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Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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ihrer Schwestern. Andere weigerten sich, sich um neue Säcke zu kümmern, weigerten sich, diese kostbaren Säcke zu drehen und sie zu flicken, wenn ihre Seide zerriss. Wieder andere Octolaris ließen ihre eigenen ungeschlüpften Jungen im Stich, begünstigten einen neuen Sack auf Kosten des alten.
    Mareka konnte nicht wissen, wie ihre Spinnen reagieren würden, aber sie durfte die Hunderte zukünftiger Jungspinnen nicht ohne den Versuch sterben lassen, sie zu retten. Sie musste den verwaisten Eiersack in den Käfig einer lebenden Spinne legen. Und um das zu tun, musste sie eine lebende Spinne handhaben. Darum hatte sie den Octolarisnektar verzehrt.
    Es war an der Zeit.
    Erstens, binde deine Ärmel hoch, nimm die überzählige Seide auf, welche die Spinnen ängstigen könnte.
    Zweitens, bedecke deine Handgelenke mit Spinnenseidestreifen, wickele die Bänder darum, um dich vor Bissen von springenden Octolaris zu schützen.
    Drittens, schirme direktes Sonnenlicht ab, nähere dich dem Käfig ohne blendendes Licht und in voller Sicht auf jede Bewegung der Spinne.
    Viertens, sing die Hymne, den tröstenden Gesang, der die meisten Octolaris in Selbstzufriedenheit hüllt.
    Fünftens, verbeuge dich vier Mal, um der Spinne eine Chance zu geben, dich zu erkennen. Beim ersten Mal liebkoste sie ihr Spinnenseidegewand.
    Sechstens, rüttele an dem Riberryzweig, um die Spinne aus ihrer Felsenhöhle zu treiben.
    Siebtens, vollende die Einstimmung, verschränke deine Finger in dem komplizierten Muster, das Dominanz, nicht Beute signalisiert.
    Achtens, verzehre bei brütenden Weibchen den Nektar.
    Eins, zwei, drei, vier. Fünf, sechs, sieben, acht.
    Sie war bereit, sich der brütenden Spinne zu nähern.
    Der Eiersack war kühl und leicht klebrig, als sie ihn aus dem verlassenen Spinnenkäfig nahm. Sie übertrug ihn sacht von einer Handfläche zur anderen, kurzzeitig von der Magie des Octolarisnektars behindert. Der Sack zog ganz leicht an ihrer Haut, zupfte daran, als wäre sie eine gespannte Laute.
    Als sie den neuen Spinnenkäfig öffnete, nahm sie sich Zeit, stellte den hölzernen Deckel übertrieben vorsichtig auf die Bodendielen. Selbst mit ihrer verstärkten Sehkraft, selbst mit ihrer silbernen Sicht brauchte sie einen Moment, um die lebende Spinne im neuen Käfig zu finden. Das brütende Weibchen kauerte über ihrem eigenen Eiersack-Gelege.
    Natürlich war die Spinne nervös. Natürlich wusste sie, dass etwas Katastrophales geschehen war. Eine ihrer Schwestern war heute Morgen verbrannt worden. Die Spinne schmeckte den Tod in der Luft des Raumes.
    Mareka begann erneut, die Octolaris-Hymne zu summen, dehnte die beruhigend-tröstlichen Noten aus. Die Octolaris würden Worte niemals verstehen. Stattdessen reagierten sie aus Angst – Angst, dass sie von den Flammen bedroht würden, die ihre Schwester verschlungen hatten. Mareka sang ihre Hymne, konzentrierte sich auf Gedanken an Sicherheit, an seligen Schutz. Sie ließ Trost in den Gesang einfließen, der durch ihre Kehle summte.
    Die Spinne reagierte auf ihren Gesang. Mareka zwang ihre Finger stillzuhalten, flach zu bleiben, auch wenn Energie durch ihre Adern pulste. Die Octolaris sprang auf ihre Handfläche und streckte ein Bein über den Spalt zwischen Marekas Handflächen. Ein Bein, und dann ein weiteres, versuchsweise, prüfend, vorwärtsgehend. Mareka spürte, wie sich der angeschwollene Bauch bewegte, spürte, wie sich die Spinne auf den fremden Eiersack zubewegte. Mareka glaubte lange Zeit, sie würde versagen. Die Spinne kauerte da, hing über beiden Handflächen des Lehrlings. Doch als Mareka die Hoffnung fast aufgegeben hatte, bewegte sich die Spinne. Sie zog sich vorwärts, bis sie den Eiersack mit den Vorderbeinen aufnehmen konnte. Sie wandte das seidene Geschenk um und um, hob den Sack an ihre Ansätze, als könnte sie ihre tote, entschwundene Schwester riechen. Und dann schob sie den Eiersack unter ihren Körper, an ihren beiden mittleren Beinpaaren vorbei zum letzten Paar.
    Tränen wallten in Marekas Augen auf, als die Spinne von ihren Spinndrüsen Seide auszustoßen begann. Die Octolaris hatte die Eier als ihre eigenen angenommen. Mareka genoss die Berührung der Spinne an ihren Händen in vollen Zügen. Sie konnte es kaum ertragen, sich zu bewegen, ihre Hände wieder auf die Erde am Boden des Spinnenkäfigs zu legen. Sie stöhnte, als die Spinne von ihren Handflächen herabsprang, als sie unter dem Riberryzweig hindurch wieder unter ihren Stein kroch. Mareka

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