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Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
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Ausflug mit einem Turmfalken, der entkommen war. Rani war für den Vogel verantwortlich gewesen, hatte ihn aber nicht richtig zähmen können, hatte ihn nicht vor dem Angriff eines größeren Falken, eines grausameren Tieres, schützen können. Rani erschauderte in der vordringenden Finsternis des Waldes. Sie hatte auch Mair nicht beschützen können. Hatte ihre Freundin und deren Sohn nicht beschützen können.
    »Komm mit, Mair«, zwang sie sich zu sagen. »Gehen wir zum Lager zurück. Wir werden mit Hal reden, ihm sagen, was du erfahren hast. Wir werden herausfinden, was wir nun tun sollen. Außerdem wirst du dir dieses Bein verbinden lassen wollen, damit sich keine Entzündung darin ausbreitet.«
    »Es wird sich nich’ entzünden, Rai. Mach dir keine Sorgen.«
    »Mair, es ist ein tiefer Schnitt. Du hast dir hier wirklichen Schaden zugefügt.«
    »Ich hab mich schon tiefer geschnitten, Rai. Das Bluten treibt die Entzündung mit hinaus. Keiner meiner Schnitte hat sich entzündet.«
    »Keiner deiner Schnitte.« Ranis Herz verkrampfte sich in ihrer Brust. »Was meinst du damit, Mair?«
    Mair schaute erneut an Rani vorbei, lächelte dem schwarzen Seidenquadrat zu. Sie verwandelte ein aufsteigendes Lachen in einen summenden Laut und begann dann, ein Wiegenlied zu singen. »Still, süßer Sohn, und schlafe gut, neben dem Fluss, tief in dem kleinen Tal. Schlafe, mein Junge, und weine nicht. Schlafe langsam ein.«
    Die lieblichen Töne schwebten weich und sanft in der Luft. Rani erschauderte bei der Melodie, wohl wissend, dass es eine Melodie war, die von königlichen Kinderfrauen gesungen wurde, von adligen Frauen, die ihre Söhne trösteten. Keine Unberührbaren-Frau würde so singen. Kein Unberührbaren-Kind würde von jenen Worten getröstet. Das Lied war ebenso sehr eine Lüge wie das Leben, durch das sich Mair im Palast mühsam durchgeschlagen hatte.
    »Mair«, beharrte Rani. »Was meinst du mit ›keiner deiner Schnitte‹?«
    Noch immer vor sich hin summend, lächelte Mair Rani glückselig zu. Sie schüttelte den Kopf und verlagerte ihr Gewicht auf dem Felsvorsprung. Die Bewegung ließ ihre groben Röcke zu einer Seite gleiten, und Rani sah eine Reihe stark verschorfter Wunden das Bein ihrer Freundin hinauf verlaufen.
    »Mair!«
    »Rai.« Die Unberührbaren-Frau verwandelte die einzelne Silbe in so etwas wie eine Warnung.
    »Was hast du dir angetan?« Rani drehte sich der Magen um, während sie die Wunden betrachtete. Die ältesten waren zu hellen rötlichen Linien verheilt, schmale Narben, die unmittelbar oberhalb des Knies begannen. Der Schaden setzte sich jedoch fort, von rötlich zu tiefrot, und dann zu entzündetem Schorf, der wirkte, als hätten die Wunden erst kürzlich geblutet. »Mair, was hast du getan?«
    »Der süße Lar hat für mich geblutet, Rai. Ich hab ihm gesagt, er wär in Sicherheit, und ich hab gelogen. Ich blute jetzt für ihn. Ich bind ihn an mich. Ich bewahr ihn in meinen Gedanken.«
    »Oh, Mair.« Rani kämpfte gegen die Tränen des Zorns und der Enttäuschung an. »Er braucht es nicht, dass du dich schneidest. Er wusste, dass du ihn geliebt hast.«
    »Wie sollte er das wissen? Er war ein Baby, zu jung, um meine Worte zu verstehen. Er konnte sie hören, aber er konnte nich’ wissen, was sie bedeuteten.« Mair streckte eine Hand langsam zu dem neuesten Schnitt an ihrem Bein aus, zu demjenigen, den Rani gesäubert hatte, dessen Blutung sie schließlich gestillt hatte. Die Zunge zwischen den Zähnen, straffte Mair die Haut, zog sie auseinander, so dass der Schnitt erneut zu bluten begann.
    »Mair! Hör auf damit!«
    »Ich kann den Schmerz ertragen, Rai. Ein wenig Schmerz, um mich an den Sohn zu erinnern, den ich sterben ließ.«
    »Du hast ihn nicht sterben lassen!«
    »Ich hab ihn verlassen, als er mich am meisten brauchte.«
    »Du hast ihn bei einer Kinderfrau gelassen! Du dachtest, er wäre in Sicherheit! Du hast nichts falsch gemacht. Er wäre immer noch in Sicherheit gewesen, wenn…« Rani verschluckte die Worte, wusste aber, dass sich ihre Augen vor Entsetzen geweitet hatten. Nein. Nicht dieses Geheimnis. Nicht diese Worte, die niemals zu äußern sie geschworen hatte.
    »Wenn?«, fragte Mair, und ihre Augen hielten plötzlich Ranis Blick fest.
    »Ich weiß es nicht, Mair«, flüsterte sie und wünschte fieberhaft, verzweifelt, sie könnte ihre Worte zurücknehmen.
    »Wenn was, Rai? Laranifarso wäre in Sicherheit gewesen, wenn was geschehen wäre?«
    Rani entging die Tatsache nicht,

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