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Die gläserne Welt

Die gläserne Welt

Titel: Die gläserne Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Hoff
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könnte man auch alles bisher auf der Welt Geschehene rekonstruieren.«
    »Nicht auszudenken! Ich stelle mir vor, wie ich dann da sitze und die Reden Ciceros höre – oder die Bergpredigt – oder ich wohne einer Vorstellung der Antigone bei – nein, Taft, das wäre wirklich kaum ausdenkbar. Alle Gedanken, die auf dieser Welt jemals gedacht worden sind, würden damit ja gewissermaßen für die Ewigkeit konserviert sein.«
    »Ja«, erwiderte Wilbur ernst, »und am Jüngsten Tage wird man jeden wegen jedes unrechten Wortes und jeder unrechten Tat, die man ihm dadurch nachweisen kann, zur Verantwortung ziehen.«
    »Ah!« sagte der Präsident, »damit kämen wir sogar noch auf das religiöse Gebiet!«
    »Möglich«, gab Wilbur zu, »manche Sekte würde sich das zunutze machen. – Doch so weit sind wir noch lange nicht. Vielleicht wird das auch immer Fantasie bleiben. Die Wirklichkeit wäre für manchen ja auch höchst unangenehm.«
    »Immerhin war es mir interessant, Taft, einmal mit Ihnen darüber zu sprechen. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch. Sie dürfen stets meiner Unterstützung gewiß sein.« –
    Was man vermutet hatte, traf zu. Obwohl die beiden Männer unter vier Augen sprachen, wurde doch ihre Unterhaltung von mehreren englischen Zeitungen wortgetreu wiedergegeben. Das erregte ein ungeheures Aufsehen in der ganzen Welt. Dabei fand nicht nur die Tatsache höchste Beachtung, daß es eben ein Gespräch unter vier Augen im üblichen Sinne nicht mehr gab – sondern auch der Inhalt dieses Gespräches löste überall die größte Verwunderung aus. Handelte es sich doch um äußerst bedeutsame Ideen. Es war wie eine Fata Morgana, die in der Wüste des Lebens über dem Horizont des Gewöhnlichen schillernd und verheißend aufgetaucht war. Und – auch diesem Gedanken spann mancher nach – spiegelte eine Fata Morgana nicht etwas wider, was in der Tat bestand?
     
    George bereitete seine Weltreise vor. Er hatte ein viermotoriges Flugzeug erworben, das er nach eigenen Angaben für seine Zwecke ausbauen ließ. Durch einziehbare Hubschrauben war man imstande, mit dieser Maschine auch senkrecht aus der Luft niederzugehen.
    Hinter der Führer- und Navigationskabine befand sich der Arbeits- und Aufenthaltsraum des Erfinders. Schlafkabine mit Toilette und Badezimmer schlossen sich an. Für Mitreisende war ein weiterer Wohn- und Schlafraum vorhanden. Natürlich fehlte auch eine Kombüse nicht, in der Georges persönlicher Diener Jack Garron, des Kochens kundig, sämtliche Mahlzeiten anrichten konnte.
    George hatte den Plan gefaßt, auf dieser Reise Gloria mitzunehmen. Wenn irgend möglich, wollte er sie dazu überreden.
    Eines Abends hatte er sich auf sie eingeschaltet. Der Zufall wollte es, daß auch sie ihn zu diesem Zeitpunkt gerade belauschte. Es ergab sich dabei ein Gedankenaustausch, wie ihn George mit seinem Bruder schon kannte. Der Beginn entbehrte einer gewissen komischen Note nicht. Gloria, wieder einmal ›auf verbotenen Wegen‹, machte sich Gedanken darüber, daß sie ja eigentlich Unrecht tue. ›... George‹, dachte sie, ›würde gewiß recht aufgebracht sein, wenn er wüßte ...‹ – Da wurde dieser Gedankenstrom schon von dem seinen gekreuzt. ›... Wenn Gloria ahnte – Teufel, was ist das? Ich würde aufgebracht sein? Gloria –!‹ – ›... Spaßig, ich werde von ihm offenbar auch gerade belauscht ... köstlicher Zufall! Das Telegramm – ich soll die Weltreise mitmachen? Sehr verlockend –‹ – ›... wenn sie sich doch entschlösse! Hallo, Gloria, Sie vernehmen mich jetzt, wie ich merke. Sie erhielten das Telegramm. Finden den Plan verlockend. Warum also nicht? Mich würde es an Ihrer Stelle auch reizen, im Fluge die Welt kennenzulernen. Sagen Sie zu, Gloria! – Ich habe ja wirklich nichts Böses vor. Will nur mit Ihnen zusammen sein, wahrhaftig. Aber das wissen Sie ja. Man kann sich doch gar nichts mehr vormachen ...‹ – ›... mein Gott, wenn er wüßte, daß ich schon einmal – ich weiß ja alles! Fort mit diesen Gedanken! Aber Gedanken gehorchen nicht – die Tante! Ob sie nicht doch noch meiner Hilfe bedarf, wenn sie auch jetzt eine gute Pflegerin hat –? ...‹ – ›... jetzt schiebt sie die Tante vor! Die wird auch mal ein paar Wochen für sich bleiben können! ...‹ – ›... Er meint, die Tante – na ja. Die Reise wäre eine willkommene Ablenkung ... doch er bildet sich dann vielleicht ein ...‹ – ›... aber ich weiß doch, daß sie mich noch nicht lieben kann. Nein,

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