Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
Vom Netzwerk:
Leider könne aus den Sitzungen für ihr Portrait vorläufig nichts werden. Er habe wohl schon in der Zeitung gelesen: sie trete eine Weltreise an.
    »Ja, – mit George Taft!« stotterte Milton am Apparat. Seine Stimme vibrierte, er war bestürzt. »Sie haben sich also anders entschlossen –?«
    Anders entschlossen! Was sollte das heißen? Worauf bezog sich das?
    »Offenbar ist es Ihnen nicht recht, daß ich reise«, warf Gloria spöttisch hin.
    »Oh – warum sollte mir das nicht recht sein? Das heißt – ich hatte mich schon gefreut – sehr gefreut sogar –«
    »Ich auch – denn ich bin auf das Bild gespannt. Aber es läßt sich leider nicht ändern. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben.«
    »Also dann – gute Reise, Miß Gloria!« Die letzten Worte waren tonlos, fast flüsternd gesprochen. Gloria dankte und hängte ein.
    Sie mußte auf einmal an Wilbur denken. In der Zeitung hatte gestanden, er sei mit ihrer Reise nicht einverstanden. Was ging das die Zeitung – was ging das die Öffentlichkeit an? Da hatte man wieder einmal eine der vielen Indiskretionen, die immer häufiger begangen wurden. Das war wirklich ekelhaft. Ein Abendblatt hatte sogar versteckte Anspielungen daran geknüpft. Mußte man sich das gefallen lassen? Konnte man dagegen nicht angehen? Es mußten neue Gesetze geschaffen werden, die solchen Unfug unterbanden. Das war ein Mißbrauch, eine Beleidigung. Ja – es mußten neue Gesetze kommen!
    Gloria rief Wilbur nicht an. Lieber würde sie ihn wieder einmal belauschen, was sie ja bald würde tun können ohne befürchten zu müssen, deswegen von Gruth wieder gerügt zu werden.
    Die Reise würde ihr viel Interessantes bieten. Sogar die Tante hatte ihr zugeraten: »Fahre nur los, mein Kind! Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich habe ja eine gute Pflegerin. – Übrigens kannst du täglich mit mir verbunden sein. Ich habe durchaus nichts dagegen, wenn du mich öfter belauschst. Abends, sagen wir um acht Uhr unserer Zeit, werde ich dir immer mitteilen, wie es mir geht und was ich tagsüber getrieben habe. Es ist doch eine wundervolle Erfindung, die es einem gestattet, so ständig, auch auf die weiteste Entfernung hin, miteinander verbunden zu sein.«
    »Nur schade«, erwiderte Gloria, »daß du mich nicht gleichfalls belauschen kannst!« (In Wirklichkeit wünschte Gloria das gar nicht!). Die Tante schien das zu ahnen. Aber sie sagte nichts weiter darüber. »Übrigens möchte ich wissen«, meinte sie, »was aus Orville geworden ist. Stelle dich mal gelegentlich auf ihn ein. Außerhalb unseres Landes kannst du ja ablauschen wen du willst.«
    Orville! Man hatte niemals wieder etwas von ihm gehört. Gloria hatte es bisher noch nicht gewagt, sich auf ihn einzustellen. Jetzt jedoch, direkt darauf hingewiesen, packte auch sie das Verlangen, in Erfahrung zu bringen, was aus dem Vetter geworden war.
    Nicht auszudenken: sie würde sich frei und furchtlos auf jeden beliebigen Menschen einstellen können! Heute schon ging sie in ihrem Geiste alle Bekannten durch, mit denen sie sich beschäftigen würde.
    Auch auf Miltons Innenleben war sie gespannt.
     
    George holte Gloria auf dem Flugplatz Croydon ab. Mit schleppendem Gang hinkte er auf sie zu. Er strahlte. Sie tat, als bemerke sie sein Gebrechen nicht und begrüßte ihn in ehrlicher Herzlichkeit. Gleich darauf fuhren sie in seinem Wagen durch den wilden Verkehr der Villa zu, wo ein elegant eingerichtetes Appartement für sie bereit war. »Sie werden müde sein von dem langen Flug«, meinte er, »ruhen Sie sich erst einmal aus!«
    Glorias Reise und Ankunft hatte nicht geheim bleiben können. Nichts mehr konnte geheim bleiben. Schon waren Pressevertreter und Bildjäger da. George fuhr sie grob an.
    Eines ist immerhin besser geworden: Interviews gab es kaum noch. Besser? Ja – doch nur, was die äußere Störung betraf. Sonst war es ebenso unangenehm, – ja, schlimmer als einst. Man zapfte kurzerhand die Gedanken an, kein Wort galt mehr für den allein, an den es gerichtet war! Kein Reporter brauchte mehr lange zu fragen. Er erfuhr alles ohne gefragt zu haben. Was George und Gloria zusammen sprachen, wurde immer belauscht. Glücklicherweise waren sie sich dessen nicht in jeder Minute bewußt. Sonst würden sie sich nur noch geärgert haben.
    Am folgenden Morgen brachten die Blätter schon einen genauen Bericht: ›Gloria Burns in London eingetroffen. Sie wird von George Taft herzlich begrüßt ...‹
    Das Wort ›herzlich‹ ist gesperrt

Weitere Kostenlose Bücher