Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung (German Edition)
Winkel des Käfigs saß bebend eine kleine graue Maus.
»Jacques!«, rief Rose.
»Aha, so heißt er also?«, sagte Lily. »Wie schlau, eine Maus als Spion zu schicken. Aber bedauerlicherweise hat Jacques eine Schwäche für Camembert. Ich habe ein Stück in diesen hübschen Käfig gelegt, und leider konnte er nicht widerstehen.«
Lily stellte den Käfig auf ein Brett in ihrem Vorratsregal und wischte sich die Hände an ihrem Rock ab. »Igitt«, sagte sie.
In dem Moment verloschen die riesigen Kronleuchter. Ein bedrohlicher Trommelwirbel erfüllte den Saal, dann gingen die Scheinwerfer mit einem Schlag an und beleuchteten den rundlichen Meisterbäcker, der am Mikrophon stand.
»Das ist nun die Endrunde!«, dröhnte er. »Zwei Kandidaten sind übrig: Lily Le Fay, die berühmte und außergewöhnliche Meisterbäckerin, und Rosmarin Glyck, das Kind.« Der Applaus war ohrenbetäubend.
Rose konnte nicht anders, sie musste einfach zu Lilys Küchenzeile hinübersehen. Während ihres gesamten Aufstiegs hatte Lily alle noch so gemeinen, hinterhältigen Tricks benutzt, um jeden zu vernichten, der sich ihr in den Weg stellte. Jetzt war sie kurz davor, Rose zu vernichten.
Jean-Pierre Jeanpierre atmete bebend ins Mikrophon. »Ich würde gerne etwas über Lily Le Fay sagen.« Er unterbrach sich kurz, um sich die Augenwinkel zu betupfen. »Ich werde mich sehr bemühen, meine Tränen in Zaum zu halten, aber ich kann nichts versprechen.«
Eine weiße Leinwand, die so groß war wie eine ganze Turnhallenwand, senkte sich von der Decke herab, und im Hintergrund ertönte ein Lied von Celine Dion. Bilder von Lilys Darbietungen der letzten vier Tage erschienen auf der Leinwand, jedes »ungestellte« Bild vollendeter und perfekter als das davor.
»Lily Le Fay ist schlichtweg eine Meisterin«, sagte Jean-Pierre Jeanpierre. »Ihre Backwerke sind wie professionell verpackte Geschenke: in buntem Hochglanz, gefüllt mit wundersamen Überraschungen. Und Lily selbst ist ebenfalls wie ein Geschenk. Mit ihren Fernsehshows und ihren Backbüchern, ihren patentierten Quirlen und Schüsseln und Pfannenhebern und Schneebesen hat Lily die Welt des Promi-Backens erobert. Es scheint, dass nichts sie aufhalten kann.«
Eine Tsunamiwelle des Beifalls wallte durch die Menge. Die Fotoshow endete mit einem Bild der lächelnden Lily, die einen Klecks Schlagsahne vom Finger leckte.
Können wir vielleicht endlich zur Ankündigung der Kategorie kommen?, dachte Rose, die mit einem Fuß auf die Fliesen des Bodens klopfte.
»Und dann ist da natürlich noch die junge Mademoiselle Glyck.« Jean-Pierre Jeanpierres Tränen der Rührung versiegten, und er kratzte sich den struppigen Schnauzbart unter der Nase. »Während ihrer Zeit hier hat Mademoiselle Glyck einen verbrannten Keks gebacken, einen
Originellen Orangen-Whopper
, einen
Engelshauch-Biskuit
und ein
Unübertreffliches Bananenbrot.
Geholfen hat ihr dabei ihr gut aussehender älterer Bruder Thymian, der die meiste Zeit der Meisterschaft damit verbracht hat, in die Kameras zu lächeln. Heute scheint Mademoiselle Glyck sich nicht gekämmt oder ein frisches Sweatshirt angezogen zu haben, was nicht besonders überraschend ist, wenn man bedenkt, dass sie noch ein Schulmädchen ist.«
Das war’s dann wohl, dachte Rose und wollte schon die Schürze ablegen. Ich verschwinde.
»Ich habe nie vermutet, dass die junge Rosmarin auch nur die erste Runde der Meisterschaft überstehen würde«, fuhr Jean-Pierre fort. »Und tatsächlich, ihr verbrannter Keks war fast das Aus. Doch stellt euch meine Überraschung vor, als ich ihren
Whopper
, ihren
Biskuit
und ihr
Bananenbrot
kostete und überzeugt war, dass ich noch nie im Leben so hocherfreut, so verzaubert, so … angerührt war von ganz einfachem Backwerk.«
Rose hielt beim Ablegen der Schürze inne, und ihr Magen hüpfte ihr fast bis an die Kehle.
Jean-Pierre Jeanpierre, der weltweit berühmteste Backkunstkritiker, war noch nie in seinem Leben so erfreut gewesen wie beim Verzehr meines Bananenbrotes?
»Ich habe Rosmarin und ihre Arbeit die ganze Woche beobachtet. Ihre Konzentration, Selbstsicherheit und ihr technisches Geschick können es nicht nur mit jedem routinierten Profi aufnehmen, nein, sie bäckt mit einer gewissen Haltung von … lassen Sie es mich Anmut nennen. Bescheidene Anmut.«
Rose verschluckte sich fast. Vielleicht kann ich ja doch gewinnen, dachte sie. Vielleicht geht es ja nicht nur darum, wer die besten Zutaten und die beste Magie und
Weitere Kostenlose Bücher