Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
Vorstellung. Wir werden Euch das nächste Mal wieder erfreuen. Aber nun müssen wir gehen.«
Der Gaukler schwenkte seinen Umhang, während er sich verbeugte, wobei der Schwung fast ebenso hinreißend war, wie das Stück amüsant gewesen war. Als er in die Schatten zurücktrat, rollten drei Maschinen auf die Bühne. Früher am Abend hatte Hal beobachtet, wie sich die Gaukler mit Davin berieten. Der uralte Erfinder hatte geholfen, die Truppe zu überreden, seine Spielzeuge zu benutzen, mit ihren Möglichkeiten zu experimentieren.
Die Maschinen rollten voran, angetrieben von einem Satz ineinander greifender Zahnräder, Rundstäbe und Pflöcke, die Davin aus herabgefallenem Holz im Wald gestaltet hatte. Eine Schutzhaube saß auf jedem Teil, welche die Arbeitsfunktion abschirmte und die wahre Antriebskraft verhüllte – eine Kurbelwelle, die unmittelbar neben der Bühne von Gauklertrupps kraftvoll in Drehung versetzt wurde.
Die zusehenden sarmonianischen Adligen verfielen in Schweigen, während die Geräte vorwärts krochen und ihre Holzteile in der Halle klapperten. Die Schutzhauben glitten alle gleichzeitig zurück und offenbarten geschnitzte, in bunten Farben gestreifte Pflöcke. Hal hörte einige Ausrufe, eine Anzahl geflüsterte Fragen, und dann kamen alle Kurbelwellen zum Stillstand. Die Maschinen blieben stehen, am Rande der Bühne erstarrt.
Hal schaute zu Davin, sah, wie sich die Lippen des alten Mannes in seinem langen, grauen Bart bewegten. Eins. Zwei. Drei.
Und dann gerieten die Maschinen wieder in Bewegung. Die mit Band umwickelten Pflöcke schnellten aus ihrer horizontalen Position hoch, und die Kraft trug Seidenbänder vorwärts, die über das Publikum strömten. Die Adligen schrien überrascht auf, und dann lachten sie, während sich weiche Seide auf dem Boden bauschte – glänzende Bänder in Kobaltblau und Karmesinrot und Topasfarben. Das Publikum brach in Applaus aus, stampfte mit den Füßen und brüllte sein Vergnügen heraus.
Hal hielt den Trick für gar nicht so gut, aber er war immerhin denkwürdiger als das Stück. Wenn er überlegte, konnte er sich an kein einziges Wort der Vorführung erinnern. Da waren ein Hütejunge und ein Hund gewesen – so weit erinnerte Hal sich. Die Sonne hatte auch eine Rolle gespielt, und eine Jungfrau, und ein dicker, wichtigtuerischer Bürgermeister aus einem tumben Bergdorf.
Die Morenianer applaudierten ebenfalls, aber ohne die sarmonianische Begeisterung. Es gab zu viele besorgte Zuschauer, zu viele Nordländer, die genau wussten, was der Aufführung folgen würde. Puladarati beobachtete die Gruppe Sarmonianer und nickte gelegentlich, während er langsam würdige Verbündete abzählte. Farso zählte weniger offensichtlich, aber er blieb angespannt an Hals Seite.
Nur Rani schien die Anerkennung der Menge um ihrer selbst willen zu ermessen, bemerkte, wer sich herabbeugte, um die Seidenbanner aufzuheben, wer sich vorbeugte, um Davins wundersame Maschinen zu betrachten. Vielleicht zählte sie ihren potentiellen Reichtum aus der Förderung solch erlesener Gaukler. Ihr Händlergeist musste selbst hier funktionieren, selbst jetzt, wenn der Moment der Konfrontation nahte.
Hatte Tovin sein Stück gut ausgewählt? Oder könnte Hamid sich als der dicke Bürgermeister verspottet fühlen? Könnte er etwas gegen die Darstellung politischer Macht einzuwenden haben?
Politische Macht. Niedertracht. Kämpfe in der Nacht.
Nein! Hal musste sich konzentrieren. Seine Gedanken durften nicht abwandern. Zu viel hing von dem ab, was als Nächstes gesagt würde, von den Bündnissen, die er anschließend an die Erzählung der Gaukler schmieden könnte. Seine Ohren dröhnten, als hätte er einen tiefen Schluck von Marekas Spinnennektar genommen, aber es gelang ihm, die rhythmischen Sprüche in eine kleine Ecke seines Geistes zu verbannen. Er zwang sich, einen mentalen Schlüssel umzudrehen, die Ablenkung der Verzweiflung fortzuschließen.
Stille. Dann war er bereit. Er war vorbereitet.
Auf der Bühne war Tovin auf ein Knie gesunken und hatte sich in ungewohnter Bescheidenheit vor Hamid verbeugt. »Euer Majestät«, sagte er, »wenn Euch unser Stück gefallen hat, möchte ich um eine Gefälligkeit bitten.«
»Eine Gefälligkeit?« Hamid stürzte sich auf die Bitte wie ein Adler, der einen Fisch aus einem Bergsee ergreift. »Über das Recht hinaus, Euch in meinem Wald niederzulassen, meint Ihr? Über das Recht hinaus, Euer Lager inmitten meiner Großen Lichtung zu
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