Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin
seufzte, als die Spinne den neuen Eiersack ihrer alten Horde hinzufügte, und legte den Deckel wieder auf den Käfig.
Sie konnte die Octolaris kontrollieren. Sie konnte eine neue Linie von Spinnen züchten, neue Seidenproduzenten. Sie könnte sie ertragreich machen, die Gilde – und sich selbst – reich machen. Noch größeren Reichtum herbeischaffen, als Jerusha versprochen hatte, mit ihrem letztgeborenen Prinzen und ihrem sturen, an die Hirschkuh gebundenen Haus Donnerspeer. Jerusha. Diese ränkeschmiedende Hexe lag wahrscheinlich gerade jetzt in den königlichen Gemächern auf der faulen Haut und tat ihr Bestes, ihr Prinzchen ins Bett zu locken. Jerusha sollte besser bis zur Mittwinter-Versammlung schwanger sein. Ein Erbe des Prinzen wäre die einzige Möglichkeit für dieses bedauernswerte Wesen, ihren anhaltenden Wert für die Gilde zu beweisen.
Nicht dass Mareka nicht dasselbe tun könnte – schwanger werden.
Tatsächlich könnte Mareka es noch besser machen. Hätte sie bei dem liantinischen Dummkopf auch nur eine kleine Chance bekommen, hätte sie Olric für sich eingenommen und einen der Gilde zu bezahlenden Brautpreis gefordert. Nun, Olric war verloren, aber es gab noch andere Möglichkeiten. Mareka könnte sich nach Höherem als nur einem Prinzen umsehen. Sie könnte einen König mit ihrem Netz einfangen. Es gab Geschichten über die Macht des Octolarisnektars, Gerüchte über die Kraft des Giftes, selbst unter der Gilde fremden Menschen…
Mit einem raschen Blick, um sich zu versichern, dass alle ihre Octolaris in Sicherheit waren, ergriff Mareka ein Umhängetuch und eilte aus der Tür. Der Octolarisnektar pochte noch durch sie hindurch, aber sein Ruf wurde allmählich leiser. Ihre Armbänder ließen noch immer Hitze durch ihren Körper strömen, und sie zählte noch immer ihren Pulsschlag unter den um ihre Handgelenke gewickelten Schutzstreifen. Nun war sie sich jedoch sicher, dass die Berührung der elektrisierten Spinnenseide Vergnügen und nicht Schmerz war. Sie stellte sich vor, wie die Lippen eines Mannes, die Lippen eines Königs, über die fest gewickelten Streifen strichen. Sie konnte die zitternde Berührung von Halaravillis Zunge spüren, als er von ihrer eingebundenen Haut trank.
Während Mareka die Gänge durchquerte, beschwor sie weitere Bilder von König Halaravilli herauf. Gewiss, der König erschien sanftmütig, mit seinen wohlerwogenen Worten und seiner starren Liebenswürdigkeit. Sie dachte jedoch an das, was sie ihn lehren konnte, an die Lektionen, die sie bereits von dem beharrlichen Lehrer, von ihrem Octolarisnektar, gelernt hatte. Sie konnte ihn, zum Beispiel, in den richtigen Gebrauch seiner langen Finger einweisen, in…
Sie hielt am Eingang der Räume des Gast-Königs jäh inne. Die Tür war fast zugezogen, als hätte jemand sie schließen wollen. Das Holz hatte sich beim kürzlichen Regen leicht verzogen, so dass sich die Tür nicht vollständig geschlossen hatte. Mareka schlich zur Schwelle und hielt den Atem an, um das Gespräch im Raum besser hören zu können.
Zwei Stimmen. Eine war Halaravillis. Der Tonfall sandte einen Schauder ihr Rückgrat hinab, und eine Hitzespur strömte von dem Netz in ihr aus. Oh, welche Reichtümer sie ihrer Gilde zurückbringen könnte!
Die andere Stimme gehörte diesem Weibsbild, Rani Händlerin. Der König und seine Untertanin waren aufgebracht. Ihre Stimmen waren erhoben. Der Nektar schärfte Marekas Hörvermögen noch immer. Sie konnte klare Worte erkennen, wo andere vielleicht nur den Tonfall eines Streits vernommen hätten.
»Ich will nichts davon hören«, sagte Halaravilli.
»Ihr habt nichts dazu zu sagen! Versteht Ihr nicht? Ich kann von ihnen lernen. Ich kann das Wissen ansammeln, das ich brauche, um die Glasmalergilde wieder aufzubauen. Ich kann zur Gesellin aufsteigen! Das ist jetzt wichtiger, Mylord. Wichtiger, wenn Ihr für die Gefolgschaft ein Vermögen aufbringen wollt.«
Die Gefolgschaft? Mareka wusste nicht, was Rani Händlerin meinte.
»Rani, ich brauche dich hier. Du kannst nicht mit einer Truppe umherziehender Gaukler davonreiten wie ein betrunkener Pilger am Feiertag!«
Die Stimme des Mädchens wurde leiser, als sie antwortete. »Mylord, als Ihr mich batet, mit nach Liantine zu kommen, versprach ich Euch meine Hilfe. Ich versprach Euch, dass ich eine Strategie finden würde, wie Ihr um Eure Braut werben könntet. Aber Ihr habt selbst gesagt, dass sich König Teheboth nicht mit mir treffen will. Ihr braucht
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