Die Glasfresser

dem anderen, immer mit Einfingersystem auf bräunliches Papier getippt, haben immer gewartet, bis niemand in der Wohnung war, uns abgewechselt, wenn die Kuppe des Zeigefingers nicht mehr konnte, unsere schwitzigen Finger in Gummihandschuhen. Über die Form des Textes habe zum großen Teil ich entschieden. Ich habe viel Fleiß darauf verwendet, die Kommuniqués der Roten Brigaden zu studieren - jeden Nachmittag, allein, auf der Pornolichtung, inmitten von Zeitungsausschnitten sitzend, die Schere in der Hand -, sie noch gründlicher zu analysieren, als wir es im Mai getan haben. Ich habe versucht, sie auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, die Syntax zu verändern und mir eine andere Lexik vorzustellen. Ich wollte einen anderen Stil, eine andere Sprache; technisch und gewalttätig, ja, aber auch autonom von der Sprache der Roten Brigaden, eine Sprache, die einen Wert hat, der ganz allein unserer ist. Als ich nun den Text in der Zeitung lese, wird mir klar, dass ich versagt habe. Gegen meinen Willen bin ich in der Phraseologie gefangen geblieben, die ich erneuern wollte.

     
    Dem mit der Abkürzung NOI unterzeichneten Text zufolge
    ist das Maß voll. Diese Missstände müssen ein Ende haben. Die Verstärkung der schulischen Repression kann die Kraft unseres Angriffs nur wachsen lassen. Das Grüppchen nützlicher Idioten, dem die Dimensionen unseres Kampfes noch nicht klar ist, wird in der nächsten Zeit Gelegenheit haben, sich eine genaue Vorstellung davon zu machen, wer wir sind, was unsere Methoden sind und in welche Richtung wir uns bewegen. Vor allen Dingen muss klar sein, dass unsere Zelle nicht in direkter Nachfolge steht, sondern durch politisch-libertäre Inspiration mit denen verbunden ist, die schon seit geraumer Zeit einen Feldzug des organisierten Kampfs gegen die Lebensnerven des bürgerlichen Staats führen, nämlich mit den Roten Brigaden, deren Ausdruck wir also sind. Von den Roten Brigaden macht sich der Nucleo Osceno Italiano den Volksprozess gegen alle Spielarten des Faschismus und die Nichtunterscheidung von politischer und militärischer Praxis zu eigen. Das Endziel ist, eine einzige politische, bewaffnete Organisation zu schaffen, die die Einbeziehung der Gesellschaft auf all ihren Ebenen, von den Fabriken bis zu den Universitäten, von der Armee über die Gefängnisse bis zu den Schulen vorsieht. Doch dies betrifft nicht, wie man naiverweise bisher angenommen hat, nur die höheren Schulen, sondern auch die untergeordneten Mittelschulen, in denen die Aufmerksamkeit für die Gesellschaft, insbesondere in diesen Zeiten, keineswegs »untergeordnet« ist. Eine kritische und vernünftige politische Avantgarde ist in Zeiten der natürlichen Beschleunigung jener Prozesse, die ein Individuum zu seiner vollen Reife führen, auch in den Klassen der Mittelschule präsent, und unser Rat ist, sie nicht zu unterschätzen. Unsere konstitutive Nichtexistenz macht uns so unverdächtig wie nahezu unsichtbar für jede Nachforschung, die der Staat anstellen mag.Unser Denken
hat Größe, doch unsere Körper entziehen sich, und unsere Gewandtheit erlaubt es uns, durch die Maschen jedweden Versuchs der Unterdrückung zu schlüpfen. Wir können behaupten, der Antikörper zu sein, den das Schulsystem hervorgebracht hat, um sich gegen sich selbst zu verteidigen. Durch lächerliche anagrafische Daten zu einer untergeordneten sozialen Rolle gezwungen, reagieren wir damit, dass wir die Zerstörung des Systems selbst ins Werk setzen. Allein die Tatsache, dass wir unsere Herausforderung in dieser Form vorgebracht haben, indem wir explizit erklären, dass die Verantwortlichen für die letzten Aktionen innerhalb der Schule sind, bezeugt die Gewissheit, unantastbar zu sein.
    An dieser Stelle gibt der Text die speziellen Gründe des Anschlags wieder.
    Den schon erwähnten nützlichen Idioten teilen wir mit, dass die aktuelle Aktion nur eine Warnung ist. Weiterhin die Schüler dem Risiko von Krankheiten und gefährlichen Stürzen und Schnittwunden an Armen und Beinen auszusetzen, indem man sie zwingt, sich zum Sportunterricht auf einem Gelände aufzuhalten, das man nur als »Schuttabladeplatz« bezeichnen kann, ist ein unerträglich gewordener Missstand. Wir fordern also, dass diese perverse Praxis augenblicklich aufhört und dass der besagte Schuttabladeplatz nie mehr für diese Zwecke gebraucht wird. Der von uns ins Werk gesetzte Schulscheiterhaufen will so gleichzeitig die Zerstörung einer Struktur, der schulischen,