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Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 04 - Die Prüfung der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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auf, bekräftigten Ranis Schwur. »Ich werde Euch beschützen, Berylina Donnerspeer, oder bei dem Versuch sterben.«

 
    10
     
     
     
    Rani blinzelte, als sie das Gefängnis verließ. Wie konnte die Sonne noch immer am Himmel stehen, der Staub sich noch immer im Hof wölben? Wie konnten Pilger noch immer hin und her laufen, ihre Gewänder zurechtzupfen, ihre Tausendspitzigen Sterne betasten? Wie konnte alles das Gleiche sein?
    Sie schaute zu Pater Siritalanu, aber der Priester mied ihren Blick. Der Mann hatte in Berylinas Räumen seine persönlichen Götter angerufen, hatte gefordert, dass die Prinzessin erklären sollte, was geschehen war, welche Kräfte sie heraufbeschworen hatte. Berylina hatte nur matt gelächelt und Ranis Gewand enger um ihren noch immer bleichen Körper gezogen. Dann hatte die Prinzessin sie beide entlassen, hatte behauptet, sie müsse über das meditieren, was geschehen war, die Botschaft der Götter und die Lektionen studieren, die sie aus der Hypnose entnommen hatte. Kein Protest des Priesters konnte ihre Meinung ändern.
    Rani zitterte auf den Gefängnisstufen. Sie hatte ihr Gewand bei Berylina gelassen, obwohl sie ihren Umhang zurückgenommen und ihn über ihr Hemd geschlungen hatte. Sie sollte in Brianta nicht frieren. Sie sollte unter der Wüstensonne nicht durchgefroren sein.
    Ihr Magen rebellierte, und sie erinnerte sich, dass sie seit dem Löffel voll klumpigem Haferbrei, den Larinda ihr heute Morgen bei ihrer Ankunft im Gildehaus gestattet hatte, nichts mehr gegessen hatte. Larinda schwelgte in der Macht, die Meister Parion ihr gegeben hatte, suchte nach Möglichkeiten, Rani mit ihrer traurigen Vergangenheit zu quälen. Jeden Morgen forderte die Gesellin von Rani, dass sie den Haferschleim anrührte, wie sie es vor Jahren getan hatte, als Cook die Küche kontrollierte.
    Rani hatte erwogen, sich zu weigern, aber sie wusste, dass ihr Ungehorsam Meister Parion berichtet würde. Sie konnte es sich nicht leisten, dem Gildemeister jetzt zu trotzen. Nicht, wo ihre Prüfung so nahe bevorstand. Nicht, wenn seine Befehle so deutlich waren. Nicht, wenn sie freiwillig zugestimmt hatte, nur im Gildehaus zu essen und von Larinda Glasmalerin in alle Gildeangelegenheiten eingebunden zu werden.
    Rani seufzte. Sie war eine Närrin. Die Götter regten sich in Brianta, und sie ließ sich von einer Rivalität ablenken, die schon über ein Jahrzehnt währte.
    Ihre Unzufriedenheit wurde jedoch zu wahrer Sorge, als sie darüber nachsann, was Tovin über die Entwicklung dieses Nachmittags sagen würde. Er hatte ihr niemals ausdrücklich gesagt, sie dürfe keine Hypnose leiten, aber er würde gewiss erwarten, dass sie nicht ohne seine Erlaubnis handelte. Was würde er sagen, wenn er von Berylinas Forderung erfuhr? Wie „ ärgerlich würde er auf Rani sein, wenn er erfuhr, dass sie dieser Forderung nachgegeben hatte?
    Sie zögerte noch länger auf den Stufen, bis Glocken zu läuten begannen. Das Glockenspiel war charakteristisch – schrille Dreiklänge, die nur von einer Handvoll Tempel aufgenommen wurden. Pater Siritalanu legte den Kopf schief und sagte dann: »Bern.«
    Bern. Der Gott des Regens. Der Name berief für Rani eine sofortige Empfindung herauf – ihre Haut wurde von der Rauheit von Sand gestreift, als rolle sie an einem fernen Strand umher.
    »Pater!«, keuchte sie, noch während ihr Geist gegen die Unlogik der Berührung rebellierte. Regen? Sand? Warum sollten diese beiden in einer Empfindung vereint werden? War dies der Wahnsinn, der Berylina dazu getrieben hatte, ihr ganzes Leben lang so anders zu sein, der die Prinzessin in Liantine, in Morenia und jetzt hier in Brianta ausgegrenzt hatte?
    »Ich mochte nicht darüber sprechen«, sagte Pater Siritalanu. »Nicht hier. Nicht jetzt.« Er schaute zum Gefängnis hinter ihnen, und sein Stirnrunzeln schien zu besagen, dass die Mauern selbst Ohren hätten. Er eilte um die Ecke des Gebäudes, fort von der Tür, fort von den Wächtern.
    Rani folgte ihm, entschlossen, um Beistand zu bitten. Was geschah mit ihr? Berns Berührung war so deutlich wie eine Stimme, so sicher wie Regen in Zarithia. Was hatte Berylina mit ihr gemacht? Welcher Wahnsinn nahm Zugriff auf ihren Geist, ihre Haut, ihre Ohren, ihre Augen? Was war in dieser Zelle geschehen?
    Wie als Echo auf ihre Ängste, löste sich ein Pilger aus den Schatten am Fuß des Gebäudes und hinkte auf sie zu, als wäre er uralt oder schrecklich vernarbt. »Almosen«, flüsterte der Mann. »Almosen im

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