Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin
»Dies sind Symbole der Götter. Wir Südländer halten nicht viel von den Tausend, aber einige wachen über die Vorbereitung unserer Kräuter.«
»Wer?«, fragte Rani und wappnete sich für die Antworten.
»Mart.« Der Gott der Erde. Rani wurde vom Klang gluckender Hühner in ihren Ohren überrascht, aber sie war nicht so dumm, sich in der Hütte nach dessen Quelle umzusehen. »Mip.« Der Gott des Wassers übertönte die Hühner mit seinem Nachtigallengesang. »Gir.« Der Gott des Feuers blitzte über Ranis Sichtfeld, sein goldweißes Gewand strahlte in der Hütte. »Und Ralt.« Der Gott der Luft belegte Ranis Zunge mit dem Geschmack frisch gepressten Olivenöls.
Kella schien die Reaktionen ihrer Schülerin nicht zu bemerken. Sie legte ihre Hand auf den Rand des Mörsers. »Dieses Werkzeug ist sehr alt. Viele Hände haben seine Ränder ergriffen und die Zeichen abgenutzt, aber sie bieten noch immer Schutz und Segen.«
Rani nickte. »Und wenn die Altonrinde gemahlen ist?«
»Dann kann sie aufs Essen gestreut werden. Sie schmeckt hauptsächlich nach dem zu ihrer Vorbereitung verwendeten Rauch, weshalb sie am besten auf Fleischsorten gestreut wird.«
»Und ihre Wirkung?«
»Wenn eine Frau sie jeden Tag nimmt, eine Portion von der Größe des Nagels an ihrem kleinen Finger einnimmt, wird sie beim nächsten Mond einen Jungen bekommen.«
Rani fragte sich, ob Mareka von Altonrinde gehört hatte. War Marekanoran so empfangen worden? Hatte Hals lebender Erbe letztendlich so den Weg auf die Welt gefunden? »Und was berechnet Ihr für die Rinde?«
Kellas Augen glänzten, als wäre sie eine schlaue Händlerin auf Morens Marktplatz. »Eine Goldmünze. Der Preis ist nicht verhandelbar.« Die Kräuterhexe drehte den Kopf zur Seite. »Also hofft Ihr auf einen Jungen? Versucht Ihr, Eurem Mann einen Sohn zu schenken?«
Rani errötete, und dann verfluchte sie sich für diese Reaktion. »Nein. Keinen Sohn. Ich handele mit Wissen, nicht mit Kindern.«
Rani erkannte, dass sie diese Unterweisung auf ihr eigenes Ziel hinführen musste. So faszinierend sie die Kräuterkunde auch fand, sie war schließlich aus einem anderen Grund zu der Hütte gekommen. Sie musste den Weg zur Gefolgschaft finden. Bemüht, ihrer Stimme einen beiläufigen Ton zu verleihen, sagte Rani: »Es laufen viele Männer im Wald umher. Ein argloses, junges Mädchen könnte von ihnen überrascht werden.«
Kella wölbte eine Augenbraue. »Aber es gibt hier keine arglosen Mädchen, oder?«
Rani schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie bestimmt.
»Überhaupt keine.« Sie wartete darauf, dass sich Kella über die Fremden in ihrem Wald auslassen würde. Als die Kräuterhexe schwieg, unterdrückte Rani eine Grimasse und sagte: »Dann erzählt mir von anderen Bestandteilen Eurer Kunst. Was sind das dort drüben für Wurzeln?«
Kella spähte in die Ecke und betrachtete blinzelnd die erdverkrusteten Kugeln. Sie nickte vor sich hin, während sie sich erhob, und Rani konnte hören, wie sie im Geiste weitere Münzen abzählte. Die Hexe nahm ein Anmachholz und fügte es dem bereits auf dem Tisch liegenden hinzu. Zwanzig Kupferpennys. Ein fairer Preis dafür, die Gefolgschaft zu erreichen. »Ihr besitzt scharfe Augen«, sagte Kella schließlich. »Das sind Dämonenzähne.«
»Dämonenzähne?« Rani hatte noch nie davon gehört.
»Ja. Sie wachsen tief im Wald, neben fließendem Gewässer, wo eine Eberesche im Flussufer vermodert ist.« Die alte Frau kehrte zum Tisch zurück, wobei sie drei der erdigen Kugeln an ihren verwelkten Stielen hielt. Sie legte sie mit einem leisen Brummen vor Rani hin und zog sich eine Sitzbank heran.
Als Rani die Wurzeln betrachtete, dachte sie, sie würden sich bewegen, als wären die Pflanzen noch lebendig. Sie beugte sich näher heran und erkannte, dass die Bewegung von winzigen Würmern verursacht wurde, der größte nicht größer als eine Wimper. »Das ist ekelhaft!«, sagte sie, und ihr drehte sich der Magen um, als sie daran dachte, wie Rüsselkäfer gutes Getreide verdarben, wie Maden Fleisch fraßen.
»Das ist die Macht der Zähne«, sagte Kella mit grimmigem Lächeln. »Die Würmer fressen die Wurzeln und lassen ein schwarzes Pulver zurück. Hier«, sagte sie und deutete auf den feinen Staub, der sich über den geschrubbten Tisch ausbreitete. »Seht Ihr?«
»Und was tut Ihr damit?«
Kella musste den Abscheu in ihrer Stimme bemerkt haben, denn die Kräuterhexe schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Dies ist die
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