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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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verstehen. Speisen und Wein sind es gewiss nicht» - er schnaubte abfällig -, «sondern vielmehr die Giftmischerei. Ich vermute, dass sich in all den Fehden zwischen den Guelfen und Ghibellinen, den Borgias und Medicis diese Kunst ein wenig besser ...», er suchte nach einem passenden Wort, «... entfalten konnte als in meinem zivilisierte ren Vaterland.»
    Den Vorwurf, in den italienischen Stadtstaaten würde das Barbarentum herrschen, wollte Corradino nicht auf seiner Heimat sitzen lassen. «Ihr vergesst dabei aber    das wunderbare künstlerische Erbe, das uns diese Krieg führenden Familien hinterlassen haben. Und die Kunst ist schließlich Teü der Zivilisation. Kann sich Frankreich etwa mit einem Leonardo oder einem Michelangelo brüsten? Und bitte vergesst nicht, dass Ihr mich gebeten habt, mein Können in den Dienst Eures Königs zu stellen.»
    Da kicherte dieser unmögliche Mensch doch tatsächlich leise. «Ihr seid ein Heißsporn, Corradino. Das ist auch gut so. Aber Ihr müsst lernen, Frankreich zu lieben, denn schließlich wird es, so Gott will, bald Eure Heimat sein. Und nun zum Geschäft.» Der Franzose schlug einen sachlicheren Ton an. «Wenn wir diesen Beichtstuhl verlassen, kniet Ihr nieder und küsst mir die Hand. Dabei werde ich Euch unauffällig den Trank übergeben. Allerdings stammt er nicht aus Mantua, sondern aus Eurer eigenen schönen Republik. Trinkt ihn heute Abend, dann werdet Ihr binnen drei Stunden in einen tiefen Schlaf fallen, der den ganzen folgenden Tag anhält. Am nächsten Abend zur gleichen Stunde werdet Ihr wieder erwachen.»
    «Und wo werde ich dann sein?»
    «Nun, um das zu beantworten, brauche ich noch ein paar Auskünfte von Euch, Corradino. Wer soll Eure Leiche finden?»
    Bei dem Wort überlief Corradino ein Schauer. Doch er brauchte nicht lange zu überlegen: Wenn er zum ersten Mal in zehn Jahren nicht in der Fondaria erschien, würde Giacomo ihn zu Hause aufsuchen. So wie damals, als er verdorbenes Wasser getrunken hatte und schwer erkrankt war. Der alte Mann hatte ihm damals einen Aal vom Markt mitgebracht und eine Orange, die wie eine kleine Sonne leuchtete. Sie hatten ihm geholfen, die Krankheit zu überwinden.
    «Giacomo, mein ... Freund, wird mich finden.»
    «Sehr schön. Und schätzt er Euch so sehr, dass er für ein angemessenes Begräbnisritual sorgen wird? Oder wird er Euch einfach in einem Armengrab auf Sant' Adriano verscharren lassen? Egal wie - wir können für beide Fälle unsere Vorkehrungen treffen.»
    Corradino kam zu dem Schluss, dass man über diesen Plan so nüchtern reden musste, wie Duparcmieur es tat. Andernfalls würde man verrückt.
    «Er wird für das Begräbnis bezahlen, da bin ich mir sicher.»
    Corradino spürte, wie Duparcmieur jenseits des Gitters nickte. «Dann wird er nach den Wachen schicken. Doch die werden nicht im Auftrag der Zehn kommen, sondern es werden meine Männer sein. Sie werden Euch nach Sant' Adriano bringen, und wenn Ihr erwacht, werdet Ihr unter der Erde liegen.»
    «Was?», rief Corradino entsetzt aus.
    «Vergesst nicht, mein Lieber, dass man Euch vielleicht noch bis über den Tod hinaus beobachten wird», gab der Franzose zu bedenken. Nach kurzer Überlegung beschloss er, Corradino nichts davon zu sagen, dass die Zehn sogar ihren eigenen Arzt zur Leichenschau schicken könnten, um sicherzugehen, dass Corradino auch wirklich tot war. Womöglich würde ihm der Arzt bei dieser Prüfung ein Chirurgenmesser tief in den Körper stoßen. Stattdessen fuhr Duparcmieur fort: «Alles muss echt wirken. Meine Männer werden Euch jedoch nicht fesseln und Euch auch nicht tief eingraben. Wenn Eure Kraft zurückgekehrt ist, werdet Ihr Euch mit Leichtigkeit befreien können.»
    «Und wann wird das sein?»
    «Nun ja. Ihr müsst mir gut zuhören, Corradino, denn das ist sehr wichtig. Es wird eine Weile dauern, bis das Gefühl in Eure Glieder zurückkehrt. Zuerst wird der Kopf erwachen, da er den Rest des Körpers beherrscht.
    Danach Euer Herz, der Rumpf und die Arme. Und dann, wenn die Körpersäfte wieder in Fluss gekommen sind, werdet Ihr auch Eure Beine und Füße wieder spüren. Ganz wichtig ist es, sich dabei möglichst ruhig zu verhalten, denn sollte Euch das Entsetzen packen, wird die wenige Atemluft um Euch herum zu schnell aufgebraucht, und Ihr müsst ersticken. Behaltet meine Worte daher gut in Erinnerung und befreit Euch in aller Ruhe. Habt Ihr ein gutes Messer?»
    Das werde ich nicht dem Zufall überlassen - ich werde mir mein

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