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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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sich der schweigenden Unterhaltung zwischen Hal und Rani offensichtlich unbewusst. »Die Götter haben gesprochen. Sie sind erfreut, dass Ihr mich nach Brianta begleiten werdet.«
    »Sie sind…«, begann Rani, aber Berylina fuhr fort.
    »Ich wurde berufen, wisst Ihr. Die Tausend haben mir befohlen, ins Heimatland des Ersten Pilgers Jair zu reisen. Ich soll die vollständige Pilgerfahrt unternehmen, damit ich die Stimmen der Götter ungestört vernehmen möge.«
    Ranis Gedanken rasten. Hal hatte nicht mit ihr gesprochen, hatte nicht die Zeit gefunden, ihr seine Befehle direkt zu erteilen, und doch hatte er sie mit der Prinzessin geteilt. Er hatte den Geheimnissen der liantinischen Frau sowie ihren heimlichen Plänen gelauscht, den Wahrheiten, welche die Götter ihr zuflüsterten, wenn sie im Gebet kniete. Hal befahl Rani zu handeln, etwas zu tun, wozu sie nicht bereit war, alles auf der Grundlage der Visionen der Prinzessin.
    Noch während Rani der Zorn bitter in die Kehle stieg, registrierte sie die restliche Botschaft Berylinas. Das Mädchen würde eine vollständige Pilgerfahrt unternehmen. Jeder Morenianer wünschte sich, ein Mal in seinem Leben eine solche Reise unternehmen zu können, solch eine großartige Verkündigung des Glaubens. Ranis Bruder, Bardo, hatte geplant, nach Brianta zu reisen. Die Familie hatte für seine Pilgerfahrt gespart, hatte Silbermünzen aus ihrem Laden beiseitegelegt. Aber jene Münzen waren stattdessen der Glasmalergilde ausgehändigt worden, hatten Ranis Weiterkommen erkauft.
    Ranis Eintritt in die Gilde hatte alle Hoffnungen Bardos zerstört. Er hatte auf seine Art dagegen rebelliert, hatte verborgenen Rat gesucht, hatte in seiner Geburtsstadt unheilvolle Verbündete gefunden. Hätte Bardo nach Brianta reisen können, hätte er sich vielleicht niemals mit der üblen Bruderschaft eingelassen. Er hätte vielleicht weiterhin im Händlerviertel gelebt und gearbeitet. Er hätte vielleicht das Familiengeschäft geführt, die Händler innerhalb ihrer Kaste zu Reichtum und Ruhm geführt. Er hätte vielleicht gelebt.
    Und nun schlug Berylina vor, diese Reise zu unternehmen, die Bardo versagt geblieben war, mit allem Reichtum und Prunk einer Prinzessin nach Brianta zu reisen…
    »Ich wünsche Euch eine sichere Reise, Euer Hoheit«, brachte Rani mühsam hervor und hob zornig eine Hand, um die Tränen fortzuwischen, die irgendwie auf ihren Wangen erschienen waren.
    Berylina sah sie an und schaute wieder fort, ihre Augen so flink wie Schwalben bei Sonnenuntergang. Sie umklammerte ihr einfaches, grünes Gewand, das Caloyakleid, das sie als eine glühende Anbeterin der Götter kennzeichnete. »Ich…«, begann sie, aber sie verlor sich in ihrer früheren Schüchternheit, konnte sich nicht dazu bringen, zusammenhängende Worte zu äußern.
    Hal trat näher heran, trat zwischen Rani und Berylina. Die Bewegung führte ihn zu nahe heran, als dass sich Rani dabei hätte behaglich fühlen können. Sie bekämpfte den Drang zurückzuweichen. »Prinzessin Berylina hat sich auf der Straße nach Brianta gesehen, wo sie stolz den Tausend Göttern dienen wird. Sie hat auch dich gesehen, Rani, wie du Lor und Clain und den Ersten Pilger Jair selbst ehrst.«
    »Sire…«
    »Wir fühlen uns geehrt, dass du diese Pflicht annimmst, Ranita Glasmalerin.« Der königliche Befehl war unmissverständlich – Hal benutzte den traditionellen Plural. Er nannte sie bei ihrem Gildenamen. Er sprach hier zu ihr, in der Seidenhalle, wo sie ihren Befürchtungen keinen Ausdruck verleihen konnte. Wo sie sich nicht weigern konnte.
    »Die Götter haben gesprochen«, verkündete Berylina mit dem einfachen Zutrauen eines Kindes, entstieg ihrem Strudel der Schüchternheit lange genug, um Rani ein vertrauensvolles Lächeln zuzuwerfen.
    »Euer Hoheit«, sagte Rani, und es gelang ihr kaum, ihren Tonfall gleichmütig, ihre Worte geduldig klingen zu lassen. »Ihr versteht nicht. Ich habe hier andere Arbeit zu tun.«
    »Schade, Mylady«, sagte die Prinzessin, und ihre leise Stimme vermittelte wahren Kummer, der über ihr Alter hinausging. »Ich fürchte, Ihr versteht nicht. Clain hat zu mir gesprochen. Wenn Ihr jetzt nicht nach Brianta reist, werdet Ihr in Eurer Gilde niemals die Oberhand erringen. Ihr werdet Eure Glasmaler niemals nach Morenia zurückbringen.«
    Rani wandte sich zu Hal um, hielt ihn mit zornigem Blick fest. Er hätte in seinem Stundenplan doch gewiss Zeit finden können, ihr seinen Befehl mitzuteilen. Er musste gewusst

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