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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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ansehen mußte. George ermittelte ihren Urheber und stellte sich nun seinerseits auf die Gedanken dieses ›Schreiberlings‹ ein. Dabei erfuhr er private Dinge, die dem Journalisten durchaus keine Ehre machten – und diese ›schmutzige Wäsche‹, die auf Tatsachen fußte, brachte George nun seinerseits gleichfalls vor die Öffentlichkeit. Daraufhin ließen derartige Vorfälle nach.
    Vor dem Abgelauschtwerden konnte man die Gedanken jetzt nicht mehr schützen. Aber man konnte doch dafür sorgen, daß jede Veröffentlichung unterblieb, die nicht sachlich und einwandfrei war. An den Begriff der Beleidigung mußten, was das Belauschen betraf, neue Maßstäbe angelegt werden. Beleidigungsklagen auf Grund eines Abhörvorgangs sollten nicht statthaft sein. Anderenfalls würde man bei den Gerichten Tag und Nacht nicht mehr zur Ruhe kommen.
    Auf diese und ähnliche Weise mußten noch zahlreiche Fragen erörtert werden, – Fragen und Betrachtungen, die es früher vor dieser Erfindung nicht gab. Jedenfalls war es begrüßenswert, daß man hier bald eine Regelung traf.
     
    Milton schuf an seinem Bild ›EINSAMKEIT‹: ein modernes Raketenflugzeug, im Äther schwebend, von magischem Licht umflossen, in einer kalt glitzernden und gleißenden Sternenwelt.
    Die Gedanken des Malers waren mit Gloria beschäftigt. Sie war und blieb für ihn ein Problem, – ein Problem, das ihn aufreizte, quälte und marterte. War sie wirklich George so zugetan, daß sie mit ihm auf die Reise ging? Hatte sie aber nicht einmal angedeutet, daß ihr Wilbur viel näher stehe, – und hatte nicht eine Bemerkung der Presse kürzlich auch darauf hingewiesen?
    Man wußte wirklich nicht, wo man dran war. Hatte nicht auch er selber sich schon ihrer Zuneigung zu erfreuen geglaubt? Zuneigung. Möglich. Aber nicht mehr! Wer durfte dieses Mehr für sich in Anspruch nehmen? George? Wilbur? Oder irgend ein anderer? Oder sollte sie sich über ihre Gefühle selbst noch nicht klar sein? Spielte sie etwa nur mit den Männern? – Zu ärgerlich, daß er sie nicht doch einmal hatte belauschen können. Es würde sich lohnen.
    Ein sonderbarer Gedanke stieg in ihm auf. Er brauchte ja nur einmal nach Europa hinüberfliegen, um sie belauschen zu können nach Herzenslust. Was macht heutzutage ein kleiner Abstecher nach Europa schon aus! Außerdem hatte er schon seit langem vor, Freunde in London und Paris zu besuchen.
    Also auf nach Europa! Dort würde ihm Klarheit werden, ob er ein wärmeres Gefühl Glorias für sich beanspruchen konnte. Die nagende, bohrende Ungewißheit würde verschwinden. Er wußte dann wenigstens, wo er dran war.
    Mit großem Interesse verfolgte er, was im Radio und in den Zeitungen über Georges Reise berichtet wurde. Auch von Gloria war oft die Rede. Sie waltete bei dem Erfinder als Empfangsdame und bei Verhandlungen als Protokollführerin. Gestern hatte er Den Haag mit ihr zusammen besichtigt. Den Nachmittag hatten die beiden in Scheveningen gemeinsam am Strande verbracht, dauernd von Fotografen und Wochenschauoperateuren verfolgt, die einmal so aufdringlich wurden, daß es zwischen einem von ihnen und George zu einer heftigen Auseinandersetzung kam. Die Episode war für die Presse ein ›gefundenes Fressen‹.
    Gloria trat stets nach der neuesten Mode gekleidet auf. Oft wechselte sie am Tage ihr Äußeres mehrere Male. Man nannte sie eine ›aparte Frau‹. Reklamefachleute machten sich an sie heran, um ihr Bild zu gewinnen. Doch sie wollte nicht zulassen, daß sie von irgendeiner Schuhcreme oder Sodawasserfabrik als ›Anreißerin‹, wenn auch nur bildlich, verwendet wurde. Die schönsten Versprechungen konnten sie nicht dazu bewegen. Was bedeuteten ihr auch einige Hundert Dollars schon, – ihr, die einmal Millionen erbte, und die auch heute schon mehr Geld besaß, als sie nötig hatte!
     
    Milton hatte sich vorgenommen, nunmehr offen um Gloria zu werben. Auf jeden Fall mußte er Klarheit gewinnen.
    Er zog eine Seefahrt der Luftreise vor. Den Luftweg hatte er sich für die Rückreise aufgehoben. Auf dem Schiff, meinte er, könne man mehr und besser Menschen studieren und Beobachtungen machen.
    Er gab sich den ›Stimmungen‹ auf dem Meere hin, knüpfte wenig Bekanntschaften an und lebte ganz der Idee, in die er sich nun einmal verbissen hatte. Neue Visionen für künftige Bilder schwebten ihm vor. Eines dieser Werke würde er ›Technik‹ nennen: reihenweise wurden Menschen auf einem laufenden Band an einer mechanisierten Guillotine

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