahm die stille Herausforderung an. Dartulamino hätte als der Heilige Vater nachgeben

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