Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
Wie du auch.«
Tymo wurde rot. »Entschuldigung«, sagte er und blickte zu Boden.
Sie eilten weiter.
Rose stieß ihren Bruder mit dem Ellbogen an. »Geschieht dir recht dafür, dass du versucht hast, eine Frau auf einem Bild anzuquatschen.«
Am Ende des Saales stand ein ganzer Pulk Touristen. Alle starrten auf eine Wand. Rose stellte sich auf die Zehen und bemühte sich, einen Blick auf das zu erhaschen, was die Leute dort anstarrten.
Da war sie: die Mona Lisa.
Das Bild war viel kleiner, als Rose es sich vorgestellt hatte. Es war hinter Glas und von oben durch eine kleine Lampe beleuchtet. Rose drückte sich nach vorne durch die Menge, um zu hören, was die Mona Lisa sagte, doch das Gemälde schwieg.
»Hallo«, flüsterte Rose. »Mona?«
Nichts – abgesehen von den verwirrten Blicken der Leute, die in ihrer Nähe standen.
»Überlassen wir das wunderliche Mädchen doch einen Augenblick sich selbst«, flüsterte ein Paar.
Die Menge, die sich vor dem Porträt angestaut hatte, verkrümelte sich, als sie Rose vor sich hin flüstern hörten. Und schon waren Rose und ihre Brüder auf einmal allein mit dem berühmten Porträt.
»Ich habe ›Hallo!‹ gesagt«, flüsterte Rose erneut.
»Oh, ich habe dich auch gleich gehört«, sagte das Gemälde mit sanfter, leiser Stimme.
»Ich … wir … wir nehmen an der Backmeisterschaft teil«, flüsterte Rose dem Bild zu. »Wir müssen das Geheimnis deines Lächelns einfangen. Sag es uns doch bitte schnell, dann sind wir auch schon wieder weg.«
Das Gemälde machte ein abfälliges Geräusch. »Alle glauben, dass ich lächle. Ich lächle nicht! Ich schaue missbilligend drein, wie es sich für eine respektable Frau gehört. Also, was ihr da für eure Backmeisterschaft benötigt, müsst ihr anderswo suchen.«
Kapitel 8
Geheimniskrämerei
»Mein Auftritt«, sagte Tymo und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Er schlenderte vor das Porträt, biss sich auf die Unterlippe und zog eine Grimasse, eine Mine, die er schon oft geprobt hatte, und die er
das Gesicht für ein Plattencover
nannte.
»Du siehst wie nach einer misslungenen Gesichtsoperation aus«, sagte die Mona Lisa.
Tymo entspannte die Gesichtsmuskeln und ließ die angehaltene Luft raus. »Was soll das heißen? Das Gesicht habe ich zwei Tage lang geübt!«
»Ich sag es ja nicht gerne«, antwortete das Gemälde, »aber du siehst aus wie –« Und dann sagte die Dame Dinge, die Rose noch nie im Leben aus dem Mund einer erwachsenen Dame gehört hatte, ganz zu schweigen von einer erwachsenen Dame auf einem Gemälde.
Tymo schnappte nach Luft. »Du hast ein dreckiges Mundwerk. Kein Wunder, dass du es verschlossen hältst!«
Rose sah sich nach Nella um, die den Saal entlanggeschlendert war und mit einem Museumsführer sprach, der eine rote Uniform trug und wie ein Hotelpage aussah.
»Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass Ihre Biographie über Eugène Delacroix eklatante Fehlinformationen enthält«, hielt Nella ihm vor und kratzte sich ein bisschen Haferbrei von ihrem
101 -Dalmatiner
-T-Shirt. »Obwohl er tatsächlich auf beiden Schulen war, hat er die ersten Auszeichnungen für seine Illustrationen auf dem
Pierre-Corneille-Gymnasium
gewonnen, nicht auf dem
Louis-le-Grand-Gymnasium
, wie Sie auf Ihrem Info-Schild behaupten.«
Der Museumsführer sah sich wild um. Er meinte wohl, das Opfer einer versteckten Kamera zu sein, weil das junge Fräulein, das sich so gut mit Delacroix auskannte, nicht älter als vier Jahre sein konnte.
»Nella! Komm her!«, rief Rose.
»Ich bin mitten in einem Gespräch«, antwortete die Kleine.
»Ich bin gleich mitten in einem Nervenzusammenbruch, Nella, wenn du nicht auf der Stelle zurückkommst.«
Missmutig stapfte Nella zu Rose, Tymo und Basil zurück.
Warum bin ich die Einzige, die sich wie eine normale Person benehmen kann?, dachte Rose.
»Ach nee, sieh mal an. Ist das nicht Frau Lisa Giocondo höchstpersönlich?«, sagte Nella, die kleinen Arme lässig über der Brust verschränkt.
»Ihr Name ist
Mona Lisa
«, verbesserte Rose sie.
»Nein, das kleine Mädchen hat ihn richtig gesagt«, mischte das Bild sich ein. »Mein Name ist tatsächlich Frau Lisa Giocondo.
Mona
kommt von
madonna
und heißt ›meine Dame‹, trotzdem nennt mich jeder Mona. Das ist doch kein Name!«
Rose war sprachlos. »Das wusste ich nicht. Tut mir leid.« Rose wandte sich nach Tymo um und flüsterte: »Warum ist die Frau eigentlich so schlecht gelaunt?«
»Das habe ich gehört«, sagte Mona Lisa.
Weitere Kostenlose Bücher