Die Glasfresser
aufzusteigen, dann zwei, drei und vier, und dann züngelt eine erste Flamme auf, eine zweite, die größer wird, und noch eine, die hochschießt, eine Einladung an ihre Genossinnen, Ernst zu machen. Wir schüren das Feuer ein paar Minuten lang mit den Stöcken; als wir sicher sind, dass es nicht mehr ausgeht, dass der Brand lang und heftig sein wird, deponieren wir unser Dokument in einer Vertiefung und verschwinden.
Wie die anderen gehe ich noch einmal zurück nach Hause, mache aber einen Umweg, um niemandem zu begegnen - alles Dinge, die wir uns in den letzten Tagen überlegt haben. Dann breche ich erneut zur Schule auf. Im Gehen merke ich, dass mein Körper verschwitzt ist, mir zittern die Beine, und ich rieche nach Ruß; wenn ich erst angekommen bin, wird ein Wind wehen, und alle werden nach Rauch riechen.
Als ich in die Via Galilei einbiege, sehe ich, dass vor der Schule schon ein Menschenauflauf ist, und verlangsame meinen Schritt. Nicht aus Angst, sondern aus einer Art Scham, die ich nicht erklären kann. Im Gehen presse ich die Sohlen fest auf den Bürgersteig und gebe dem Schritt alle Zeit, die er braucht, um auf dem Boden zu haften und sich wieder zu lösen.
Strahl und Flug sind in der Menschenmasse untergetaucht, zwischen Schülern, Eltern und Lehrern. Sie betrachten das Feuer. Sie sind blass, machen ein unverdächtiges, betroffenes Gesicht, wie
Unbeteiligte. Das ist keine Heuchelei, das ist kein vorgespielter Ausdruck. Was hier geschieht, geht über unsere direkte Beteiligung, über unsere Verantwortung hinaus. Es ist, als machten wir zum ersten Mal die Erfahrung, was es heißt, einer Sache zu dienen, die uns an Wichtigkeit und Intensität überragt. Während der Schweiß auf Brust und Rücken trocknet, stehen wir vor dem Schauspiel der Ideologie, die brennt und sich aus unseren Leben nährt, verwirrt und verzaubert wie die Bienen, wenn die Königin den Schwarm um sich sammelt und durch ihre mythische Macht mit einer Bewegung entscheidet, welches der Mittelpunkt der Welt ist.
Feuerwehrleute rücken an, drängen uns zurück und verteilen uns am Gelände entlang. Die Pumpen erzeugen dicke Wasserstrahlen, sie durchlöchern das den Haufen verschlingende Feuer, ohne es zu besiegen; unterdessen klettert der Direktor zwischen den Hügeln herum, und manch einer erkennt sein in der letzten Woche verschwundenes Heft wieder, ein halb verbranntes Sweatshirt, ein Buch, ein angekohltes Lineal. Jetzt explodiert die Wut. Man führt den Anschlag auf unsere Gruppe zurück, und manche Eltern schreien, dass es so nicht weitergehen könne, dass es eine Sache sei, die Roten Brigaden draußen zu haben, in Rom, in den Universitäten und äußerstenfalls in den höheren Schulen, doch dass in den Mittelschulen, in den Mittelschulen, mit elf-, zwölfjährigen Kindern, solche Dinge nicht geschehen könnten und dürften.
Zwischen den Hügeln liegt noch eine Zündschnur. Der Genosse Flug tritt aus der Menge heraus und holt sie. Er schaut sie an, als hätte er sie nie zuvor gesehen. Ich betrachte die Linie, die seine Hand mit den Resten des Brands verbindet, diese weiße Verknüpfung, die sein Leben - und meines und das von Strahl - mit der Aktion vereint. Es ist eine längere Schnur als jene, die wir auf den Haufen geworfen haben, etwas, das zeitlich zurückgeht und bis zu unseren sozialen Wurzeln reicht - in unsere solide bürgerliche Mittelschicht -, doch auch bis zu unseren biologischen Wurzeln, in unser Bedürfnis nach Sinnlichkeit, nach Macht und nach Ohnmacht.
Tags drauf erscheinen im Giornale di Sicilia zwei Artikel, die sich mit unserem Brand beschäftigen. In dem ersten beschreibt der Journalist, was sich ereignet hat und berichtet, dass die Schule nach dem, was als wiederholter Anschlag auf die Institution Schule bezeichnet wird, in Alarmzustand versetzt worden ist. Zunächst, schreibt er, habe man an Dummejungenstreiche gedacht, doch jetzt sei die Grenze überschritten, auch weil, auf der Basis der beiden letzten Bekennerschreiben, der Urheber dieser Anschläge - doch wahrscheinlicher die Urheber - innerhalb der Schule zu finden sei. Abschließend solidarisiert sich der Artikel mit den Eltern und ihrer Polemik und kritisiert den Direktor und den Lehrkörper.
Der zweite Artikel beschäftigt sich mit dem Bekennerschreiben, das wir auf einer Lettera 22 geschrieben haben, die zu Hause beim Genossen Flug auf einem Schrank steht und nie benutzt wird. Um es zu formulieren, haben wir drei Tage gebraucht, ein Entwurf nach
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