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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Sie ihn verlassen hätten, wären Sie wohl zu Hause geblieben, oder?»
    Leonora hob den Blick von ihrer Hand und las in den intelligenten dunklen Augen ein Mitgefühl, das ihr durch Mark und Bein ging. Eigentlich wollte sie ihm eine abweisende Antwort geben, doch dann überraschte sie sich selbst durch ihre Reaktion.
    «Er hat mit mir ein goldenes Kästchen gewählt.»
    «Wieso?»
    «Das Bild stammt aus dem     Alessandro lächelte. «Ich weiß. Schließlich lebe ich ja hier. Glauben Sie wirklich, man könnte in dieser Stadt aufwachsen, ohne diese Geschichte zu kennen? Ich    meinte, in welcher Hinsicht sind Sie das Gold und nicht das Blei?»
    «Ich glaube, er hat sich damals nicht in mich, sondern in meine äußere Hülle verliebt. So wie sie einmal war.»
    «Nicht doch.»
    «Wie bitte?»
    « - Sagen Sie so etwas nicht. Sie sind sehr schön.» Bei ihm klang es nicht wie ein Kompliment, sondern wie eine schlichte Feststellung.
    Leonora wickelte sich eine goldene Strähne um den Finger. «Früher vielleicht. Aber der Verlust hat mir sehr zugesetzt. Ich fühle mich, als ob ich schwarzweiß wäre, so als hätte ich alle Farbe verloren.» Sie ließ entmutigt die Strähne fallen. «Damals war ich eine Künstlerin, kreativ, voller Gefühl, ganz anders als Stephen, der Wissenschaftler ist und glaubt, die Welt hätte an Wundern nicht mehr zu bieten als chemische Reaktionen. Ich glaube, es faszinierte ihn, dass wir so unterschiedlich waren. Doch dann öffnete er das Kästchen und kam zu dem Schluss, dass er doch lieber eine Partnerin hätte, die nüchterner, praktischer veranlagt und an der Wissenschaft interessiert ist, so wie er selbst.»
    «Und, hat er sie gefunden?»
    «Ja. Sie heißt Carol.»
    «Aha.»
    Leonora nahm noch einen Schluck Bier. Langsam wurde ihr warm von dem Alkohol. In diesem Augenblick entschied sie sich, Alessandro nichts von ihrer Unfruchtbarkeit zu erzählen. Eine kleine, eindringliche Stimme in ihrem Inneren riet ihr davon ab - dieser Mann sollte nicht wissen, dass sie unvollkommen war.
    Schließlich begann Alessandro wieder zu sprechen, mit einer ungewöhnlichen Offenheit, so als wolle er sich für die ihre revanchieren. «Wissen Sie, man kann    einander auch zu ähnlich sein. Bis letztes Jahr hatte ich eine Freundin, die meine Zwillingsschwester hätte sein können. Wir sind zusammen aufgewachsen, mögen dieselben Dinge und sind sogar Fans desselben Fußballvereins. Doch dann bot man ihr eine bessere Stelle in Rom. Sie nahm an und zog fort. Ende der Geschichte. Unsere Beziehung ist schließlich an ihrem Ehrgeiz gescheitert.» Er trank einen Schluck, bevor er mit einem schiefen Lächeln hinzufügte: «Das ist das Einzige, worin wir uns nicht ähneln: Ich würde niemals einen Job über meine Beziehung stellen.»
    Leonora wusste nicht, was sie denken sollte. Sie hatte angenommen, dass dieser Mann nicht verwundbar sei -und nun stellte sich heraus, dass auch er verlassen worden war.
    Leise fragte sie: «War sie auch bei der Polizei?»
    «Nein, sie war Journalistin.» Er schien dem nichts hinzufügen zu wollen, also fragte Leonora nicht weiter, und inmitten des allgemeinen Stimmengewirrs breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Doch nach einer Weile begann er erneut zu sprechen.
    «Bis dahin waren wir sehr glücklich miteinander gewesen. Es gab keine Probleme. Keine ... Meinungsverschiedenheiten.»
    Leonora ging seine Geschichte aufgrund ihrer eigenen Erfahrung sehr nahe, deshalb suchte sie krampfhaft nach einer Möglichkeit, das Thema zu wechseln. Sie stellte die erste Frage, die ihr einfiel.
    «Wo haben Sie so gut Englisch gelernt?»
    «In London. Nach meinem Militärdienst habe ich zwei Jahre dort gelebt und mir in der Zeit überlegt, was ich mit meinem Leben anfangen will. Ich habe in einem Restaurant gearbeitet - bei Niccolo, einem Cousin von mir. Ich verbrachte die Hälfte meiner Zeit in einer    Küche in Soho und die andere Hälfte im Londoner Hippodrom, wo ich schreckliche Frauen abgeschleppt habe.» Er grinste. «Die Schimpfwörter habe ich zuerst gelernt.»
    «Wo?»
    «Sowohl in Soho als auch im Hippodrom. Dann ging ich auf die Polizeiakademie in Mailand und kam nach meiner Abschlussprüfung wieder nach Hause, nach Venedig.»
    Alessandro drückte beiläufig seine Zigarette aus und

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