Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin

Titel: Die Gilden von Morenia 05 - Die Meisterschaft der Glasmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mindy L. Klasky
Vom Netzwerk:
reißen, sie der selbstsüchtigen alten Frau aus der Tasche zerren. Stattdessen ermahnte sie sich, die Kupferpennys als Mittel anzusehen, als Bezahlung für zukünftiges Wissen. Sie würde sich Kellas Schlauheit jedoch merken. Sie würde später die Lektionen anwenden, die sie hier lernte.
    »In Ordnung, gute Frau.« Sie wählte den amanthianischen Titel des Respekts. Kella erinnerte sie an eine andere alte Frau, der sie vor Jahren in den Soldatenlagern im Norden begegnet war. Rani hatte jedoch keine Zeit, sich auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Nicht solange es in der Gegenwart so viele Probleme gab. »In Ordnung«, wiederholte sie. »Zeigt mir die Altonrinde.«
    Kella streckte die Hände nach mehr Münzen aus, und Rani versagte sich zornige Worte. Sie verlegte sich auf die Gepflogenheiten eines Händlers. »Lasst uns ein Konto anlegen. Hier.« Sie grub in ihrer Lederbörse nach einer Handvoll Münzen. »Ihr könnt sehen, dass ich meine Schuld begleichen kann. Nutzen wir Zählstriche. Die Anmachhölzer eignen sich gut dafür. Legt eines auf die Tischkante. Ich werde den Hölzern gemäß zahlen.«
    Sie dachte, Kella würde widersprechen, würde Geld bar auf die Hand fordern, bevor sie irgendetwas mit Rani teilte. Letztendlich nickte die alte Frau jedoch nur mit zusammengekniffenen Augen. Gewiss heckte sie ihre Lektionen aus, plante alles, was sie dieser willigen Schülerin abnehmen könnte.
    »Altonrinde«, sagte sie schließlich. »Ich kratze sie am ersten Morgen nach dem Vollmond bei Sonnenaufgang von den jungen Bäumen. Sie löst sich in Platten und ist biegsam wie Pergament.«
    »Und wenn Ihr das zu einer anderen Zeit tut?« Rani stellte die Frage, ohne nachzudenken. Ihr Hauptzweck mochte sein, die Gefolgschaft zu erreichen, aber sie durfte die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, ein wenig Kräuterkunde zu erlernen. Sie konnte nicht wissen, wann sie sie bei einem anderen Handel gebrauchen könnte.
    »Dann ist die Kraft der Rinde verloren.« Kella antwortete knapp, als wäre die Frage eine Beleidigung. »Hört mir zu, Mädchen. Alles, was ich tue, tue ich aus einem Grund. Es wäre sehr leicht für mich, durch den Wald zu schlendern und Blumen und Wurzeln zu sammeln, wie es mir in den Sinn kommt. Das würde jedoch niemals funktionieren. Das würde die Kraft niemals mit einschließen. Es gibt Regeln für alle diese Dinge. Wenn Ihr mein Kräuterwissen lernen wollt, müsst Ihr auf die Details achten.«
    Rani ließ den Wortschwall der alten Frau über sich ergehen. Sie hatte unter so vielen Ausbildern gelitten, dass es für ein ganzes Leben reichte. Zuerst ihre Mutter, die sie lehren wollte, wie man die Handelswaren in dem schmucken Laden ihrer Familie am besten präsentierte. Dann die Glasmalermeister, die ihr die Grundlagen ihres Handwerks gezeigt hatten. Mair, die ihr die Art der Unberührbaren beigebracht hatte. Shea, die sie durch ein Leben als Kindersoldatin geführt hatte… Sogar Berylina, die ihre Lektionen mit Anmut und Geduld gestaltet und Rani gelehrt hatte, wie man zwischen den Tausend Göttern einherschritt.
    Rani strich, ohne nachzudenken, mit den Fingerspitzen über den Schorf an ihren Armen. Yor. Wie erwartet, spürte sie das Brennen von Nesseln. Diese Berührung war jedoch nur eine sanfte Erinnerung, nicht der überwältigende Schmerz, den sie in Riadelle empfunden hatte. Sie schaute auf und bemerkte, dass Kella sie seltsam ansah. »In Ordnung«, sagte Rani. »Ich werde auf die Details achten.«
    Und sie hörte Details. Altonrinde wurde nach dem ersten Vollmond bei Sonnenaufgang gesammelt. Das Holz wurde flach zwischen glatten Steinen gepresst. Nach vier Tagen Trocknung wurde die Rinde in einen Riedkorb gebröckelt und der Behälter dem Rauch von einem mit Weide, Esche und Eberesche gespeisten Feuer ausgesetzt. Die Rinde nahm die Farbe und den Geruch des Rauchs an und wurde vollkommen schwarz. Dann durfte sie neben fließendem Wasser abkühlen. Erst wenn sie an drei aufeinanderfolgenden Tagen von Mittagswind bewegt worden war, war sie zum Mahlen bereit.
    »Ein Mörser«, erklärte Kella und hob das Werkzeug an, »und ein Stößel.«
    Rani nickte bei den vertrauten Geräten. Sie hatte das Mahlen von Pigmenten beherrscht – zuerst in Morenias, dann in Briantas Glasmalerhaus. Sie betrachtete die Werkzeuge genauer, die Kella ihr zeigte. »Was ist das?« Sie deutete mit ruhigem Finger hin.
    »Ah… Also habt Ihr scharfe Augen.« Die Kräuterhexe führte eine Handfläche über den Rand ihres Mörsers.

Weitere Kostenlose Bücher