Die Glücksbäckerei – Das magische Rezeptbuch
verantwortlich sein, dass Basil sich genauso fühlte. Er war ihr Bruder, und er hatte eine Chance verdient.
Rose ging zu Basil, der angefangen hatte, wie verrückt auf und ab zu hüpfen und zu schreien. Sie wollte ihm die Hand auf die Schulter legen, um ihn zu beruhigen, aber er zuckte zurück.
»Okay, okay!«, rief Rose. »Du darfst den Schlüssel mal nehmen!«
Sofort hörte Basil mit seinem Toben auf und drehte sich ganz außer Atem nach ihr um, wobei ihm die Zungenspitze etwas aus dem Mund hing. Er sah misstrauisch aus.
»Warum?«,
fragte er argwöhnisch.
»Weil … ich will, dass du eines Tages mal Schauspieler wirst«, sagte sie.
Basil sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, als würde er Verdacht schöpfen. »Du willst, dass ich
Schauspieler
werde?«
»Ja. Oder Politiker. Oder etwas anderes, bei dem man viel reden muss. Ich übertrage dir also Verantwortung, indem ich dir den Schlüssel für ein paar Tage überlasse. Aber du darfst ihn von niemand anderem
berühren
lassen. Und ich meine, von
niemandem
«, sagte Rose und nickte auch in Tante Lilys Richtung, die an der Schwingtür stand und die Hände leicht um ihre Wangen gelegt hatte. Sie wirkte äußerst erfreut.
Rose zog das Band mit dem Schlüssel vorsichtig über ihren Kopf und streifte es über Basils dicken roten Schopf, als ob sie ihm einen Orden verleihen würde.
Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit schlang Basil die Arme um Rose und drückte sie. Er drückte sie so fest, dass sie sich befreien musste, um atmen zu können, aber immerhin – es stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Rose verbrachte den restlichen Nachmittag damit, in der Küche Kuchenformen abzuwaschen, während Lily und Chip den Verkaufsraum putzten und Basil mit einer halb schlafenden Mrs Carlson Pappteller und Plastikgabeln auflas, die in einem Umkreis von hundert Metern um das Haus verstreut lagen.
Tymo kam gegen zehn Uhr Abends nach Hause. Sein Hemd war nass geschwitzt, sein Gesicht zeigte Spuren von Schmutz und Staub, und seine Hände hatten Blasen vom Ziehen des Leiterwagens.
Rose schenkte ihm ein Glas Wasser ein. »Hast du es geschafft?«, fragte sie.
Tymo hatte die Augen schon geschlossen, und er trank das Glas in einem Zug aus. Er konnte nur nicken.
»
Jeder
in der Stadt hat ein Stück Kuchen gegessen?«, fragte sie.
Tymo nickte wieder. »So viele Leute …«, murmelte er.
»Hör zu«, sagte Rose. »Ich muss dir erzählen, was passiert ist. Basil hat Tante Lily von dem Backbuch erzählt, und sie hat den Schlüssel zur Tür haben wollen, aber ich habe ihn Basil gegeben, weil es mir nicht richtig vorkam, ihn ihr zu geben.«
Tymo stolperte auf die Treppe zu. »Hörst du zu, Tymo?«, fragte sie. Doch er taumelte nur nach oben.
Als sie in Basils und Tymos Zimmer kamen und die Tür knarrend aufging, sahen sie den Schatten einer großen Gestalt auf Basils Bett sitzen.
Es war Tante Lily. Basil schlief, und Lily saß nah bei ihm und tätschelte ihm das Haar.
»Was machst du denn hier oben?«, flüsterte Rose.
Lily fuhr zusammen und drehte sich rasch um. Sie stieß laut die Luft aus. »Hast du mich erschreckt!«, flüsterte sie und atmete durch. »Ich habe nur … Basil gute Nacht gesagt.« Dann schlüpfte sie zwischen Rose und Tymo hindurch und eilte nach unten.
Rose atmete erleichtert auf, als sie den kleinen silbernen Quirl auf Basils Brust liegen sah, wo er hingehörte. Er schimmerte im Mondlicht.
Tymo ließ sich auf sein Bett fallen. Rose wandte sich um und wollte gehen, doch da ergriff er ihre Hand. »Hey, Rosita«, sagte er. »Das hat heute eigentlich ganz schön Spaß gemacht.«
Rose strahlte.
»Mal abgesehen von dem Singen und dem stundenlangen Kuchenausteilen mitten in der Julihitze.« Er gähnte. »Trotzdem, äh, gut gemacht.«
Rose wollte so viel zu ihm sagen, und wenn Tymo nicht sofort eingeschlafen wäre, hätte sie das vielleicht auch getan. Etwa Folgendes:
Vielen Dank, dass du das sagst, denn dass wir heute so gut zusammengearbeitet haben, bedeutet mir sehr viel, weil, manchmal sieht es nämlich so aus, als ob ich dir völlig egal bin, weil du zu sehr mit deinem Aussehen beschäftigt bist und damit, beliebt zu sein, und ich bin einfach nur die mehlbedeckte kleine Schwester, die dir lästig ist, aber ich mag dich ziemlich gern, mehr als ich sagen kann, deshalb bin ich froh, dass du findest, dass ich auch zu etwas gut bin.
Doch das Einzige, was sie sagte, war: »Gute Nacht, Tymo.«
Und dann schloss sie die Tür und ging ins Badezimmer, um sich
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