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Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)

Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)

Titel: Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Littlewood
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»Ich bin zwar zweidimensional, aber nicht taub.«
    »Nicht nötig, sich für schlechte Laune zu entschuldigen«, sagte Nella. Dann wandte sie sich erklärend an ihre Geschwister: »Ihr hättet auch schlechte Laune, wenn ihr unter der byzantinischen Geschlechterpolitik der florentinischen Oberschicht im sechzehnten Jahrhundert zu leiden hättet. Lisa wurde in den späten Siebzigern geboren – den
Vierzehnhundertsiebzigern
 – und als sie so um die fünfzehn Jahre alt war – nur zwei Jahre älter als du, Rose! –, wurde sie gezwungen, einen Mann um die vierzig zu heiraten und sechs Kinder aufzuziehen. Stimmt das?«
    Jetzt war Mona Lisa sprachlos. »Mach weiter«, sagte sie schließlich.
    »Sie durfte keine eigenen Interessen an den Tag legen, nur Putzen und Kochen, und sie verließ selten das Haus, außer zu den Sitzungen in Leonardo da Vincis Atelier, und zwar zwölf Stunden am Stück, weil ihr Mann ein Bild von ihr haben wollte.«
    »Du machst alles noch schlimmer, Nella«, sagte Rose. Sie holte einen Schnuller aus ihrer Tasche und steckte ihn Nella in den Mund.
    »Nimm sofort die kleine künstliche Wurstpelle wieder raus!«, rief das Gemälde. »Dieses Kind ist die einzige Person, die mich versteht! Bitte, junge Hellseherin, fahre fort.«
    Nella spuckte den Schnuller aus und räusperte sich. »Ich habe alle Kunstkritiken über das rätselhafte
Halblächeln
der Mona Lisa auf dem Kunstgeschichte-Kanal angeschaut, aber ich persönlich war immer der Ansicht, dass Sie versucht haben, Ihr Lächeln zu
verbergen
. Die Porträtkunst der Renaissance besteht doch ausschließlich aus sauertöpfischen, frommen Grimassen. Sie haben Ihr Bestes gegeben, um so eine Grimasse hinzubekommen, aber irgendwas in dem Raum hat sie gereizt, etwas –«
    »Es gab tatsächlich etwas«, sagte das Gemälde.
    »Basil«, flüsterte Rose. »Hol das Glas raus!«
    Basil kramte schnell ein winziges bläulich getöntes Einmachglas aus der Seitentasche seiner Cargojeans und hielt es in die Nähe des Bildes.
    »Ich vermute mal, es war etwas, was Sie in Leonardos Atelier gesehen haben«, fuhr Nella fort.
    »Es war eine Flugmaschine!«, sagte die Dame auf dem Bild. Ihre Stimme stieg zu einem hellen Klingeln an. »Als ich ein junges Ding war und auf dem Hof meines Vaters lebte, war ich damit betraut, auf die Hühner aufzupassen. Es waren zwölf Stück, die alle in ihrem Gehege eingeschlossen waren, um ein Ei nach dem anderen zu legen. Nie durften sie frei herumlaufen. Ich habe mich immer gefragt, warum sie nie versuchten, über den Zaun zu fliegen. Ich dachte, weil sie vielleicht Angst hatten, erwischt zu werden.«
    »Kriegst du alles mit?«, flüsterte Rose Basil zu.
    Basil nickte.
    »Meine Lieblingshenne war eine rote, die ich Lisa nannte. Nach mir. Eines Abends stahl ich mich in das Hühnergehege und klaute Lisa aus ihrem Käfig. Im Mondlicht setzte ich sie auf eine freie Wiese. ›Flieg weg, Lisa!‹, rief ich. ›Flieg weg!‹ Sie versuchte es. Aber Hühner sind zu groß und unbeholfen, um zu fliegen. Sie schaffte kaum einen Meter. Ich musste sie wieder ins Gehege bringen.«
    Basil hatte Mühe, das Glas, das schon überlief, die ganze Zeit hochzuhalten. Heraus quoll eine dichte braune Paste von der Konsistenz dicker Bratensoße.
    »Ich glaube, wir haben genug«, sagte Basil und verschüttete Paste auf den Boden, als er den Deckel auf das Glas schraubte. »Danke, Lisa.«
    »Ich bin noch nicht fertig!«, rief Lisa. Nach einem Nicken von Rose öffnete Basil das Glas noch mal zögernd.
    »Danach«, fuhr die Porträtierte fort, »heiratete ich Francisco und bekam ein Kind nach dem anderen. Ich musste an Lisa das Huhn denken, das ein Ei nach dem anderen legte. Obwohl ich meine Kinder mehr liebte als mein Leben, sehnte ich mich danach, so frei zu sein wie eine Schwalbe. Aber ich war so unbeholfen wie Lisa das Huhn und konnte nicht entkommen!
    Francisco gab dem berühmten Leonardo da Vinci mein Porträt in Auftrag. Stellt euch meinen Schreck vor, als ich mich in seinem Atelier niederließ und dort eine herrliche, perfekte Flugmaschine in der Ecke stehen sah. Er bat mich, so fromm wie möglich zu gucken, doch ich konnte nur daran denken, diese Flugmaschine zu nehmen und davonzufliegen.«
    »Ich glaube, die Farbdämpfe sind ihr zu Kopfe gestiegen«, flüsterte Tymo.
    »Und daher lächelte ich während der ganzen Sitzungen für Leonardo fein vor mich hin und träumte von Flucht.«
    »Danke!«, sagte Basil und schraubte das Glas wieder zu. »Was für eine

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