Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Die Glut des Zorns (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Frage stellst. Er ist dein Freund, also verhalte dich in Gottes Namen auch dementsprechend«, sagte sie.
    Ich nahm den Hut ab und schlug damit nach einer Pferdebremse.
    »Ich kann deine Einstellung verstehen, Maisey«, sagte ich.
    »Nein, kannst du nicht. Egal, wie die Sache ausgeht, aber niemand wird je wieder den Ruf und die Rechtschaffenheit dieser Familie in Frage stellen«, sagte sie.
    Ich hob die Hände.
    »Von mir wirst du nichts dergleichen hören«, sagte ich.
    »Du hast’s kapiert«, sagte sie, warf die Haare zurück und ging zum Haus.
    Doc grinste mich an.
    »Du siehst ein bisschen mitgenommen aus«, sagte er.
    »Ich muss dich in den Zeugenstand rufen, Doc. Da gibt’s doch keine Schwierigkeiten, oder?«
    »Nicht für mich. Was hat Witherspoon deiner Ansicht nach hier gewollt?«, sagte er.
    Später bat ich Lucas, mit mir ein Stück am Wasser entlangzuspazieren, zwischen den Bäumen hindurch zu einer tiefen, ruhigen Stelle, wo wir die Schatten der Forellen sehen konnten, die dicht über den Kieselsteinen am Boden in der Strömung standen. Unter dem Laubdach waren der Boden, die Felsblöcke und die Baumstämme in ein kühles grünes Licht getaucht, und ein teefarbener Quell rann über die Flechten zum Fluss hinab.
    »Sue Lynn hat sich vermutlich abgesetzt. Sie wollte, dass ich dir ein Lebewohl von ihr ausrichte«, sagte ich.
    »Abgesetzt? Wohin? Weshalb?«
    »Sie hat diesen Biker umgebracht, diesen Lamar Ellison.«
    Sein Gesicht wurde kreidebleich. Er blieb stehen und las einen Kiefernzapfen auf, warf ihn in den Fluss und schaute ihm hinterher, als er in der Strömung davontrieb und unter einem Biberdamm verschwand.
    »Hat sie dir das gesagt?«, sagte er.
    »Mehr oder weniger.«
    Er trat mit seinem Stiefel in den weichen Boden. Er war abgewetzt, hatte Stahlkappen, eiserne Ösen und Ledersenkel, und er hatte ihn bei der Arbeit auf den Ölbohrtürmen getragen. Seine Augen schimmerten jetzt feucht.
    »Hat sie keine Nachricht oder so was Ähnliches hinterlassen?«, sagte er.
    »Sie hat Angst. Sei nachsichtig mit ihr, Lucas. Ellison hat ihren kleinen Bruder auf dem Gewissen.«
    »Dann hat er’s darauf angelegt. Aber warum lässt sie Doc dafür geradestehen?«
    Ich wusste, dass Worte seinen Unmut nicht dämpfen und das Gefühl, hintergangen worden zu sein, nicht lindern konnten. Irgendwann würde er Sue Lynn verzeihen, nicht auf einmal, nicht, weil er sich bewusst dafür entschied oder eine jähe Eingebung hatte. Aber eines Tages würde er zurückblicken und einsehen, dass er den gleichen Schwächen und Anfechtungen unterworfen war wie sie, und sich im Nachhinein mit ihr aussöhnen und sie als Teil seines Lebens betrachten.
    Doch bis dahin würde noch viel Zeit vergehen, und solche Ansichten kann man jemandem, der jünger ist, nur schwer vermitteln, vor allem, wenn es sich dabei um den eigenen Sohn handelt.
    »Wie wär’s, wenn ich dich, Doc und Maisey zum Indianer-Powwow in Arlee mitnehme?«, sagte ich.
    »Ich fahre rauf zum Swan Lake und suche Sue Lynn.«
    »Sie ist abgehauen, mein Guter.«
    Er trat gegen einen Giftpilz, dass der matschige Brei aufspritzte. »Ich fahre zu ihrem Onkel und hol den Hund. Ich wette, sie hat nicht mal den Hund mitgenommen«, sagte er.
    Ich ging allein zu Docs Haus zurück.
    Ich ging in die Scheune und nahm Docs Axt von den beiden Nägeln, an denen sie aufgehängt war, grub auf der Weide Baumstrünke aus, jätete Docs Gemüsegarten und goss sämtliche Blumen, striegelte die Pferde und fegte die Boxen aus, schaffte eine Ladung Abfall zur Müllkippe und vergrub ihn, stellte alles Mögliche an, um mich abzureagieren, aber mir fiel kein Ausweg aus den Schwierigkeiten ein, die mich von allen Seiten bedrängten.
    Über den Bergen im Westen ging aus heiterem Himmel ein Schauer nieder, als ich mein Hemd anzog, in die Scheune ging und Docs Axt wieder auf die Nägel hängte. Auf meiner Haut klebte der Schweiß, und durch die offenen Tore wehte ein kühler Wind, der den Staub auf dem Scheunenboden aufwirbelte und mir in die Augen blies.
    Am anderen Ende der Scheune stand L. Q. im einfallenden Licht, sodass ich nur die Umrisse seines Gesichts sah. Er hatte die Jacke aufgeknöpft und die Daumen über den Messingpatronen in den Waffengurt gehakt.
    »Was wollt ihr wegen dem Jungen anstellen, diesem Witherspoon?«, sagte er.
    »Ich würde ihn am liebsten abknallen und die Leiche ins Haus zerren. Aber ich hatte heute einen schlechten Tag und will mich nicht auch noch von dir triezen lassen, L.

Weitere Kostenlose Bücher