Die Glorreichen Sieben 05 - und Der doppelte Schluessel
Telefonhörer ab und fing an zu wählen. „Fehlt gerade noch, daß unseretwegen der ,Große Preis’ platzt.“
Die Bad Rittershuder galoppierten mittlerweile bereits durch den Korridor. In ihren weißen, flatternden Bademänteln hätte man sie für übergeschnappte Derwische halten können.
Schon wenig später saßen sie dicht zusammengedrängt und mit dem Hotelpagen Oliver Krauße zwischen sich in dem weißen ZDF-Bus.
Herr Bissegger fummelte noch an seiner Krawatte herum, und Chefredakteur Kubatz kam erst jetzt dazu, sich an seinen Schuhen die Schnürsenkel festzubinden.
Aufnahmeleiter Nowak hatte seinen Ärger hinuntergeschluckt und strahlte aus allen Knopflöchern.
„Kinder, das ist ein Gefühl wie auf einer Wolke“, sagte er immer wieder und nahm dabei seinen Fuß überhaupt nicht mehr vom Gaspedal.
Dicht vor ihm fuhr nämlich der von Kriminalkommissar Ringelmann versprochene Funkstreifenwagen und lotste ihn mit Blaulicht und Martinshorn in einem auch für die Kripo polizeiwidrigen Tempo über den Kurfürstendamm und dann vorerst einmal in die Bundesallee.
Die übrigen Autos und selbst die doppelstöckigen Omnibusse machten Platz oder blieben sogar stehen.
„Es ist zum Ausflippen“, jubelte der hellblonde große Bursche in seiner abgewetzten Wildlederjacke hinter seinem Lenkrad.
„Übrigens ein unwahrscheinlich rührender Zug von euch", flüsterte der Hotelpage Oliver Krauße zwischendurch. „Ich meine, daß ihr mich mitgenommen habt."
„Hör auf, mir kommen gleich die Tränen“, flüsterte Karlchen Kubatz zurück, und Emil Langhans fügte hinzu: „Irgendwie werden wir dich schon zu uns in die erste Reihe mogeln.“
„Jetzt heißt es, die Nerven behalten“, sagte Chefredakteur Kubatz beinahe gleichzeitig. Der junge Referendar saß neben ihm auf den vorderen Sitzen. „Ich hätte Ihnen so kurz vor der Sendung mehr Ruhe gewünscht.“
„Wer weiß, vielleicht war es ganz gut so“, meinte Herr Bissegger mit einem verlegenen Lächeln. „Jetzt ist es eben wie ein Kopfsprung ins kalte Wasser."
„Anschnallen!" rief in diesem Augenblick der hellblonde Aufnahmeleiter und riß das Lenkrad herum.
Der Funkstreifenwagen kurvte gerade an einer Baustelle vorbei und dann bei Rot über eine Kreuzung.
„Der Große Preis “
Bad Rittershude wollte an diesem Abend nicht mutterseelenallein vor dem Fernseher sitzen.
Bei besonderen Gelegenheiten erinnert man sich daran, daß geteilte Freude doppelte Freude sein soll. Oberstudiendirektor Senftleben hatte Dr. Purzer und zwei weitere Kollegen zusammen mit ihren Frauen eingeladen. Die Bemmelmanns empfingen in der Wohnung über ihrem Zigarrenladen das Ehepaar Kohl sowie den Friseurmeister Treutlein und seine Tochter Corny . Im Kurfürsten war für die Hotelgäste im grünen Teesalon ein Gemeinschaftsempfang angekündigt worden, und Kurdirektor Berberich hatte seine Mitarbeiter einschließlich ihrer Familien um sich versammelt. „Zu einem bescheidenen kalten Buffet mit Fernsehen“, wie er sich ausgedrückt hatte.
Im Berliner Studio war es inzwischen überhaupt nicht aufgefallen, daß der Kandidat Bissegger mit seiner Begleitung verspätet eingetroffen war. In dieser letzten halben Stunde vor der Sendung hatte der Aufnahmestab so viel um die Ohren, daß er wie mit Scheuklappen aneinander vorbeilief. Wenn jetzt ein Dromedar durch die Dekoration gewandert wäre, wäre es bestimmt niemandem aufgefallen. Vielleicht, daß der eine oder andere sogar gedankenlos „Guten Abend“ gesagt hätte.
Zudem hatte der Champion der letzten Sendung, also Frau Berghahn, für einen Riesenwirbel gesorgt. Als sie ihren Mantel auszog, war der Regisseur fast vom Stuhl gefallen.
„Sie sind wohl von allen guten Geistern verlassen“, hatte er gestammelt.
Frau Berghahn hatte sich nämlich extra für die Sendung ein Kleid anfertigen lassen, das als Muster lauter Pilze zeigte. Pilze in der verschiedensten Größe und in allen Farben. Pilze auf dem Busen und Pilze auf der ganzen Rückseite.
„Ich dachte, weil es doch mein Fachgebiet ist“, meinte die mollige Frau Berghahn und war beleidigt. Sie hatte helle Begeisterung erwartet.
„Der Fetzen kommt mir nicht auf den Schirm“, zischte der Regisseur und jagte einen Kostümbildner los, der im Hotel von Frau Berghahn schleunigst ein anderes Kleid aus dem Schrank holen sollte.
„Junge, hau ab, du gehst ja so langsam, daß man dir beim Laufen die Schuhe besohlen könnte“, rief er hinter ihm her. Dem Champion gegenüber zwang er
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