Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 03 - Die Wanderjahre der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
Vom Netzwerk:
wölbte. Sie begann zu sprechen, brach ab und begann erneut. »Also gut. Sie kann bleiben.« Flarissa deutete mit dem Kopf auf einen niedrigen Stuhl, der neben dem Fenster stand. »Setz dich, Ranita. Mach es dir bequem, damit du das Hypnotisieren nicht unterbrichst.«
    Rani folgte der Aufforderung, durchschritt den Raum und ließ sich rasch nieder. Sie versuchte, sich unsichtbar und unhörbar zu machen, versuchte sogar, ihren Blick nicht von Crestman zu Flarissa hin und her zucken zu lassen. Sie lauschte, während die Gauklerin die Kunst des Hypnotisierens erklärte. Rani beobachtete, wie Flarissa einen einzelnen Perlenohrring aufnahm und den Schmuck auf eine Goldkette auffädelte. Sie sagte Crestman, er solle sich auf einem großen Polster neben der Feuerstelle niederlassen, und wartete, bis er es sich bequem gemacht hatte.
    »Sehr gut, Crestman«, sagte Flarissa. »Denk daran, du brauchst mir nichts zu erzählen, was du geheim halten willst. Wenn du irgendwann aufhören möchtest, kannst du die Augen öffnen und davongehen. Verstehst du?«
    »Ja.«
    »Gut. Schau auf die Perle, und denk an den wichtigsten Tag deines Lebens zurück. Denke. Entscheide. Erwähle die Geschichte, die du erzählen wirst.« Flarissa wartete mehrere Herzschläge lang. »Siehst du es? Siehst du die Geschichte, die du erzählen wirst?«
    »Ja.« Crestmans Stimme klang so laut, dass Rani zusammenzuckte. Sein Blick zuckte von der Perle zu ihrem Gesicht. Die Bewegung bewirkte, dass die weiße Narbe auf seiner Wange hervorstach.
    »Schau auf die Perle, Crestman«, sagte Flarissa. »Schau auf die Perle, und erinnere dich an deine Geschichte. Erinnere dich an den Tag. Wie alt warst du an jenem Tag?«
    »Fünfzehn.« Das einzelne Wort klang im Gegensatz zu Flarissas honigsüßem Tonfall schroff und rau. Er räusperte sich und sagte erneut: »Fünfzehn.«
    »Sehr gut, Crestman. Entspanne dich. Atme ein. Atme aus. Schau in die Perle. Denke an jenen Tag zurück. Du kannst ihn in der Perle widergespiegelt sehen. Atme ein. Atme aus. Wenn du willst, kannst du die Augen schließen.«
    Crestman hielt die Augen offen, betrachtete intensiv und ohne zu blinzeln die Perle.
    »Entspanne dich, Crestman. Konzentriere dich. Lass dich auf deine Geschichte ein. Atme ein. Atme aus.«
    »Ich atme!«
    »Beruhige dich. Konzentriere dich. Betrachte dies als eine Ausbildungsübung, eine Chance, dein Können zu erweitern.«
    »Ich kann das nicht tun!«
    »Du kannst, Crestman, wenn du es dir erlaubst. Erlaube dir, in deinen Gedanken zu reisen. Schau auf die Perle. Sieh dich mit fünfzehn. Schau, was du trugst. Erinnere dich, wie du dich fühltest.«
    »Das wird niemals funktionieren!« Crestman sprang auf und zwang die Gauklerin, sich jäh zurückzulehnen. »Ich lasse mich nicht von Euren leisen Worten und Euren Perlen verhexen!«
    »Crestman!«, rief Rani aus und sprang ebenfalls auf.
    »Nein! Ich werde mich nicht hypnotisieren lassen! Ich werde auf andere Weise mehr über das Kleine Heer erfahren!«
    Bevor Rani etwas sagen konnte, bevor sie ihn auch nur ansatzweise bitten konnte, zurückzukommen und es erneut zu versuchen, machte er auf dem Absatz kehrt. Er riss die Tür auf und verweilte noch einen kurzen Augenblick auf der Schwelle, bevor er die Tür dann geräuschvoll hinter sich schloss.
    »Es tut mir leid«, begann Rani. »Flarissa, ich hätte nie gedacht, dass er…«
    Bevor sie ihre Entschuldigung beenden konnte, öffnete sich die Tür wieder. Rani wirbelte in der Erwartung herum, Crestman zu sehen, aber beim Anblick eines lächelnden Fremden wurde sie schlagartig still.
    »Ein weiterer zufriedener Kunde verlässt das Herdfeuer der Gauklerin?« Der Mann durchquerte den Raum mit vertrauter Unbekümmertheit.
    »Verspotte mich nicht, Tovin.« Flarissas Stimme enthielt eine ganz leise Warnung, aber ihre Verärgerung wurde rasch erstickt. Sie wandte sich zu Rani um. »Einige Leute sind nicht in der Lage, sich von uns hypnotisieren zu lassen. Einige können den Weg zurück in ihre Geschichten nicht finden. Du kannst deinem Freund sagen, dass ich bereit bin, es ein anderes Mal erneut zu versuchen. Vielleicht wenn er gelernt hat, uns mehr zu vertrauen.«
    Der Mann – Tovin – grinste und sagte: »Oder vielleicht solltest du es einen anderen Gaukler versuchen lassen. Einige sind besser darin, Geschichten hervorzulocken, als andere.«
    »Lady Flarissa war brillant darin, mich zu hypnotisieren«, antwortete Rani hitzig, denn sie fühlte sich dazu herausgefordert, die

Weitere Kostenlose Bücher